Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
genug
ahd. ginuog(i), mhd. genuoc, der Vokal in norddeutscher Aussprache verkürzt, engl. enough, got. ganohs zu einem Verb ganah ›es genügt‹, mit dem man lat. nancisci ›erlangen‹ zusammenstellt; Nebenform genung mundartlich (mitteldeutsch) seit dem 14. Jahrhundert, nicht selten auch bei neueren Schriftstellern, namentlich im Reim (Lessing, Goethe); ›ausreichend‹, mit negativ bewertetem Sachverhalt verbunden auch im Sinne von ›zuviel‹; althochdeutsch und mittelhochdeutsch noch als flektiertes Adjektiv: genuogiu lera (›hinreichende Unterweisung‹), ir genuoge schœne (›ihre große Schönheit‹), neuhochdeutsch nur noch als substantivisches Neutrum (Nom. oder Akk. ), ich habe (daran) genug, genug haben (ahd. ), übertragen umgangssprachlich ›betrunken sein‹ (Lichtenberg; L059 DWb), jmdm. genugtun (ahd. ), dazu Genugtuung (s. unten), daher in älterer Sprache und noch literarisch mit Genitiv, Brots genug (Luther), Unglücks genug (Goethe, Schiller); statt dessen in neuerer Sprache Nominativ oder Akkusativ; gewöhnlich dem zugehörigen Substantiv nachgestellt, eigentümlich das noch jetzt übliche er ist Mann(e)s genug (Luther; L320 Trübner) ›hat genug von den Eigenschaften eines Mannes‹, bin ich denn nicht Frauenzimmers genug (Lessing), statt dessen jetzt er ist Freund, Kenner usw. genug, wobei sich das Substantiv dem Charakter eines Adjektivs nähert und genug adverbial wird; in loserer Verbindung mit dem Substantiv in Fällen wie der Worte sind genug gewechselt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,214), Leute sind genug vorhanden, Fleisch habe ich genug; in es ist genug war esursprünglich Genitiv, noch im 18. Jahrhundert wenn Sie es genug haben (Goethe); in der Einhalt gebietenden Aufforderung genug! (mhd. ), vnd sprach zum Engel… Es ist gnug (A180 Martin Luther, 2.Samuel 24,16), der Herr… sprach zu mir / Las gnung sein (A180 Martin Luther, 5.Mose 3,26); auch im Sinn einer Zusammenfassung wie "kurz"; reflexiv ob er wol mit jhm selber zu thun gnug hat (L105 Georg Henisch), Wozu / Ein Gott?… die Welt ist sich genug! (A222 Friedrich Schiller, Karlos 3,10); negiert zur Bezeichnung von Überschwang: er wust ihm nicht gnug zu dancken (L169 Matthias Kramer); einem Adjektiv oder Adverb stets nachgestellt, daher nur neben flexionslosem Adjektiv, in festen Verbindungen mehr als genug (mhd. ), wenig genug (Luther; L059 DWb), Es ist noch frue gnug (L105 Georg Henisch), Gut genug… ist nicht viel mehr als ziemlich schlecht (Lessing; L004 Johann Christoph Adelung), Schlimm genug, daß es so weit gekommen ist (L033 Joachim Heinrich Campe); ein Pragismus ist die Voranstellung, z. B. bei A146 Franz Kafka: Bei Tage sah dieser Slowake genug unschuldig aus (Erzählungen 68).Genüge Fem. , seit dem 17. Jahrhundert auch Genügen Neutr. wohl unter Einfluß von substantivisch genügen, ahd. ginuogi, mhd. genüege; ›ausreichendes Maß‹: volle Genüge (Luther), die völlige Genüge(Lessing), adverbial
⊚ zur Genüge (L169 Matthias Kramer) ›hinreichend‹, häufig mit Bezug auf negativ bewerteten Sachverhalt; jmdm. Genüge tun/ leisten (wie genug tun): Er hat ihm eine gute Genüge getahn (L308 Kaspar Stieler);
