Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Farbe
ahd. farawa, mhd. varwe, wird als Substantivierung der femininen Form des Adjektivs ahd. faro, flektiert farawerfarbig‹ erklärt oder als Fortsetzung eines germanischen Substantivs (got. farw-) mit der Bedeutung ›Gestalt, Aussehen‹, so daß die Bedeutung ›Farbe‹ sich erst aus alten Adjektiven wie ahd. blafaro, brunfaro, mhd. rosenvar entwickelt hätte; nach anderer Meinung liegt Übernahme aus ⇓ "S013" arab. farw ›(bunter) Pelz‹ vor (L141 IF86, 255ff.).1"S158" Eigenschaftsbezeichnung: Sjhe den Regenbogen an… er hat seer schöne Farben (A180 Martin Luther, Sirach 43,12), vom Maler Hermann Hesse gepriesen O daß es Farben gibt: / Blau, Gelb, Weiß, Rot und Grün!(Nachts im April notiert), ein Rock von blauer Farbe, von Pflanzen die wunderbaren Farben welker Blätter (A130 Hugo von Hofmannsthal, Zu lebenden Bildern), zum Ausdruck von Leben In der welt der farben beschloß ich / Vom staub des alltags mich zu befreien (S.A067 Stefan George, In der Galerie); in Goethes ›Farbenlehre‹ vielfältige Unterscheidungen, z. B. in physiologische, chemische und physikalische Farben, von der psychologischen Wirkung her in warme, kalte, freundliche, ernste usw. Farben (L092 GoeWb); umgangssprachlich die Farben beißen sichharmonieren nicht‹, weiter Komplementärfarben (L264 Daniel Sanders 1871: Complement-Farben) ›die sich ergänzen, d. h. sich auf dem Farbkreis gegenüberliegen‹; in Farbenicht schwarzweiß‹ auf Fotografien, Filme usw. bezogen; bereits althochdeutsch kurz für ›Gesichtsfarbe‹; besonders im Plural symbolisch, z. B. in Staatsfarben (L004 Johann Christoph Adelung), seit Mitte des 19. Jahrhunderts zur Kennzeichnung einer Partei (vgl. L264 Daniel Sanders), schon vorher einer studentischen Vereinigung: Zu den äußern Zeichen einer Verbindung gehören auch die willkürlich gewählten Farben (1825; L115 Helmut Henne/ L115 Georg Objartel 3,155); übertragen z. B. ›Klangfarbe‹: Immer in einer Farbe singen (L004 Johann Christoph Adelung), allgemein ›Ausdruckskraft‹, ›Lebendigkeit‹: einer sache farbe geben (L059 DWb); auf Sprachliches übertragen: etwas in düstern Farben schildern(L264 Daniel Sanders); wie Gepräge zur Bezeichnung der charakteristischen Merkmale: das Familienwesen jedes Handwerks, das Gestalt und Farbe von der Beschäftigung erhielt (Goethe);
Farbe bekennen ursprünglich im Kartenspiel ›durch den Gegner genötigt mit einer Spielkarte eines bestimmten Wertes herauskommen‹, übertragen ›seine Gesinnung, seinen Standpunkt zu erkennen geben‹ (L004 Johann Christoph Adelung).
2Färbemittel, Farbstoff‹: Mit mancherley Farben malen (L308 Kaspar Stieler).
farbenblind,
Farbenblindheit (L059 DWb) ›Unfähigkeit, bestimmte Farben zu erkennen‹,
farbenfroh (L218 Muret/ Sanders) ›mit lebhaften Farben‹.
farblos in der negativen Wertung beeinflußt durch den Akademikerjargon im 19. Jahrhundert: daß ihnen [Bevölkerung Straßburgs] diese strammen flotten Couleurleute sicherlich lieber waren, als das Gros der farblosen »Bürgerstudenten« (1884/ 85 L371 Academische Monatshefte 1,228).
-farben in Zusammensetzungen ›eine bestimmte Farbe habend‹ an Stelle des älteren -farb (z. B. rosenfarb noch Goethe, Immermann), mhd. -var.
färben ahd. farawen, mhd. verwen; Tücher färben (L308 Kaspar Stieler), reflexiv (mhd. ) Nun seh ich die blätter sich färben (S.A067 Stefan George, Ich kam als der winter), übertragen ↑ "schönfärben"; gefärbt im Sinne von ›verändert, nicht natürlich oder wahrgefärbte Freundschafft »nit rein / nit rechtschaffen« (L105 Georg Henisch), eine parteiisch gefärbte Darstellung.
farbig (frühnhd.)
1 zur Bezeichnung einer ein- oder mehrfarbigen Beschaffenheit;
2 »in engerer Bedeutung zum Unterschiede dessen, was schwarz oder weiß ist« (L004 Johann Christoph Adelung);
3 übertragen von der Hautfarbe ›nicht weiß‹, ⇓ "S024" Lehnbedeutung nach engl. coloured (L264 Daniel Sanders), substantivisch
Farbiger (19. Jahrhundert).
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