Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
erkennen
ahd. irkennen.1 ›wahrnehmen‹, ›deutlich sehen‹ Erkenne vnd sihe / das nichts böses in meiner hand ist (A180 Martin Luther, 1.Samuel 24,12); ›etwas von früher Bekanntes als solches erneut wahrnehmen‹ ich erkannte sie sofort, erkannte ihre Stimme, den Ort, die Ärztin erkennt eine Krankheit usw. Daran kann der Gegenstand, der das Erkennen vermittelt, durch an angeknüpft werden: ich erkannte sie an der Stimme; geflügelt Daran erkenn' ich meine Pappenheimer (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Tod 3,15); dazu wiedererkennen.Tieck gebraucht sich erkennen im Sinne von ›den Ort erkennen, an dem man sich befindet‹.
2 ›von etwas, was einem bisher unbekannt oder nicht genügend bekannt, Kunde oder genauere Kunde erlangen‹: die Wahrheit eines Vorgangs erkennen; Erkenne dich selbst! (nach der Inschrift des Apollotempels in Delphi), du bist erkannt (›man hat gemerkt, was deine Gesinnung und Absicht ist‹); »geistiges erkennen und einsehen, höher als das blosz sinnliche vernehmen« (L059 DWb) Denn darumb habe ich euch auch geschrieben / Das ich erkennete/ ob jr rechtschaffen seid (A180 Martin Luther, 2.Korinther 2,9), kann ich mir wol ein übersinnliches wesen denken, ohne es gleichwol dadurch theoretisch erkennen zu wollenI.Kant (L059 DWb), Ehe ich urteile, daß zwei meiner Vorstellungen gleich sind, muß ich sie doch als gleich erkennen (A282 Ludwig Wittgenstein, PU §378).
3 Aus (1) entsprungen ist die Bedeutung ›als berechtigt ansehen und dies zu verstehen geben‹: keinen König zu erkennen, der kein besseres Recht als die Obermacht seiner Waffen hätte (Wieland), wenn dein Vater dich nicht erkennen will (F.L.Schröder), des Landvogts oberherrliche Gewalt verachtet er und will sie nicht erkennen (Schiller), jetzt nur in "anerkennen" üblich. Hierzu erkennen ›dankbar anerkennen‹: all uns're Dienste blieben noch zu arm, die große Ehre zu erkennen, womit Ihr unser Haus begnadigt (Schiller); dazu erkenntlich ›dankbar‹ (17. Jahrhundert) in sich erkenntlich zeigen.
4 Eine Spezialisierung von (2) ist ein Weib erkennen verhüllend für ›beschlafen‹ wie in lat. cognoscere feminam, häufig bei A180 Martin Luther (nach dem Hebräischen): Vnd Adam erkandte sein Weib Heua / Vnd sie wart schwanger (1.Mose 4,1), danach auch in literarischen Sprachgebrauch; heute selten (vgl. L097 GWb).
5 Aus (2) entsprungen ist die Bedeutung ›ein Urteil fällen‹ (schon mittelhochdeutsch; L046 DRWb3,211): über diese Fälle hat das Gericht nicht zu erkennen; auf Freispruch erkennen; der Schiedsrichter erkannte auf Strafstoß; Laodicea sei ihm zum Gemahl erkannt(Lessing).
erkenntlich mhd. erkentlich ›erkennbar‹; ferner siehe erkennen(3).
Erkenntlichkeit L308 Kaspar Stieler 1691.
Erkenntnis mhd. erkantnisse ›richterliches Urteil‹ (vgl. "Kenntnis", "kenntlich", ↑ "kennen"), zu erkennen(2) als Femininum, zu erkennen(5) als Neutrum gebraucht im Sinne von ›Urteil‹. Dieser Unterschied hat sich aber erst seit dem 17. Jahrhundert herausgebildet, vorher und z. T. noch später wurden beide Geschlechter unterschiedslos gebraucht, vgl. den Bawm des Erkentnis gutes vnd böses (A180 Martin Luther, 1.Mose 2,9), ein seichtes Erkenntnis der Religion(Gellert), die Sphäre des Erkenntnisses und der Übung(Herder), nach fröhlichem Erkenntnis erfolge rasche Tat(Goethe), ein von der Erfahrung unabhängiges Erkenntnis(I.Kant), Frucht des Erkenntnisses (Novalis). In der Bedeutung ›Einsicht‹ heute in zahlreichen formelhaften Wendungen: eine Erkenntnis von großer Tragweite; sich zu einer Erkenntnis durchringen; eine bittere Erkenntnis; gesicherte, interessante, neue, wichtige, wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen, vermitteln usw.
