Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Fuß
ahd. / mhd. fuoz, indogermanisch (engl. foot, griech. pos, pus, podós, lat. pes, pedis), verwandt mit ↑ 2"Fessel";1unterster Teil des Beins‹: wol zu Fuß sein (L037 Petrus Dasypodius), zu fuß gohn (L105 Georg Henisch), den Fuß ans Land setzen (L308 Kaspar Stieler), sich auf die Fuße (›den Weg‹) machen(L308 Kaspar Stieler), trockenen Fußes durch einen Fluß gehen (L004 Johann Christoph Adelung); wohl erst neuer mit Dativ und bei von Hunden, die dicht beim Herrchen/ Frauchen bleiben bei Fuß (vgl. L337 WdG); dazu plattfüßig (Stieler), Plattfuß (L004 Johann Christoph Adelung); auf Freiersfüßen(Lessing; L059 DWb); in zahlreichen Redewendungen:
⊚⊚ aus der Unterwürfigkeitsgeste einem… zu fuß fallen [heute: zu Füßen] (L105 Georg Henisch; aus einem Verb ahd. fuazfallon, mhd. fuozfallen) die Zusammensetzungen Fußfall (L105 Georg Henisch; mhd. fuozval) und fußfälligein fußfällige bitt (L105 Georg Henisch); stehenden Fußessofort‹, ›auf der Stelle‹, im 14. Jahrhundert bezeugter Rechtsausdruck (L046 DRWb3,1109f.), wohl Lehnübersetzung von lat. stante pede; etwas mit Füßen treten übertragener Ausdruck der Verachtung seit Luther (vgl. L059 DWb), auf tönernen Füßen(›auf schwacher Grundlage‹) stehen nach Daniel 2,31; das hat Hand und Fußes ist etwas damit anzufangen‹ 1650 bei Philander (vgl. L059 DWb); Er hat einen fuß schon im Grabe (L105 Georg Henisch) ›ist dem Tod nahe‹; jmdm. etwas vor die Füße werfenprotestierend, zornig eine Sache aufgeben‹ (bei Lessing; vgl. L059 DWb), dagegen jmdm. etwas zu Füßen legen(bei Luther, Apostelgeschichte; vgl. L059 DWb) als Geste der Verehrung; keinen Fuß breit weichen (L004 Johann Christoph Adelung); auf dem Fuß folgen: Dank folgt nimmer auf dem Fuße solchem Geschenke (A131 Friedrich Hölderlin, Versöhnender der du nimmer geglaubt, 2,134); auf eigenen Füßen stehen, auch passivisch auf die eigenen Füße gestellt werdenselbständig sein‹ (bei Goethe; vgl. L059 DWb); (festen) Fuß fassensich eingewöhnen, vertraut machen‹ (18. Jahrhundert; L059 DWb); auf freiem Fuß (›nicht mehr in Gefangenschaft‹) sein und auf freien Fuß (›in Freiheit‹) setzen (L059 DWb); jmdm. auf den Fuß treten (15. Jahrhundert; vgl. L059 DWb) und sich auf den Fuß getreten(›beleidigt‹) fühlen (L320 Trübner); umgangssprachlich kalte Füße (›Bedenken‹) bekommen (L320 Trübner); landschaftlich für ↑ "Bein": einem auf die Füße/ Beine helfen; ⇓ "S027" abgeblaßt übertragen ›Art, wie etwas eingerichtet ist‹ (so schon bei L308 Kaspar Stieler), mit Dativ und auf: auf einem großen Fuße leben »vornehm, prächtig« (L004 Johann Christoph Adelung), Alles, was sie bedrückte, besprach… Hekabe… mit ihm. Mir war es nicht geheuer, [sie] auf vertrautem Fußzu sehen (Ch.A284 Christa Wolf, Kassandra 105); mit jmdm. auf gespanntem Fuß (›in gespanntem Verhältnis‹) leben; dazu die Zusammensetzungen auf Kriegsfuß stehen (L033 Joachim Heinrich Campe), auf Grüßfuß stehen(18. Jahrhundert; L059 DWb); weitere Zusammensetzungen "barfuß" (↑ "bar"), "Drudenfuß", "Gänsefüßchen", "Gegenfüßler", "Leichtfuß", Hasenfuß (↑ "Hase"), Kratzfuß (↑ "kratzen"), Krähenfüße; daneben
