Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Fahne
Fahne, ahd. fano, mhd. vane Mask. (als Maskulinum noch bei Pestalozzi und mundartlich), altgermanisch (engl. fane), urverwandt lat. pannus ›Tuch, Lappen‹, griech. penos ›Gewebe‹;1 ursprünglich ›ein Stück Tuch‹ (so noch heute in ↑ "Rotzfahne", SchneuzfahneTaschentuch‹; ⇑ "schneuzen", "Taschentuch"),
2 dann insbesondere das zum Zeichen für eine Kriegsschar an eine Stange geheftete Tuch (in diesem Sinne wohl gekürzt aus ahd. gundfanoKriegstuch, Kriegsbanner‹), endlich wird auch die Stange mit einbegriffen, so jetzt allgemein. Die Fahne spielt im älteren ⇓ "S136" Kriegswesen eine große Rolle, insofern sie Heer und Heeresabteilungen symbolisch zusammenhält und identifiziert. Der Krieger verpflichtete sich, zur Fahne zu halten, daher noch Fahneneid, Fahnenflucht, fahnenflüchtig; daher auch Fahne übertragen zum Ausdruck bedingungsloser Hingabe:
⊚⊚ die Fahne hochhalten, bei A203 Martin Opitz variiert die deutsche Poesie, zue welcher ich… die fahne auffgesteckt (Poeterey 14); zu jmds. Fahne schwören: wäre ich gar nicht abgeneigt auch zu deiner fahne zu schwören (Goethe; L059 DWb); daran anknüpfend auch Fahnenwort: hat die deutsche Sprache ein neues Gesicht bekommen durch die Aufnahme der politischen Schlag- und Fahnenwörter (W.Stammler, L217 MuSpra 1,287); dagegen
mit fliegenden Fahnen übergehenzur Gegenseite überwechseln‹, auch übertragen (17. Jahrhundert). Fahneund namentlich Fähnlein (16. Jahrhundert) auch ›Kriegerschar, die für sich eine eigene Fahne hat‹, vgl. G.A155 Gottfried Keller Das Fähnlein der sieben Aufrechten. Außer für das Kriegswesen wurden Fahnen zunächst allgemein zu Prozessionen verwendet. Wohl besonders von hier aus bürgerten sie sich ein für das öffentliche Auftreten der verschiedenen Genossenschaften, die ursprünglich das Bild ihres Schutzheiligen auf der Fahne führten; dann auch Wahrzeichen einer Nation, einer ideologischen Gruppierung, so vom ⇓ "S145" Nationalsozialismus mythologisiert (Blutfahne; vgl. L320 Trübner); nach der Ähnlichkeit der Gestalt übertragen "Wetterfahne".
3"S054" Druckersprachlich seit dem 17. Jahrhundert für den noch nicht umbrochenen Bürstenabzug (vgl. L160 Heinrich Klenz), dazu Fahnenkorrektur.
4 Seit dem 18. Jahrhundert umgangssprachlich ›billiges Frauenkleid‹, häufiger noch Fähnchen (wohl nach dem »Flattern«): In einem leichten, gestreiften, seidenen Fähnchen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise 9.3.87).
5 umgangssprachlich vom alkoholisierten Atem (der voraus »flattert«) er hatte eine mächtige Fahne.
FähnrichFahnenträger‹, als ⇓ "S136" militärischer Rang ›Fahnenjunker, rangniedrigster Offizier‹, um 1500 nach Namen wie Dietrich, Heinrich weitergebildet aus mhd. venre, vener, ahd. faneri; in veraltet Fähndrich (so Goethe noch überwiegend) das dals ⇓ "S078" Übergangslaut zwischen nund r wie in Hendrih < Henrik und in mindre, ↑ "minder".
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