Erkenntnistheorie (1819 Tennemann; Köhnke, in: L001 ABG25,185ff.), heute ⇓ "S168" »Teilgebiet der Philosophie, das sich mit… den Bedingungen eines begründeten Wissens befaßt« (L097 GWb). Zu erkennen(1) pflegt man
Erkennung (mhd. ) zu gebrauchen, medizinisch Früherkennung (L322 UWb); weiter
Erkennungsdienst ›Dienststelle zur Identifizierung von Personen‹ (L056 Duden 91915); Erkennungsmarke, besonders im Krieg getragen (1914; L060 2DWb).
2 ›von etwas, was einem bisher unbekannt oder nicht genügend bekannt, Kunde oder genauere Kunde erlangen‹: die Wahrheit eines Vorgangs erkennen; Erkenne dich selbst! (nach der Inschrift des Apollotempels in Delphi), du bist erkannt (›man hat gemerkt, was deine Gesinnung und Absicht ist‹); »geistiges erkennen und einsehen, höher als das blosz sinnliche vernehmen« (L059 DWb) Denn darumb habe ich euch auch geschrieben / Das ich erkennete/ ob jr rechtschaffen seid (A180 Martin Luther, 2.Korinther 2,9), kann ich mir wol ein übersinnliches wesen denken, ohne es gleichwol dadurch theoretisch erkennen zu wollenI.Kant (L059 DWb), Ehe ich urteile, daß zwei meiner Vorstellungen gleich sind, muß ich sie doch als gleich erkennen (A282 Ludwig Wittgenstein, PU §378).
3 Aus (1) entsprungen ist die Bedeutung ›als berechtigt ansehen und dies zu verstehen geben‹: keinen König zu erkennen, der kein besseres Recht als die Obermacht seiner Waffen hätte (Wieland), wenn dein Vater dich nicht erkennen will (F.L.Schröder), des Landvogts oberherrliche Gewalt verachtet er und will sie nicht erkennen (Schiller), jetzt nur in "anerkennen" üblich. Hierzu erkennen ›dankbar anerkennen‹: all uns're Dienste blieben noch zu arm, die große Ehre zu erkennen, womit Ihr unser Haus begnadigt (Schiller); dazu erkenntlich ›dankbar‹ (17. Jahrhundert) in sich erkenntlich zeigen.
4 Eine Spezialisierung von (2) ist ein Weib erkennen verhüllend für ›beschlafen‹ wie in lat. cognoscere feminam, häufig bei A180 Martin Luther (nach dem Hebräischen): Vnd Adam erkandte sein Weib Heua / Vnd sie wart schwanger (1.Mose 4,1), danach auch in literarischen Sprachgebrauch; heute selten (vgl. L097 GWb).
5 Aus (2) entsprungen ist die Bedeutung ›ein Urteil fällen‹ (schon mittelhochdeutsch; L046 DRWb3,211): über diese Fälle hat das Gericht nicht zu erkennen; auf Freispruch erkennen; der Schiedsrichter erkannte auf Strafstoß; Laodicea sei ihm zum Gemahl erkannt(Lessing).
erkenntlich mhd. erkentlich ›erkennbar‹; ferner siehe erkennen(3).
Erkenntlichkeit L308 Kaspar Stieler 1691.
Erkenntnis mhd. erkantnisse ›richterliches Urteil‹ (vgl. "Kenntnis", "kenntlich", ↑ "kennen"), zu erkennen(2) als Femininum, zu erkennen(5) als Neutrum gebraucht im Sinne von ›Urteil‹. Dieser Unterschied hat sich aber erst seit dem 17. Jahrhundert herausgebildet, vorher und z. T. noch später wurden beide Geschlechter unterschiedslos gebraucht, vgl. den Bawm des Erkentnis gutes vnd böses (A180 Martin Luther, 1.Mose 2,9), ein seichtes Erkenntnis der Religion(Gellert), die Sphäre des Erkenntnisses und der Übung(Herder), nach fröhlichem Erkenntnis erfolge rasche Tat(Goethe), ein von der Erfahrung unabhängiges Erkenntnis(I.Kant), Frucht des Erkenntnisses (Novalis). In der Bedeutung ›Einsicht‹ heute in zahlreichen formelhaften Wendungen: eine Erkenntnis von großer Tragweite; sich zu einer Erkenntnis durchringen; eine bittere Erkenntnis; gesicherte, interessante, neue, wichtige, wissenschaftliche Erkenntnisse gewinnen, vermitteln usw.
Erkenntnistheorie (1819 Tennemann; Köhnke, in: L001 ABG25,185ff.), heute ⇓ "S168" »Teilgebiet der Philosophie, das sich mit… den Bedingungen eines begründeten Wissens befaßt« (L097 GWb). Zu erkennen(1) pflegt man
Erkennung (mhd. ) zu gebrauchen, medizinisch Früherkennung (L322 UWb); weiter
Erkennungsdienst ›Dienststelle zur Identifizierung von Personen‹ (L056 Duden 91915); Erkennungsmarke, besonders im Krieg getragen (1914; L060 2DWb).