Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
erbarmen
ahd. irbarmen, mhd. erbarmenMitleid haben‹. Zur Ableitung ↑ "barmherzig". Die älteste Konstruktion er/ es erbarmt mich ist in der neueren Sprache selten: was auch den Stein des Felsens muß erbarmen (Schiller), und so öfters bei ihm; darum erbarmet mich dein Auge (Jean Paul), die ihn erbarmten, mit denen er Mitleid fühlte (Holtei); mich erbarmte doch ihre junge Seele(Hauff); mit Dativ statt des Akkusativs: dann erbarmte ihr der Knabe(Stifter); nur daß es Gott erbarme ist noch ziemlich üblich. Zuweilen erscheint statt des Nominativs der Genitiv, wobei wohl Vermischung mit sich erbarmen vorliegt: und doch erbarmt mich deiner(Schiller), darob erbarmt's den Hirten des alten, hohen Herrn(Uhland). Die jetzt nur noch ⇓ "S036" biblisch übliche Konstruktion sich über jmdn. erbarmen ist schon mittelhochdeutsch, während die jetzt gewöhnliche mit dem Genitiv frühneuhochdeutsch erscheint: der Gerechte erbarmt sich seines Viehs (Luther). Als Substantiv dazu fungiert der substantivierte InfinitivErbarmen (mhd. ). Das früher übliche Erbarmung (Klopstock, Lessing, Goethe) ist in erbarmungslos, erbarmungswürdig erhalten. Altertümelnd gebraucht Schiller Erbarmnis.
erbärmlich (ahd. )
1 früher ›Erbarmen erregend, bejammernswert‹: Es war beides erbermlich / das das Volck vnter einander so gar erschrocken / vnd der Hohepriester so engstig war(A180 Martin Luther, 2.Makkabäer 3,21), so auch noch A075 Johann Wolfgang von Goethe, der aber daneben ⇓ "S031" die heutige Bedeutung
2schlecht, verachtenswert‹ hat: Auswendig lernt sie [Mignon] sehr geschwind, spielt aber erbärmlich (51,212,16), ↑ "Elend".
3 Als Adverb mitunter bloß verstärkend: Die Zeit wird ihr [Gretchen] erbärmlich lang (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,3315), wie er sich so erbärmlich abquäle (Jean Paul).
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