genügen ahd. ginuogan ›ausreichen‹, ursprünglich unpersönlich zeige uns den Vater, so genüget uns (A180 Martin Luther, Johannes 14,8), ich habe gelernet mir genügen lassen (Luther). Dazu kann eine nähere Bestimmung treten, ursprünglich mit Genitiv, dann mit an oder mit: damit genügte mir (Schiller), da Ihnen an meiner Hochachtung nicht genügt (Kotzebue), der am Kleinern sich genügen läßt (Schiller), ihr genügte daran (Holtei); jetzt persönlich das genügt mir. Das Partizip genügend seit dem 18. Jahrhundert häufig adjektivisch oder adverbial, neben flektierten Adjektiven für genug; der Infinitiv substantivisch als der Boden nicht mehr Gnügen tat (›genügte‹) (Schiller), ich will Euch völliges Genügen leisten (Schiller), Als gäbe es… / Leidenschaft mit dem Lächeln des Genügens (B.A248 Botho Strauß, Erinnerung 44). Zusammensetzungen "begnügen", "vergnügen"; dazu
genügsam bis ins 16. Jahrhundert gleichbedeutend mit genugsam; seither ›bescheiden, anspruchslos‹;
genugsam mhd. genuocsam; ›genügend‹, veraltend, nur noch als Adverb: das ist genugsam bekannt, konnten… nicht genugsam rühmen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften 20,102,3).
Genugtuung um 1350 ⇓ "S124" Lehnübersetzung von lat. satisfactio; rechtlich und auf Verbalinjurien bezogen ›Wiedergutmachung‹, religiös im Sinne von ›Buße‹; auf die Gemütslage bezogen im Sinne von ›Befriedigung‹ innere genugthuung verschaffen(I.Kant; L059 DWb), ich höre das mit groszer genugthuung (L059 DWb).
⊚ zur Genüge (L169 Matthias Kramer) ›hinreichend‹, häufig mit Bezug auf negativ bewerteten Sachverhalt; jmdm. Genüge tun/ leisten (wie genug tun): Er hat ihm eine gute Genüge getahn (L308 Kaspar Stieler);
genügen ahd. ginuogan ›ausreichen‹, ursprünglich unpersönlich zeige uns den Vater, so genüget uns (A180 Martin Luther, Johannes 14,8), ich habe gelernet mir genügen lassen (Luther). Dazu kann eine nähere Bestimmung treten, ursprünglich mit Genitiv, dann mit an oder mit: damit genügte mir (Schiller), da Ihnen an meiner Hochachtung nicht genügt (Kotzebue), der am Kleinern sich genügen läßt (Schiller), ihr genügte daran (Holtei); jetzt persönlich das genügt mir. Das Partizip genügend seit dem 18. Jahrhundert häufig adjektivisch oder adverbial, neben flektierten Adjektiven für genug; der Infinitiv substantivisch als der Boden nicht mehr Gnügen tat (›genügte‹) (Schiller), ich will Euch völliges Genügen leisten (Schiller), Als gäbe es… / Leidenschaft mit dem Lächeln des Genügens (B.A248 Botho Strauß, Erinnerung 44). Zusammensetzungen "begnügen", "vergnügen"; dazu
genügsam bis ins 16. Jahrhundert gleichbedeutend mit genugsam; seither ›bescheiden, anspruchslos‹;
genugsam mhd. genuocsam; ›genügend‹, veraltend, nur noch als Adverb: das ist genugsam bekannt, konnten… nicht genugsam rühmen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften 20,102,3).
Genugtuung um 1350 ⇓ "S124" Lehnübersetzung von lat. satisfactio; rechtlich und auf Verbalinjurien bezogen ›Wiedergutmachung‹, religiös im Sinne von ›Buße‹; auf die Gemütslage bezogen im Sinne von ›Befriedigung‹ innere genugthuung verschaffen(I.Kant; L059 DWb), ich höre das mit groszer genugthuung (L059 DWb).