Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Funktion
17. Jahrhundert < lat. functio, zunächst auf Personen bezogen1Dienstverrichtung, Amtsobliegenheit‹ (L081 FWb): Patronen… welche mich schon zu verschiedenen Functionen bestimmten (1673; L081 FWb), heute häufig in der Verbindung in leitender Funktion; übertragen im Sinne von ›Tätigkeit‹: Function… ist das Dasein in Thätigkeit gedacht (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Morphologie 2; II,7,200), spinnräder… reparieren, dasz sie… ihre function verrichteten (ders. ), von der ⇓ "S168" Philosophie auf den Verstand bezogen als »die Einheit der Handlung, verschiedene Vorstellungen unter einer gemeinschaftlichen zu ordnen« (I.A153 Immanuel Kant, 2Kritik der reinen Vernunft; AA 3,85); speziell anatomisch »von Organen als Theilen eines Organismus« (L266 Daniel Sanders FWb): die Funktion der Nieren, so auch im Sinne von ›Aufgabe‹ abstrakter: Bewußtsein seiner selbst war also schlechthin eine Funktion der zum Leben geordneten Materie (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 386f.); daneben seit dem späten 17. Jahrhundert in der ⇓ "S130" Mathematik
2abhängige Größe‹, im Sinne von ›Abbildung‹, ›Zuordnung‹ (vgl. H. Meschkowski, Mathematisches Begriffswörterbuch 31965), zunächst Leibniz 1694 im lateinisch abgefaßten Briefwechsel mit Bernoulli; daran anschließend seit dem frühen 20. Jahrhundert in der Logik eine Kategorie der »Erzeugung des Zusammenhangs der einzelnen Glieder und Schritte, in dem die Funktion sich erfüllt« (1902 H.Cohen; L138 HWbPh 2,1140); seit dem früheren 20. Jahrhundert ⇓ "S208" sprachwissenschaftlich
3Aufgabe und Leistung sprachlicher Zeichen‹: die semantischen Funktionen des (komplexen) Sprachzeichens… Symbol… Symptom… Signal (1934 L028 Karl Bühler, Sprachtheorie 28), dazu die unbestrittene Darstellungsfunktion der Sprache (ebenda 30), grammatikalisch gedeutet syntaktische Funktion, dazu funktionale Satzperspektive (1929 V.Mathesius, L400 ASNS 84,202ff.), und ⇓ "S208" Funktionsverben… weil… sie… die syntaktische Funktion des im Verbalsubstantiv aufgehobenen Grundverbums übernehmen (1963 P. v.Polenz, Funktionsverben, 11); als ⇓ "S208" stilistische Kategorie, daher Funktionsstil (H.Becker, Sprachpflege 1/ 1961,4): Der Stil der AlltagsredeEin funktionaler Stil der deutschen Gegenwartssprache (1964 E.Riesel, Stil der deutschen Alltagsrede, 34); pragmatisch kommunikative Funktion: je nach Kontextbedingungen kann die Äußerung eines bestimmten Satzes die verschiedensten kommunikativen Funktionen haben (1972 D.Wunderlich, Linguistische Pragmatik, 17).
Funktionär »jemand der… in Funktion ist« (L266 Daniel Sanders FWb) < franz. fonctionnaire (zuerst 1770 fonctionnaires publics; vgl. L138 HWbPh 2,1145); seit Ausbildung des Parteiwesens und der Arbeiterbewegung nach 1848 politischer Begriff, ⇓ "S139" »jetzt Modewort für den Wortführer einer (polit.) Gewerkschaft« (L344 Wessely-Schmidt 61925), soziologisch gedeutet »Beauftragter einer im Dienste ihrer Interessen organisierten Gruppe mit der Aufgabe der bestmöglichen Förderung dieser Interessen« (J.Messner, Der Funktionär, 1961,25): dass jeder Funktionär mit seiner vollen Persönlichkeit der Sache seines Staates sich ergeben hat, er steht und fällt mit ihr (A143 Uwe Johnson, Jakob 219).
funktionieren (L031 Joachim Heinrich Campe Erg.1801) »ein Amt verwalten.. .von der wirklichen Ausübung der Amtspflicht«, zunächst besonders von Kirchenämtern (später ersetzt durch fungieren; vgl. L081 FWb); seit der Mitte des 19. Jahrhunderts allgemeiner: Wo das Gehirn… mit einer zuckenden Thätigkeit funktioniert (1858; L081 FWb); heute auch auf Menschen bezogen ›sich widerspruchslos und erwartungsgemäß verhalten‹: Schüler… die heute glatt als Studienräte funktionieren (1975; L097 GWb).
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