Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
empfangen
ahd. intfahan, mhd. entvahen > enphahen. Die heutige Form mit dem Nasal nggeht aus vom Präteritum ahd. intfienc, mhd. enpfienc (L320 Trübner) und wird dann ins Präsens eingeführt. Noch frühneuhochdeutsch bei A180 Martin Luther: Denn wer da bittet / der empfehet(Matthäus 7,8). Der ursprünglichen Bedeutung von "fangen" entsprechend bezeichnete es zunächst ein tätiges Verhalten. So noch1 mit persönlichem Objekt: Da kamen zu jnen die Nabatheer vnd empfiengen sie freundlich (A180 Martin Luther, 1.Makkabäer 5,25), so auch jmdn. mit Schimpfworten, Schlägen empfangen usw. Der Gebrauch
2 mit Sachobjekt jetzt meist für ein passives Verhalten, doch vgl. auch Um halb sieben Uhr morgens ziehen wir in Viererreihen am Geräteschuppen vorbei und empfangen die Spaten(A170 Wolfgang Langhoff, Moorsoldaten 196); für aktives Verhalten heute eher in Empfang nehmen. Häufig sind Übertragungen und Abstraktionen: Vnd im Trawm empfieng er befelh von Gott (A180 Martin Luther, Matthäus 2,22). Schon althochdeutsch (L320 Trübner) ist die spezielle Bedeutung
3schwanger werdenDa ward sein Name genennet Jhesus / … / ehe denn er im Mutterleibe empfangen ward (A180 Martin Luther, Lukas 2,21); dazu
Empfängnis ahd. intfangnissa, mhd. en(t)phencnisse,
1 bis ins 19. Jahrhundert auch ›Annahme‹ (z. B. einer Sendung);
2Schwangerwerden‹ (mhd. ), theologisch unbefleckte Empfängnis Mariae (für 1509 L060 2DWb; 1854 als Dogma der katholischen Kirche verkündet) meint, Maria sei frei von der Erbsünde;
Empfängnisverhütung im Titel: M.Marcuse, Die sexuologische Bedeutung der Zeugungs- und Empfängnisverhütung in der Ehe, 1919; gebucht L025 Brockhaus 151930, zuvor empfängnisverhütende Mittel (1913; Sitzungs-Bericht der niederrheinisch-westfälischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe);
empfänglich ahd. antfanglih, mhd. enphenclich, zunächst Rechtswort empfänglich… seiner lehen (L109 Moriz Heyne), auch des segens… empfänglich(Luther; ebenda), dann v. a. auf Seelisches bezogen: empfänglich für Wohltaten, Schmeicheleien usw.;
Empfänger
1Person, die (z. B. einen Brief) empfängt‹,
2"S220" technisch ›Empfangsgerät‹ (1908; L060 2DWb), v. a. in Rundfunkempfänger (veraltet), Fernsehempfänger.
Empfang (ahd. antfang, mhd. enpfanc) entspricht den Bedeutungen (1) bis (3) des Verbs, speziell ›festliche Veranstaltung mit offiziellem Charakter‹ (nach Empfang der Gäste entwickelt), dazu die Wendungen etwas in Empfang nehmensich aushändigen lassen‹, jmdn. in Empfang nehmenjmdn. bei Ankunft begrüßen‹.
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