Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Eule
ahd. uwila, mhd. iuwel, gemeingermanisch (engl. owl, altnord. ugla), ⇓ "S050" Diminutiv zu lautmalend ↑ "Uhu".1 Bezeichnung für einen nachts aktiven Greifvogel; daher
⊚⊚ die Eule unter den Krähen seinvon den Mitmenschen nicht ganz berechtigt verspottet werden‹ (um 1500 Geiler von Keisersberg; L258 Lutz Röhrich) »wie die Eule, wenn sie sich bei Tage sehen läßt« (L258 Lutz Röhrich); ein Gesicht machen wie eine Eule am Mittag(sehr) verschlafen aussehen‹;
Eulen nach Athen tragenetwas allen Bekanntes sagen‹ (L092 GoeWb) ist dem Altgriechischen nachgebildet, die Eule war Emblem der Athene, auch Bild auf den athenischen Drachmenmünzen. Bei Schiller angelehnt an (2): sie hatte nicht geschlafen und sah aus wie eine Eule (L296 Keith Spalding).
2 Abwertende Bezeichnung für eine Frau oder ein Mädchen ein wahres Mittelding von Kupplerin und Eule(Wieland; L296 Keith Spalding), als jugendsprachliche Partnerbezeichnung siehe L106 Helmut Henne, Jugend 142 (u.ö.); wohl wie bei "Besen" Übertragung der Bedeutung ›Besen mit weichen Borsten‹, ›Haarbesen‹ (Klopstock; L059 DWb), Handeule, Kehreule.
3 »Nach altem und weit verbreitetem Glauben ist die Eule ein dämonisches Tier« (L140 HWDA), daher übertragen geh in tausend grüfte, du eule, wer hiesz dich hierher kommen? (Schiller; L059 DWb), auch seemannssprachlich
eine Eule fangenbeim Segeln plötzlich den Wind von vorne bekommen‹ (1794; L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache, vgl. aber L059 DWb). Dazu Eulenpfingsten Titel einer Erzählung von A210 Wilhelm Raabe: EulenpfingstenSt. Nimmerleinstagverschiebt das Behagen am Erdenleben… auf die Pfingsten, wenn die Gans auf dem Eise geht (11,427); die Zusammensetzung ist in Redensarten im Niederdeutschen (besonders fälisch) verbreitet, vgl. Tin (›gegen‹) Oulenpingsten, wann de Böcke up dem Eise danset (L333 Karl Friedrich Wilhelm Wander 1,906). H.Blume, Jahrbuch der Raabe-Gesellschaft 1994,94ff.
4 Als Bezeichnung eines Nachtschmetterlings bereits mittelniederdeutsch (L275 Karl Schiller/ L275 August Lübben, Nachträge s. v. ule), neuhochdeutsch 1721 (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt).
EulenspiegeleiSchelmenstreich‹ (Goethe; L059 DWb), zu dem Appellativum EulenspiegelSchalksnarr‹ ⇓ "S055" aus dem Eigennamen (Dil) Vlenspiegel (1510/ 11; G.Cordes / D.Möhn (Hg.), Handbuch zur niederdeutschen Sprach- und Literaturwissenschaft, 1983,522) (als Zusammensetzung aus niederdt. ulen ›kehren‹, hochdt. eulen [zu Eule(2)], und "Spiegel" jägersprachlich ›Hinterteil, Gesäß‹); die tolle Eulenspiegelei, welcher der Professor Beringer aus Würzburg zum Opfer fiel (Ceram; L097 GWb).
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