Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
gemach
ahd. gimah, zu "machen" in der alten Bedeutung ›zusammenfügen‹, zunächst ›passend, geeignet‹, ›bequem‹, als Adjektiv schon mittelhochdeutsch selten (doch noch L004 Johann Christoph Adelung das Pferd geht einen gemachen Schritt), jetzt nur noch Adverb (altertümelnd), vgl. wer auf zwei Stühlen sitzt, der sitzt nicht sehr gemach (Weiße); gewöhnlich auf behagliche Langsamkeit bezogen: die Ritter führten ihn ganz gemach den Bäumen zu (Wieland), häufig noch bei A.Stifter; auch mit dem Nebensinn ›behutsam‹: sie schlichen gemach dem Schimmer des Lämpchens nach (G.A.Bürger); früher gemach tun: mancher läßt es ihm sauer werden… dagegen tut mancher gemach (Luther); tut doch gemach (Musäus); tun Sie gemach (Iffland), du tust recht gemach und läßt dir Zeit (Auerbach); als Zuruf: Gemach, mein Derwisch, gemach! (A177 Gotthold Ephraim Lessing, Nathan 1,3); gelegentlich ›allmählich‹: dem bei eigener Habe gemach annahte das Alter (Voß); er tut es nach und nach, gemach und gemach (Lessing); noch mehr hat sich diese Bedeutung an allgemach geheftet.Gemach ahd. gimah, Substantivierung des Adjektivs, ⇓ "S026"
1 ursprünglich ›Bequemlichkeit, Wohlbefinden‹, vgl. noch Logau: die jugend… liebt nur ihr gemach, / denkt künftigem nicht nach (L059 DWb); im Mittelhochdeutschen geht die Entwicklung über ›Ort, wo man seine Bequemlichkeit findet‹ weiter zu ›Behausung, Wohnung‹ und
2.1einzelner Wohnraum, Zimmer‹, vgl. Hartmann von Aue, Der arme Heinrich 1181 sin heimlich gemach (Arbeitszimmer des Arztes); frühneuhochdeutsch auch speziell ›Stockwerk‹ (A180 Martin Luther, Hesekiel 42,6 dreier Gemach hoch); der Plural Gemächer bei L308 Kaspar Stieler 1691, der u. a. Schlafgemach, Gastgemach, Gesindegemach aufzählt;
2.2"S029" die weite Bedeutung wird im 18. Jahrhundert eingeengt auf ›fürstliches Zimmer‹, vgl. L003 Johann Christoph Adelung 1775 »in der höhern Schreibart der Hochdeutschen, besonders von den Zimmern eines Palastes«. Vgl. Wortfeld ↑ "Wohnung".
Ungemach schon althochdeutsch ›Verdruß, Leid‹, zu Gemach(1).
gemächlich ahd. gimahlih, an die Stelle von gemach Adjektiv ›bequem‹ (s. oben) getreten. Frühneuhochdeutsch auch ›allmählich‹, noch bei Lessing: ich bin leider hier so tief eingenistet, daß ich mich gemächlich losreißen muß; auch mit der Nebenform gemählich, die sich dann in "allmählich", allgemählich fortsetzt. In gleichem Sinn gemachsam frühneuhochdeutsch, noch von Musäus gebraucht, vgl. der Gang des edlen Rosses war so leicht und so gemächlich; häufig bei ihm als Adverb. Das aus gemächlich abgeleitete Substantiv
Gemächlichkeit(Fischart 1576) war früher weniger üblich als Ungemächlichkeit, das besonders als Plural zu Ungemach (s. oben) gebraucht wurde; jetzt aber nur noch GemächlichkeitLangsamkeit‹.
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