Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
folgen
ahd. folgen, gemeingermanisch (engl. follow); zunächst1 ›hinter jmdm. / etwas hergehen‹: Vnd er trat in das Schiff / vnd seine Jünger folgeten jm (A180 Martin Luther, Matthäus 8,23), dazu ↑ "verfolgen"; weiterhin
2.1 ›die gewiesene Richtung einschlagen‹: einer Straße, einem Wegweiser folgen;
2.2 ›nachmachen, was ein anderer vorgemacht hat‹: einem Beispiel folgen; speziell
2.3 ›tun, was jmd. vorschreibt, rät‹: Dem Arzt folgen (L308 Kaspar Stieler), Eines Freundes guten Rath folgen(ebenda),
⊚ der Stimme der Natur folgen (L004 Johann Christoph Adelung) ›der gefühlsmäßigen Eingebung entsprechend handeln‹, einer Einladung folgen, als regionale Wendung bei Kindern Folgt schön! ›seid brav‹ (vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 3–34, ↑ "artig"), dazu ↑ "befolgen", folgsam (s. unten); aus dem räumlichen Gebiet übertragen
3 auf Rangordnung und Zeit, beides konstruiert mit auf(neben bloßem Dativ),
⊚ auf dem Fuß folgen, mhd. ze fuozen folgen ›sofort‹; absolut z. B. um einen Bericht einzuleiten: Es schrieben auch die Römer den Jüden / wie folget (A180 Martin Luther, 2.Makkabäer 11,34);
⊚ auf Regen folgt Sonne (L004 Johann Christoph Adelung) tröstend; zur Bezeichnung eines Kontinuums Die Fortsetzung… folgt im nächsten Heft (L264 Daniel Sanders); das zeitliche Folgen kann ein Kausalverhältnis einschließen: daß Leben oder Tod daraus folge(Luther) (↑ "erfolgen"), gewöhnlicher für das logische Ergebnis: daraus folgt, daß deine Behauptung falsch ist; Eines folget aus dem andern (L004 Johann Christoph Adelung) (dazu folgern, folglich, s. unten); auf Geistiges übertragen im Sinne von ›übereinstimmen‹ einem darin folgen (L059 DWb). Die verschiedenen Verwendungen decken sich ziemlich mit denen des lateinischen sequi, das wohl auf die letztgenannte nicht ohne Einfluß gewesen ist; Perfekt mittelhochdeutsch und frühneuhochdeutsch mit haben: darum, daß er treulich dem Herrn gefolget hat (Luther); noch in neuerer Zeit welchem ein jeder würde gefolget haben (Wieland). Noch jetzt muß haben gewählt werden, wenn folgenabsolut (ohne Dativ) im Sinne von ›einem Befehl, Rat nachkommen‹ steht: warum hast du nicht gefolgt? In der neueren Sprache passivisch ein römischer hauptmann, / von der wache gefolgt (Klopstock; L059 DWb) wohl nach franz. suivi de; bis ins 18. Jahrhundert auch mit Akkusativ. Die Verwendung des postverbalen Substantivs
Folge (ahd. selbfolga) entspricht im allgemeinen der des Verbs; in der ursprünglichen Bedeutung mhd. noch volge ›Gefolge‹; in bezug auf Anordnung, eventuell auch Rangordnung Eine… Folge von sechs Kupferstichen (L004 Johann Christoph Adelung), die Zusammensetzung "Reihenfolge"; im Sinne von ›Befolgung‹ seit dem 18. Jahrhundert fast nur noch in Folge leisten (L308 Kaspar Stieler), früher tun (ebenda); zeitlich in der Folge, gleichbedeutend mit in der Folgezeit, auch Zeitfolge; für reales Ergebnis Der Geschmack ist eine nothwendige Folge der Erkenntniß und Einsicht (L004 Johann Christoph Adelung); präpositionalen Charakter hat infolge angenommen (mit Genitiv oder von), noch mehr zufolge – bei L004 Johann Christoph Adelung zu Folge – mit vorangestelltem Dativ: seinem Befehl zufolge, demzufolge oder nachfolgendem Genitiv, früher auch Dativ: zufolge den gewissen Gründen (I.Kant); dagegen im logischen Sinn diese ist seiner folge eine, dis ist wider die schrift (Luther; L059 DWb), jetzt Folgerung (s. unten) oder "Schluß", doch vgl. z. B. er zog die Folge daraus (Wieland), nachdenkende Leser werden diese Folge leicht selbst machen(Möser); als Verdeutschung von "Konsequenz" namentlich bei Goethe: das Geschäft [verlangt] die reinste Folge, dem Leben tut eine Inkonsequenz oft Not; mit den Verwendungen von Folge und folgen ist die von "nach" zu vergleichen; ↑ "Gefolge" ("Gefolgschaft");
folgendermaßen fehlt bei Adelung und Campe, mehrfach bei Goethe.
