Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Frucht
Plural Früchte, oberdeutsch auch Früchten; ahd. fruht < ⇓ "S120" lat. fructus, mhd. vruht; im L059 DWbein besonderer Einschnitt: »Mit diesem worte sollte Jacob Grimm seine feder von dem werke leider für immer niederlegen… Weigand«;1 Kollektivum und Einzelbezeichnung für das (eßbare) Produkt einer Pflanze, Gegensatz zu "Samen" und "Blüte", Frucht bringen, tragen (L105 Georg Henisch), Gartenfrucht (Stieler), Hülsenfrucht, bei L105 Georg Henisch Hilsenfrucht »gmu«, Südfrüchte (L059 DWb), speziell
1.1die einzelne Frucht der Obstbäume‹, im Gegensatz zum kollektiven ↑ "Obst": Vnd das Weib… nam von der Frucht / vnd ass (A180 Martin Luther, 1.Mose 3,6), verbotene Frucht; süddeutsch auch
1.2 kollektiv ›Getreide‹, daher Fruchthalle, Fruchtmarkt, Sommerfrucht, Winterfrucht; übertragen
2Leibesfrucht‹ (L105 Georg Henisch): Gesegnet wird sein die Frucht deines Leibs / … / vnd die frucht deins Viehs (A180 Martin Luther, 5.Mose 28,4), daher Frucht der Liebe und mittelhochdeutsch/ frühneuhochdeutsch ›Sprößling‹, ›menschliches Wesen von bestimmter Art‹, erhalten in verächtlich gebrauchtem Früchtchen (18. Jahrhundert), älter oberdeutscher Diminutiv Das ist mir wol ein Früchtlein (L308 Kaspar Stieler) »von einem leichtfertigen ungerathenen jungen Menschen« (L004 Johann Christoph Adelung);
3positives Ergebnis‹, »nutz« (L105 Georg Henisch), vorwiegend im Plural: Sie werden uns nicht um die Früchte unseres Kampfes betrügen (A296 Carl Zuckmayer, General 559); dazu fruchtlos, übertragen fruchtlose Bitte (L308 Kaspar Stieler), fruchtbringend, speziell Fruchtbringende Gesellschaft »ehmals [i. e. 1617] unter den Liebhabern der Aufnahm der Teutschen Sprache aufgerichtet… , und lang [bis 1680] durch viel gelehrte, ja auch durchläuchtige Mit-Glieder im Flor gestanden« (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch).
fruchtbar, mhd. vruhtbære, Fruchtbar schossz (L200 Josua Maaler); Die Völker wurden seiner Herr. Jedoch… / Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch (B.A024 Bertolt Brecht, Kriegsfibel 69), übertragen ein fruchtbarer Gedanke (L003 Johann Christoph Adelung), -Ig eine fruchtbare Ableitungssilbe(L033 Joachim Heinrich Campe s. v. -Ig),
auf fruchtbaren Boden fallenvon jmdm. genutzt werden‹;
fruchten mhd. vrühten, vruhten; in der ursprünglichen Bedeutung des Substantivs noch bis ins 18. Jahrhundert: alle Kinder der Natur wachsen, blühen und fruchten (Herder); seit dem 17. Jahrhundert an Frucht(3) anschließend ›positive Wirkung zeigen‹: Ehrengedachte [Fruchtbringende] Gesellschaft [hat] so viel gefruchtet / daß… unsere Sprache also lieblich und löblich… ausgearbeitet worden (1644 A299 Georg Philipp Harsdörffer, Gesprächsspiele 1, Vorrede), nur in Sätzen mit sächlichem Subjekt und vor allem negiert: Alle Vermanungen fruchten nicht bey ihm (L308 Kaspar Stieler); früher freier, auch mit persönlichem Subjekt: wie wenig… ein Dritter fruchtet (A075 Johann Wolfgang von Goethe Wahlverwandtschaften 20,25,11) und mit Dativ: Ich arbeite mich ab und fruchte mir nichts (A075 Johann Wolfgang von Goethe Götz 4,1);
befruchten (16. Jahrhundert): ein befruchtetes Ei, die Feigen künstlich befruchten (L033 Joachim Heinrich Campe), übertragen den geist mit neuen ideen befruchten(L059 DWb);
fruchtig mhd. vrühtec »frucht od. nutzen bringend, fruchtbar, ergiebig« (L190 Lexer), so seit dem 15. Jahrhundert ersetzt durch fruchtbar (vgl. L059 DWbs. v. früchtig), im 20. Jahrhundert wiederaufgenommen zunächst in Zusammensetzungen ›Frucht, Früchte habend‹ (L242 Richard Pekrun), dann ›wie frische Früchte schmeckend oder riechend‹, häufig auf Wein bezogen: der kühle, fruchtige Geschmack des Elsässers (Hesse; L337 WdG).
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