Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Fach
ahd. fah, mhd. vach, westgermanisch, verwandt mit lat. pagus, pangere ›befestigen‹, russ. pazu ›Fuge‹, ursprüngliche Bedeutung ›Fügung‹, identisch mit altengl. fæc ›Abteilung, Zeitraum‹ (mittelniederdt. vakenoft‹); zunächst1 und noch jetzt landschaftlich ›durch Flechtwerk gebildete Abteilung in einem Gewässer, die als Wehr oder zum Fischfang dient‹ (daher in Ortsnamen Vorgänger von 2"Wehr": Vacha, Fachingen usw.); daneben
2durch Balken eingeschlossene Abteilung einer Mauer‹ (daher Fachwerk im Gegensatz zu massivem Bau), allgemein üblich besonders in der Verbindung Dach und Fach; seit dem Frühneuhochdeutschen am gewöhnlichsten
3Abteilung eines Schrankes, Büchergestelles u.dgl.‹; seit Mitte des 18. Jahrhunderts übertragen
4besonderes Gebiet in Handwerk, Kunst, Wissenschaft‹ usw.: Das schlägt nicht in mein Fach(L004 Johann Christoph Adelung); Ein Mann, der sich in seinem Fache [sicher] fühlt (Lessing; L004 Johann Christoph Adelung); speziell beim Theater ›an bestimmte Voraussetzungen gebundenes Gebiet‹: Rollen-Fach eines Schauspielers (1841; L264 Daniel Sanders); ⇓ "S048" dazu Facharzt (um 1880 für Spezialarzt), Fachmann (L059 DWb1862), Fachwissenschaft; mit zunehmender Spezialisierung seit dem 19. Jahrhundert Fachgelehrsamkeit, Fachkenntnis, Fachlehrer (alle L059 DWb); im 20. Jahrhundert vermehrt als Bestimmungswort: Fachausdruck (Der Laie wird sich nur schwer in der Fülle der Fachausdrücke der Laternenanzünder zurechtfinden (A266 Kurt Tucholsky, Gesammelte Werke 2,100), Fachliteratur, Fachstudium, Fachsystem, Fachunterricht, Fachzeitschrift (alle L218 Muret/ Sanders), Fachbuch (L201 Lutz Mackensen), Facharbeit, Fachbibliothek, Fachfrage, Fachgebiet, Fachgeschäft, Fachgespräch, Fachkraft, Fachpresse, Fachrichtung, Fachtagung, Fachwelt, fachbezogen, fachfremd, fachgerecht, fachkundig (alle L337 WdG). ⇓ "S192" Schlagwort
Fachidiotüber die Grenzen seines Fachgebietes nicht hinausblickender Experte‹ (1966/ 67; L035 Broder Carstensen 1980,11), vgl. in anderem Sinn die Bildung Fachidiotismus bei ⇓ "S129" K.Marx (A186 Karl Marx/ A186 Friedrich Engels 2,779).
fachsimpeln umgangssprachlich zu Fach(4) und "Simpel" ›Trottel‹ (↑ "simpel"), zunächst in der Form Fach simpeln »über sein Berufsfach sich unterhalten« (L084 Arnold Genthe 1892 s. v. simpeln).
Fachsprache (L268 Daniel Sanders, Sprachschatz 1873; 1876 F.Kürnberger, Die Blumen des Zeitungsstils: in ihrer Fachtätigkeit sprechen sie ihre besondere Kunst- oder Fachsprache), ⇓ "S208" ein Wort des späteren 19. Jahrhunderts (L111 Johann Christian August Heyse 1879), gemeint ist eine besondere Existenzform der Gesamtsprache, »die der Erkenntnis und begrifflichen Bestimmung fachspezifischer Gegenstände sowie der Verständigung über sie dient« (D.Möhn/ R.Pelka, Fachsprachen 1984,26); J.Grimm hat noch keinen zusammenfassenden Terminus, vgl. L059 DWb1,XXXff.
Fachwort (L268 Daniel Sanders, Sprachschatz 1873), ersetzt im 19. Jahrhundert "Kunstwort" als Verdeutschung für "Terminus".
-fach in "einfach", zweifach, "vielfach" usw., zuerst mittelhochdeutsch, allmählich häufiger neben dem synonymen älteren -valt (jünger "-fältig"); die Zusammensetzungen sind denen mit "-falt" (↑ "falten") nachgebildet, wobei zu berücksichtigen ist, daß vach im Mittelhochdeutschen auch ›Falte eines Gewandes‹ und wie valte auch ›Lage‹ (von zusammengelegter Kleidung u.dgl.) bedeutet.
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