Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
genießen
ahd. giniozan, mhd. geniezen, gemeingermanisches starkes Verb, ⇓ "S076" ursprünglich meist mit Genitiv; der daneben schon frühzeitig auftretende Akkusativ hat ihn allmählich verdrängt (bei Goethe Genitiv und Akkusativ noch gleich häufig); ursprünglich1.1den Gebrauch von etwas haben, verfügen über‹, noch in Wendungen wie sie genossen der Ehre (Wieland), ein General des vollkommensten Vertrauens der Soldaten genießend(Goethe), seitdem du bei uns… eines frommen Gastes Recht genießest (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Iphigenie 182), indes der ältere des Throns genösse (Schiller), er genießt großes Ansehen, Vertrauen;
1.2 spezieller ›Nutzen, Vorteil von etwas haben‹: er wird arbeiten und das nicht genießen (Luther), sie wird es uns zu seiner Zeit genießen lassen, daß wir so viel um ihretwillen ausgestanden haben(Wieland), er genoß viele Wohlthaten (L305 Christoph Ernst Steinbach), den besten Unterricht genossen (L003 Johann Christoph Adelung 1775); daran anschließend bis ins 18. Jahrhundert genossen abgeschwächt ›keinen Schaden habendwie man ihm alles so für genossen hat ausgehen lassen (Lessing), wegen des negativen Sinns dafür auch ungenossen, besonders in
jmdm. (nicht) ungenossen ausgehen: daß ihm eine solche Frechheit ungenossen ausgegangen (Lessing); wart nur, das geht dir nicht so ungenossen aus (A075 Johann Wolfgang von Goethe Mitschuldige 717);
2 seit dem Althochdeutschen speziell ›Speise und Trank (lustvoll) zu sich nehmen‹: so versaltzen / daß man nicht eines Bissens darvon geniessen kan, nicht zu genießenverdorben‹ (L169 Matthias Kramer);
3 verallgemeinert ›sich an etwas freuenFreude genießen (L308 Kaspar Stieler), Die Freuden des Lebens genießen(L003 Johann Christoph Adelung 1775); bei Goethe sehr ausgedehnt auf das Genießen der Natur, Kunst, menschliche Beziehungen, Gefühle, des Lebens usw. (L092 GoeWb); ⇓ "S075" der Bedeutungsentwicklung entsprechend
Genuß, mhd. genuz; daneben noch bis Jean Paul und Immermann Genieß (mhd. geniez); ›Vorteil, NutzenGenuß eines Stipendiums, eines Vorrechts, heute fest in
in den Genuß von etwas kommen; auf Essen und Trinken bezogen auch ohne den Begriff des Lustvollen »wenn man sie zu sich nimmt« (L003 Johann Christoph Adelung 1775); verallgemeinert ›Befriedigung‹: So tauml' ich von Begierde zu Genuß (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,3249); dazu
genüßlichvereinzelt seit dem 17. Jahrhundert (Butschky; L059 DWb).
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