Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
etwas
ahd. edde(s)waz, mhd. et(e)waz, eteswaz, welches das Neutrum zu einem Maskulinum etewer ist. Der unter "etlich" besprochenen Bedeutung von ete-gemäß bezeichnet et(e)waz eine konkrete Sache wie et(e)wer eine konkrete Person (vgl. "wer"), die man nicht genau bezeichnen kann oder will. Ihnen gegenüber stehen ieman (nhd. "jemand") und iht (↑ "nicht") als Bezeichnungen für irgendeine beliebige denkbare Person bzw. Sache (vgl. den Unterschied von lat. aliquisquisquam, ullus). Im Neuhochdeutschen hat sich dieser wesentliche Unterschied verwischt, so daß für beides die gleiche Bezeichnung verwendet wird. Dabei hat etwas die Funktion von iht mit übernommen und dieses verdrängt, während umgekehrt jemand auch an die Stelle von et(e)wer getreten ist (daneben einfaches werund irgend wer). Schon im 16. Jahrhundert erscheint etwernur noch vereinzelt in der Literatur, während es sich in den oberdeutschen Mundarten erhalten hat, assimiliert zu epper (wie etwas zu eppes). Mittelhochdeutsches et(e)waz wird (wie iht, niht) oft mit dem partitiven Genitiv eines substantivierten Adjektivs verbunden; dieser Genitiv fiel spätmittelhochdeutsch mit dem Nominativ und Akkusativ zusammen, heute ist daher das Bewußtsein davon geschwunden, daß z. B. in etwas Gutes eigentlich ein Genitiv enthalten ist, man faßt Gutesals Nominativ oder Akkusativ und infolge davon etwas als attributives Adjektiv. Zu so etwas ↑ "so". Wie das einfache "was" bezeichnet etwas auch ein Quantum, vgl. das ist etwas, aber nicht alles; dann auch synonym mit (ein) "bißchen" (↑ "Biß"; vgl. L066 Jürgen Eichhoff, Karte 3–54). Wie andere Quantitätsbezeichnungen ("viel", "wenig") wird es dann (schon frühneuhochdeutsch) adverbial (eigentlich als Akkusativ des Inhalts) gebraucht (er stutzte etwas, war etwas angegriffen); wurde ferner mit dem Genitiv einer Stoff- oder Zustandsbezeichnung, selten (wie häufig mhd. iht) mit dem Genitiv Plural von Bezeichnungen für Einzelwesen verbunden, so noch zuweilen frühneuhochdeutsch, vgl. etwas geistlicher Gabe (Luther), ungewöhnlich noch bei A075 Johann Wolfgang von Goethe etwas dieser Dinge (Dichtung und Wahrheit 28,92,28). Dafür jetzt, wenn das partitive Verhältnis ausdrücklich hervorgehoben werden soll, von, gewöhnlich aber ist die absolute Form des Wortes (ohne Kasussuffix) eingetreten und infolge davon etwas wieder als Attribut aufgefaßt: etwas Geld, Mut usw. Genitiv und Dativ sind frühzeitig unüblich gewesen, das Bedürfnis hat dazu geführt, die Form des Nominativ-Akkusativ auch nach Präpositionen zu gebrauchen, die eigentlich den Dativ regieren: mit, zu, in etwas, dies letzte häufig im Sinne von ›ein wenig‹, vgl. den ersten Unwillen hatte die Zeit schon in etwas gebrochen (Schiller), seine in etwas verfallenen Güter(Thümmel), jetzt unüblich geworden. Nach der oben besprochenen Umbildung der Auffassung von etwas Gutes ließ sich nun auch zu, mit etwas Gutem usw. bilden. Man sagt ferner auch mit etwas Salz, Geduld usw. Umgangssprachlich gekürzt zu "was". DazuEtwas Neutr. (1698; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), bezeichnet zunächst ein nicht näher Bestimmtes oder Bestimmbares, die Schönheit eines Menschen besteht… in jenem zauberhaften Etwas, das sich sogar… Häßlichkeiten dienstbar macht (A199 Robert Musil, Mann 194), häufig formelhaft das gewisse Etwas: Sie hat in ihrem ganzen Wesen ein gewisses Etwas, welches unwiderstehlich an sich zieht (L033 Joachim Heinrich Campe); dann auch ›kleines (Lebe-)Wesenein hilfloses Etwas (L337 WdG), ein piependes Etwas (L322 UWb) und abwertend ›unscheinbare, unbedeutende Person‹, auch als ⇓ "S191" Schimpfwort: Sie lächerliches Etwas! (L337 WdG).
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