Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
entwickeln
(1592; L060 2DWb)1 zunächst ›(Zusammengewickeltes) auseinander-, herauswickeln‹: indem ich mein Schnupftuch entwickelte (Thümmel), ich entwickelte das Papier(Grillparzer); auch ›etwas aus einer Einwickelung befreien‹: Franz zog sein Schnupftuch hervor und entwickelte daraus ein Kästchen(Storm), da er wie von einem Netze sich / Vergebens zu entwickeln strebte (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Iphigenie 898), aus dem Gewirr der Regenschirme und Pelze und Schleier entwickelten sich zwei Jägerinnen (Gutzkow). Die ursprüngliche Bedeutung erscheint noch lebendig in einer Stelle wie einen alten verworrenen Zustand zu entwickeln und die… Fäden auf einen Knaul zu winden (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wanderjahre 24,334,24); mehr verdunkelt ist sie, wenn Goethe sagt, daß ich gern Charaden und Rätsel entwickele (›löse‹).
2 Allmählich seit dem 18. und gewöhnlich seit dem 19. Jahrhundert ⇓ "S027" übertragen, ähnlich wie "entfalten", herausbilden: Gedanken, Talente, Fähigkeiten u.dgl. entwickeln. In der ⇓ "S130" Mathematik eine Gleichung entwickeln, in der Photographie eine Platte, einen Film entwickeln (engl. develop; dazu Entwickler um 1860 ›Flüssigkeit zum Entwickeln‹), technisch ein neues Auto, Verfahren entwickeln.Am gebräuchlichsten ist entwickeln auf allmähliche Aus- und Umbildung bezogen, besonders sich entwickeln: Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt / Geprägte Form die lebend sich entwickelt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Urworte. 3,95); Das Kind entwickelt sich gut. Die Bedeutungsentfaltung steht unter dem Einfluß von lat. explicare und franz. évoluer, im Sinn der Evolutionstheorie zuerst bei ⇓ "S071" L031 Joachim Heinrich Campe Erg.1801, der für Evolutionstheorie Entwicklungslehre vorschlägt und auch entwickeln in diesem Sinn gebraucht: folglich eins aus dem anderen nur entwickelt wurde (ebenda).
Entwicklung, älter Entwickelung (1645 Zesen; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), folgt dem Verb, »seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts auf abstrakte Sachverhalte übertragen« (L086 GG2,199ff. neben ↑ "Evolution").
Entwicklungshilfe politisch ›den Entwicklungsländern seitens der Industriestaaten gewährte Unterstützung‹ (um 1950).
Entwicklungsland Land der sogenannten »dritten Welt«, dessen Wirtschaft und Infrastruktur noch nicht weit entwickelt ist, ⇓ "S124" nach engl. developing country (statt früherem underdeveloped country): Ob man sich mit Problemen der jahrhundertelangen Entwicklung europäischer Länder oder mit denen der sogenannten »Entwicklungsländer« in anderen Erdteilen befaßt (N.A048 Norbert Elias, Prozeß, Einleitung VII). Im
Entwicklungsroman (im Titel 1929; L060 2DWb) steht die Reifung eines Individuums, seine Lebensbewältigung im Zentrum.
2 Allmählich seit dem 18. und gewöhnlich seit dem 19. Jahrhundert ⇓ "S027" übertragen, ähnlich wie "entfalten", herausbilden: Gedanken, Talente, Fähigkeiten u.dgl. entwickeln. In der ⇓ "S130" Mathematik eine Gleichung entwickeln, in der Photographie eine Platte, einen Film entwickeln (engl. develop; dazu Entwickler um 1860 ›Flüssigkeit zum Entwickeln‹), technisch ein neues Auto, Verfahren entwickeln.Am gebräuchlichsten ist entwickeln auf allmähliche Aus- und Umbildung bezogen, besonders sich entwickeln: Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt / Geprägte Form die lebend sich entwickelt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Urworte. 3,95); Das Kind entwickelt sich gut. Die Bedeutungsentfaltung steht unter dem Einfluß von lat. explicare und franz. évoluer, im Sinn der Evolutionstheorie zuerst bei ⇓ "S071" L031 Joachim Heinrich Campe Erg.1801, der für Evolutionstheorie Entwicklungslehre vorschlägt und auch entwickeln in diesem Sinn gebraucht: folglich eins aus dem anderen nur entwickelt wurde (ebenda).
Entwicklung, älter Entwickelung (1645 Zesen; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), folgt dem Verb, »seit dem Beginn des 18. Jahrhunderts auf abstrakte Sachverhalte übertragen« (L086 GG2,199ff. neben ↑ "Evolution").
Entwicklungshilfe politisch ›den Entwicklungsländern seitens der Industriestaaten gewährte Unterstützung‹ (um 1950).
Entwicklungsland Land der sogenannten »dritten Welt«, dessen Wirtschaft und Infrastruktur noch nicht weit entwickelt ist, ⇓ "S124" nach engl. developing country (statt früherem underdeveloped country): Ob man sich mit Problemen der jahrhundertelangen Entwicklung europäischer Länder oder mit denen der sogenannten »Entwicklungsländer« in anderen Erdteilen befaßt (N.A048 Norbert Elias, Prozeß, Einleitung VII). Im
Entwicklungsroman (im Titel 1929; L060 2DWb) steht die Reifung eines Individuums, seine Lebensbewältigung im Zentrum.