folgenschwer ⇓ "S124" Lehnübersetzung Schubarts um 1780 für franz. gros de conséquences.
folgerecht Ersatzbildung für "konsequent", 1788 bei Knigge, ⇓ "S071" L031 Joachim Heinrich Campe nimmt es 1801 als seine Prägung in Anspruch, der er gleichzeitig die ⇓ "S125" Ersatzbildung
folgewidrig für inkonsequent anschließt.
Folgerichtigkeit ⇓ "S071" L031 Joachim Heinrich Campe Erg. 1801 für "Konsequenz", daraus erst ⇓ "S071" L033 Joachim Heinrich Campe 1808
folgerichtig für "konsequent", älter synonym folgerecht;
folgern schließt sich um 1500 an Folge in der Verwendung für ein logisches Kausalverhältnis an; früher auch mit auf: auch auf die Dichtigkeit ihrer Masse hat man wahrscheinliche Schlüsse gefolgert (Herder), ohne daß auf irgend etwas weiter daraus zu folgern gewesen (Goethe). Entsprechend
Folgerung (1711; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), doch früher auch in dem Sinn ›reale Folge‹; daß diese Sache noch böse Folgerungen haben würde. Übersetzung des Gil Blas im Sinne von ›Schluß‹ Folgerungen aus etwas ziehen (L264 Daniel Sanders); ebenso wird
folglich, das nach ahd. folglihho ›subsequenter‹ erst 1691 wieder bei L308 Kaspar Stieler erscheint, jetzt auf kausale Folge bezogen; in bezug auf bloß zeitliche Folge veraltet: er geht aus dem Kreise und folglich die andern auch (H.F.Möller.)
folgsam (17. Jahrhundert) ›gehorsam‹, zu folgen(2.3).
2.1 ›die gewiesene Richtung einschlagen‹: einer Straße, einem Wegweiser folgen;
2.2 ›nachmachen, was ein anderer vorgemacht hat‹: einem Beispiel folgen; speziell
2.3 ›tun, was jmd. vorschreibt, rät‹: Dem Arzt folgen (L308 Kaspar Stieler), Eines Freundes guten Rath folgen(ebenda),
⊚ der Stimme der Natur folgen (L004 Johann Christoph Adelung) ›der gefühlsmäßigen Eingebung entsprechend handeln‹, einer Einladung folgen, als regionale Wendung bei Kindern Folgt schön! ›seid brav‹ (vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 3–34, ↑ "artig"), dazu ↑ "befolgen", folgsam (s. unten); aus dem räumlichen Gebiet übertragen
3 auf Rangordnung und Zeit, beides konstruiert mit auf(neben bloßem Dativ),
⊚ auf dem Fuß folgen, mhd. ze fuozen folgen ›sofort‹; absolut z. B. um einen Bericht einzuleiten: Es schrieben auch die Römer den Jüden / wie folget (A180 Martin Luther, 2.Makkabäer 11,34);
⊚ auf Regen folgt Sonne (L004 Johann Christoph Adelung) tröstend; zur Bezeichnung eines Kontinuums Die Fortsetzung… folgt im nächsten Heft (L264 Daniel Sanders); das zeitliche Folgen kann ein Kausalverhältnis einschließen: daß Leben oder Tod daraus folge(Luther) (↑ "erfolgen"), gewöhnlicher für das logische Ergebnis: daraus folgt, daß deine Behauptung falsch ist; Eines folget aus dem andern (L004 Johann Christoph Adelung) (dazu folgern, folglich, s. unten); auf Geistiges übertragen im Sinne von ›übereinstimmen‹ einem darin folgen (L059 DWb). Die verschiedenen Verwendungen decken sich ziemlich mit denen des lateinischen sequi, das wohl auf die letztgenannte nicht ohne Einfluß gewesen ist; Perfekt mittelhochdeutsch und frühneuhochdeutsch mit haben: darum, daß er treulich dem Herrn gefolget hat (Luther); noch in neuerer Zeit welchem ein jeder würde gefolget haben (Wieland). Noch jetzt muß haben gewählt werden, wenn folgenabsolut (ohne Dativ) im Sinne von ›einem Befehl, Rat nachkommen‹ steht: warum hast du nicht gefolgt? In der neueren Sprache passivisch ein römischer hauptmann, / von der wache gefolgt (Klopstock; L059 DWb) wohl nach franz. suivi de; bis ins 18. Jahrhundert auch mit Akkusativ. Die Verwendung des postverbalen Substantivs
