Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
fertig
ahd. fartig, fertig, zu ↑ "Fahrt", ursprünglich also ›zur Fahrt imstande, zurecht gemacht‹, ⇓ "S025" dann überhaupt1bereit‹, an Beinen gestiefelt, als fertig zu treiben das Evangelium des Friedens (noch mit Erinnerung an die ursprüngliche Bedeutung) (Luther), bis ins 19. Jahrhundert in festen Konstruktionen: sie sind ebenso fertig, ihre Übereilung zu bekennen (Lessing), ganz unbändig ist dies Yorkische Geschlecht und fertig ists zu jeder ungeheuren Tat (Schiller), ich bin fertig zu jedweder Antwort(Fouqué), so heute nur noch auf das Gehen bezogen: Sind sie fertig? »fragt man jemanden, der sich bereit macht, eine Reise anzutreten, spaziren zu gehen u. s. f.« (L004 Johann Christoph Adelung), bzw. reflexiv: mach dich fertig, einen Apfel von des Knaben Kopf zu schießen (A222 Friedrich Schiller, Tell 3,3), Dann machte Marie ›sich fertig‹, wie sie es nannte, schminkte sich, malte sich die Lippen (A018 Heinrich Böll, Ansichten 194); hierher bußfertig, dienstfertig, reisefertig, schlagfertig, "friedfertig"; aus der ursprünglichen Bedeutung entwickelt sich seit dem 16. Jahrhundert ›leicht beweglich, schnell in der Ausführung einer Sache‹, er sollte mit einem fertigen Blick die Blendungen durchschauen können (Möser), strenger und fertiger Justiz (Schiller), die Mutter war fertiger als der Sohn, die Beleidigerin fertiger als die Beleidigte (Lessing), eine allzeit fertige Feder, so heute nur noch in eilfertig, schnellfertig, "leichtfertig",(ursprünglich ohne tadelnden Nebensinn); insbesondere in bezug auf die durch Übung erworbene Gewandtheit, namentlich adverbial: sie sind fertig auf ihren Rossen und ebenso fertig zu schwingen die Lanze(Herder), fertig schreiben und lesen, ein fertiger Klavierspieler; dazu Fertigkeit (1541; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), Kunstfertigkeit, "Handfertigkeit". Gewöhnlich aber tritt die Vorstellung in den Vordergrund, daß eine Bereitmachung vollendet ist, und so entwickelt sich
2 von Personen ›zu Ende gekommen mit einem Geschäft‹, von Sachen ›zu Ende gebracht‹, zunächst noch mit der Vorstellung, daß dadurch Bereitschaft für einen Zweck erreicht ist: vnd machten das haus Gottes gantz fertig vnd wol zugericht (A180 Martin Luther, 2.Chronik 24,13), das Essen, das Gemälde ist fertig, ohne diese Vorstellung sie ist fertig mit ihrem Frühstück, mit dem Vortrag, mit ihrem Geld (hat nichts mehr); übertragene Wendungen: absolut verwendet kann er ist fertig bedeuten ›(er ist) tot‹ (neun von den übrigen sind fertigSchiller), ›betrunken‹, ›bankerott‹, ›völlig erschöpft‹, dazu umgangssprachlich jmdn. fertigmachenjmdm. sehr zusetzen‹; diese Mehrdeutigkeit bei A045 Friedrich Dürrenmatt: Blocher: Wir wären fertig, Herr Inspektor. Inspektor dumpf: Und mich macht man fertig (Physiker 293); mit jmdm. fertig sein/ werden: er wird mit ihm fertigkommt mit ihm aus, kriegt ihn unter‹; ich bin mit ihr fertigmag nichts (mehr) mit ihr zu schaffen haben‹: Aber zuerst war ich einfach fertig mit ihm. Er hatte mich in eine unmögliche Situation gebracht an der Berufsschule und im Werk (A208 Ulrich Plenzdorf, Leiden 9).
fertigen mhd. vertigen, vertegen; ursprünglich und noch bis L004 Johann Christoph Adelungzur Fahrt zurecht machen‹, dann auch ›befördern‹: also fertigte Isaak den Jakob [in neueren Ausgaben zugesetzt ab], daß er in Mesopotamien zog(Luther), und fertigten sich durch den Jordan vor dem Könige her (Luther); dazu ⇑ "abfertigen", "ausfertigen"; daneben und heute nur noch ›bereit machen, zu Ende bringen‹: zu fertigen seine Geschäfte(Voß), speziell ›herstellen‹: der ein Bild fertigte (Luther), die sorgfältig gefertigten Risse (↑ "Riß"[2]) (Goethe), von denen sie noch nichts… gefertigt(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften 20,182,25; dafür "anfertigen", "ausfertigen", verfertigen.
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