Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
ergießen
ahd. irgiozan, mhd. ergiezen; transitiv fast nur literarisch: ergeuß, mein Auge, Freudentränen (Klopstock), sehr häufig ist seit der (pietistischen) Empfindsamkeit und dem Sturm und Drang der übertragene Gebrauch: des geopferten wunden ergieszen das ewige leben(Klopstock; L059 DWb), sein ergieszend herz (Lessing; ebenda), helle sanfte heiterkeit ergosz sich über die ganze insel (Klinger; ebenda). Reflexiv seit dem Frühneuhochdeutschen auch ›die Ufer überströmen‹: das Wasser flossen / Vnd beche sich ergossen (A180 Martin Luther, Psalm 78,20); partizipial einen ergossen Bach (A180 Martin Luther, Jesaja 66,12).Ergießung (14. Jahrhundert) im 18. Jahrhundert übertragen ›Gefühlsausbruch‹ wie in Herzensergießung.
Erguß schon anfangs übertragen: erguß seiner empfindungen und gedanken(1785 Moritz; L060 2DWb), heute meist spöttisch: Das erbärmliche Schaustück deines Testaments… Der Erguß ist teils weibisch, teils frech (A138 Hans Henny Jahnn, Chatterton 86); ⇓ "S132" medizinisch seit Anfang des 19. Jahrhunderts, wie in Bluterguß; in der Bedeutung ›Ejakulation‹ (kurz für Samenerguß) im L060 2DWberst aus Grass (1963 Hundejahre) belegt.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: ergießen