2 (ahd. ) ›unterster Teil‹, z. B. der seülen (L037 Petrus Dasypodius), deß bergs (L105 Georg Henisch), Füße an Stulen/ Banken / Tischen / Betten (L308 Kaspar Stieler), »bei den buchdruckern das untere ende der seite« (L059 DWb), dazu Fußnote (1861 Berlepsch; L265 Daniel Sanders Erg.; s. unten); "Dreifuß" (↑ "drei");
3 nach Aristophanes (Rhythmus beim [tänzerischen] Gehen) Versmaß »miteinander verbundene[r] Sylben, welche regelmäßig aufeinander folgen« (L004 Johann Christoph Adelung), in der Zusammensetzung z. B. fünffüßiger Vers (L033 Joachim Heinrich Campe);
4 als Maßbestimmung (hochdt. 12. Jahrhundert; L059 DWb) neben Zahlwörtern flexionslos. S.Sonderegger, Der Fuß im Lichte von Sprache und Literatur, in: Orthopädische Praxis 7,539ff.
Fußangel (mhd. ) übertragen von I.Kant gebraucht (vgl. L059 DWb);
Fußball 1604 ⇓ "S124" Lehnübersetzung von engl. football, übertragen damit… du nicht… zum Spott und Fußball werdest (1786 Wieland), im modernen deutschen Sport seit 1894 (L164 Friedrich Kluge); vgl. M.Valk, Die Entwicklung der deutschen Fußballsprache, in: L382 JEGP34(1935),567ff.; das Verb fußballen süddeutsch für ›Fußball spielen‹ (↑ "spielen");
Fußbank (1505; L320 Trübner) ⇓ "S159" norddeutsch für mittel- und ⇓ "S212" süddt. Fußschemel, ahd. fuozscamil;
Fußgänger ahd. fuozkengel, mhd. fuozgengel, -r, ursprünglich ›Fußsoldat‹, die heutige Form und Bedeutung seit Luther;
Fußnote wohl präzisierende Bildung zu "Note" ›Anmerkung zur Erläuterung, als Quellen- oder Literaturangabe‹ (so L004 Johann Christoph Adelung, L033 Joachim Heinrich Campe), im Sinne von ›unter den Text (am Fuß der Seite) gesetzte Anmerkung‹, beeinflußt wohl von engl. footnote, dt. L218 Muret/ Sanders (1910). P.Rieß, Vorstudien zu einer Theorie der Fußnote, 1983;
Fußpfad (1326; L059 DWb), dafür seit 1387 auch Fußweg (vgl. L059 DWb), besonders norddeutsch für ↑ "Bürgersteig";
Fußtritt (mhd. ) übertragen: habt erbarmen mit einem unglücklichen, der die fußtritte des schicksals… erfahren hat (Musäus; L059 DWb);
Fußvolk (mhd. ) ›zu Fuß kämpfende Soldaten‹, übertragen abwertend: Adelung, der… die Pegasusreiter… unter das prosaische fußvolk steckt (Jean Paul; L059 DWb);
füßeln (15. Jahrhundert) zuerst
1die Füße eilig bewegen‹, besonders ⇓ "S212" süddeutsch
2die Füße eines andern mit den eigenen zärtlich berühren‹;
fußen (1420; L059 DWb) seit Luther und heute vor allem übertragen ›sich stützen, sich verlassen‹, meist mit auf und Akkusativ: Man kann nicht gewiß darauf fußen (L308 Kaspar Stieler); reflexiv, das transitiven Gebrauch voraussetzt, ⇓ "S126" häufig bei I.Kant: alle Philosophie, sofern sie sich auf Gründe der Erfahrung fußt;
Füßling 15. Jahrhundert ›Teil des Strumpfes, der den Fuß bedeckt‹, dafür auch einfach Fuß.
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