Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Gefühl
Neutr. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts (1674; L164 Friedrich Kluge) für unpräfigiertes mhd. vüele, nhd. Fühle Fem. ; Nebenform Singular Gefühle Neutr. Als Begriff der ⇓ "S168" Philosophie und ⇓ "S192" Schlagwort der Empfindsamkeit und des Sturm und Drang im 18. Jahrhundert voll entfaltet;1 zunächst wie "Gehör" (und "Gesicht") gebildet (zu "fühlen") als Bezeichnung des Tastsinns (vgl. L059 DWb), heute allgemeiner ›Sinneswahrnehmung‹ ein prickelndes Gefühl in der Haut, ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, ein trockenes Gefühl in der Kehle haben, Wo das Gefuhle aufhort, da ist der Tod nicht weit (L305 Christoph Ernst Steinbach), Zusammensetzungen z. B. Druckgefühl, Hungergefühl, Schwindelgefühl, Völlegefühl, Wohlgefühl;
2.1 übertragen ›Gespür, Einschätzungsvermögen‹ Gefühl für Raum und Zeit haben, etwas mit Gefühl tun, nach Gefühl (und Wellenschlag) tun, Anstandsgefühl, Ehrgefühl, Formgefühl, Machtgefühl, Rhythmusgefühl, "Feingefühl", "Fingerspitzengefühl", "Sprachgefühl" (H.M.Gauger u. a., Sprachgefühl? 1982).
2.2 ›Ahnung‹ ein ungutes, sicheres Gefühl haben, jmdn. beschleicht oder täuscht ein Gefühl, ein Gefühl nicht los werden; Zwei Personen verlieben sich also ineinander, wenn sie das Gefühl haben, das geeignetste auf dem Markt verfügbare Objekt gefunden zu haben, unter Berücksichtigung der Grenzen ihres eigenen Tauschwertes (1979 E.Fromm, Die Kunst des Liebens 18), Zusammensetzung Vorgefühl;
3 weiter übertragen ›seelische Empfindung‹ Gefühle verbergen, wecken, verletzen, ausdrücken, erwidern, seinen Gefühlen freien Lauf lassen;B.A248 Botho Strauß: überlastet ist unsere Liebe mit uns. / Mit zweien, die… aus enttäuschtem Bewußtsein Zuflucht suchen / bei großem Gefühl (Erinnerung 40), das Gefühl der Erleichterung, Genugtuung, ein neues, lebhaftes, tiefes Gefühl, zärtliches Gefühl ›Zuneigung‹ (J.Ch.Günther; L059 DWb), gemischtes Gefühl ›Verbindung widersprüchlicher Empfindungen‹ (Schiller; L059 DWb),
⊚ das höchste der Gefühle (1791 ›Zauberflöte‹; L027 Büchmann) »das Äußerste, was sich erreichen läßt« (L097 GWb), Zusammensetzungen Gefühlsausbruch,Gefühlsduselei, Gefühlskälte,Gefühlsmensch, Gefühlsregung,Gefühlsseligkeit, Gefühlswert usw., Frühlingsgefühl, Gemeinschaftsgefühl, Glücksgefühl, Hochgefühl, Minderwertigkeitsgefühl (↑ "minder") u. a.m.; die Philosophie sieht im Gefühl eine »Erkenntniskraft« (1777 Tetens; L138 HWbPh), daher Gefühl mitunter auch im Sinne von ›Bewußtsein‹, so z. B. bei A030 Georg Büchner: das Gefühl, daß Was geschaffen sei, Leben habe (Lenz 86); die ⇓ "S180" Psychologie des 20. Jahrhunderts sieht in Gefühlen »Erlebnisse« (F.Dorsch, Psychologisches Wörterbuch. 111987), wobei als häufigste Gefühlsbegriffe "Liebe", "Haß", "Trauer", "Freude", "Angst" genannt werden (Marx, Das Wortfeld der Gefühlsbegriffe, in: Zeitschrift für experimentelle und angewandte Psychologie 1982,140). Dazu
gefühllos 1733 J.Ch.Gottsched, Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, Erster, Theoretischer Theil §1067; ⇓ "S075" ferner
gefühlvoll 1769 Herder (L059 DWb). ⇓ "S075"
2.1 übertragen ›Gespür, Einschätzungsvermögen‹ Gefühl für Raum und Zeit haben, etwas mit Gefühl tun, nach Gefühl (und Wellenschlag) tun, Anstandsgefühl, Ehrgefühl, Formgefühl, Machtgefühl, Rhythmusgefühl, "Feingefühl", "Fingerspitzengefühl", "Sprachgefühl" (H.M.Gauger u. a., Sprachgefühl? 1982).
2.2 ›Ahnung‹ ein ungutes, sicheres Gefühl haben, jmdn. beschleicht oder täuscht ein Gefühl, ein Gefühl nicht los werden; Zwei Personen verlieben sich also ineinander, wenn sie das Gefühl haben, das geeignetste auf dem Markt verfügbare Objekt gefunden zu haben, unter Berücksichtigung der Grenzen ihres eigenen Tauschwertes (1979 E.Fromm, Die Kunst des Liebens 18), Zusammensetzung Vorgefühl;
3 weiter übertragen ›seelische Empfindung‹ Gefühle verbergen, wecken, verletzen, ausdrücken, erwidern, seinen Gefühlen freien Lauf lassen;B.A248 Botho Strauß: überlastet ist unsere Liebe mit uns. / Mit zweien, die… aus enttäuschtem Bewußtsein Zuflucht suchen / bei großem Gefühl (Erinnerung 40), das Gefühl der Erleichterung, Genugtuung, ein neues, lebhaftes, tiefes Gefühl, zärtliches Gefühl ›Zuneigung‹ (J.Ch.Günther; L059 DWb), gemischtes Gefühl ›Verbindung widersprüchlicher Empfindungen‹ (Schiller; L059 DWb),
⊚ das höchste der Gefühle (1791 ›Zauberflöte‹; L027 Büchmann) »das Äußerste, was sich erreichen läßt« (L097 GWb), Zusammensetzungen Gefühlsausbruch,Gefühlsduselei, Gefühlskälte,Gefühlsmensch, Gefühlsregung,Gefühlsseligkeit, Gefühlswert usw., Frühlingsgefühl, Gemeinschaftsgefühl, Glücksgefühl, Hochgefühl, Minderwertigkeitsgefühl (↑ "minder") u. a.m.; die Philosophie sieht im Gefühl eine »Erkenntniskraft« (1777 Tetens; L138 HWbPh), daher Gefühl mitunter auch im Sinne von ›Bewußtsein‹, so z. B. bei A030 Georg Büchner: das Gefühl, daß Was geschaffen sei, Leben habe (Lenz 86); die ⇓ "S180" Psychologie des 20. Jahrhunderts sieht in Gefühlen »Erlebnisse« (F.Dorsch, Psychologisches Wörterbuch. 111987), wobei als häufigste Gefühlsbegriffe "Liebe", "Haß", "Trauer", "Freude", "Angst" genannt werden (Marx, Das Wortfeld der Gefühlsbegriffe, in: Zeitschrift für experimentelle und angewandte Psychologie 1982,140). Dazu
gefühllos 1733 J.Ch.Gottsched, Erste Gründe der gesammten Weltweisheit, Erster, Theoretischer Theil §1067; ⇓ "S075" ferner
gefühlvoll 1769 Herder (L059 DWb). ⇓ "S075"