Folge (ahd. selbfolga) entspricht im allgemeinen der des Verbs; in der ursprünglichen Bedeutung mhd. noch volge ›Gefolge‹; in bezug auf Anordnung, eventuell auch Rangordnung Eine… Folge von sechs Kupferstichen (L004 Johann Christoph Adelung), die Zusammensetzung "Reihenfolge"; im Sinne von ›Befolgung‹ seit dem 18. Jahrhundert fast nur noch in Folge leisten (L308 Kaspar Stieler), früher tun (ebenda); zeitlich in der Folge, gleichbedeutend mit in der Folgezeit, auch Zeitfolge; für reales Ergebnis Der Geschmack ist eine nothwendige Folge der Erkenntniß und Einsicht (L004 Johann Christoph Adelung); präpositionalen Charakter hat infolge angenommen (mit Genitiv oder von), noch mehr zufolge – bei L004 Johann Christoph Adelung zu Folge – mit vorangestelltem Dativ: seinem Befehl zufolge, demzufolge oder nachfolgendem Genitiv, früher auch Dativ: zufolge den gewissen Gründen (I.Kant); dagegen im logischen Sinn diese ist seiner folge eine, dis ist wider die schrift (Luther; L059 DWb), jetzt Folgerung (s. unten) oder "Schluß", doch vgl. z. B. er zog die Folge daraus (Wieland), nachdenkende Leser werden diese Folge leicht selbst machen(Möser); als Verdeutschung von "Konsequenz" namentlich bei Goethe: das Geschäft [verlangt] die reinste Folge, dem Leben tut eine Inkonsequenz oft Not; mit den Verwendungen von Folge und folgen ist die von "nach" zu vergleichen; ↑ "Gefolge" ("Gefolgschaft");
folgendermaßen fehlt bei Adelung und Campe, mehrfach bei Goethe.
folgenschwer ⇓ "S124" Lehnübersetzung Schubarts um 1780 für franz. gros de conséquences.
folgerecht Ersatzbildung für "konsequent", 1788 bei Knigge, ⇓ "S071" L031 Joachim Heinrich Campe nimmt es 1801 als seine Prägung in Anspruch, der er gleichzeitig die ⇓ "S125" Ersatzbildung
folgewidrig für inkonsequent anschließt.
Folgerichtigkeit ⇓ "S071" L031 Joachim Heinrich Campe Erg. 1801 für "Konsequenz", daraus erst ⇓ "S071" L033 Joachim Heinrich Campe 1808
folgerichtig für "konsequent", älter synonym folgerecht;
folgern schließt sich um 1500 an Folge in der Verwendung für ein logisches Kausalverhältnis an; früher auch mit auf: auch auf die Dichtigkeit ihrer Masse hat man wahrscheinliche Schlüsse gefolgert (Herder), ohne daß auf irgend etwas weiter daraus zu folgern gewesen (Goethe). Entsprechend
Folgerung (1711; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), doch früher auch in dem Sinn ›reale Folge‹; daß diese Sache noch böse Folgerungen haben würde. Übersetzung des Gil Blas im Sinne von ›Schluß‹ Folgerungen aus etwas ziehen (L264 Daniel Sanders); ebenso wird
folglich, das nach ahd. folglihho ›subsequenter‹ erst 1691 wieder bei L308 Kaspar Stieler erscheint, jetzt auf kausale Folge bezogen; in bezug auf bloß zeitliche Folge veraltet: er geht aus dem Kreise und folglich die andern auch (H.F.Möller.)
folgsam (17. Jahrhundert) ›gehorsam‹, zu folgen(2.3).