Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
drohen
ahd. drawan, drouwan, drewen, mhd. drouwen, dröuwen, dron, engl. threat, threaten, auch neuhochdeutsch noch in der Nebenform "dräuen" (frühnhd. trauwen, träwen, tröuwen u.ä.), das erst seit dem 16. Jahrhundert, wohl unter dem Einfluß des erst frühneuhochdeutsch außer Gebrauch kommenden Substantivs mhd. dro, drouweDrohung, Drohen‹ (noch bei Rückert), von drohen zurückgedrängt wird und heute zumeist nur noch in scherzhaft-altertümelnder Verwendung erscheint;1jmdm. durch Zeichen zu verstehen geben, daß in der Zukunft ein vom Sprecher verursachtes, aber für den Hörer nachteiliges Ereignis stattfinden wird (falls nicht bestimmte Bedingungen erfüllt werden)‹, »Drouwen od' vorcht mache« (L327 Voc.Teut.-Lat. 1482); in absoluter Verwendung ohne Objekt: wan wer do drot, der warnet sein veint (Deutscher Facetus; L060 2DWb); mit dem Dativ jmdm. drohen: es ist… ein gut tröwen das geschicht ausz guter meinung und rechter masz, als die muter dem kind tröwet, der schulmeister dem schuler, der oberer dem underthonen (Geiler von Keisersberg; L059 DWb); ein wort das warnet mich, das ander dreuet mir (Hofmannswaldau; L059 DWb); mit oder ohne Dativobjekt und Präpositionalobjekt nach mit, das entweder das Mittel oder die angedrohte Konsequenz angibt (frühneuhochdeutsch auch noch drohen an oder auf etwas); da wart der bapst erzürnt uber ihn, trewet im mit dem finger (Keisersberg; L059 DWb); Er aber… droht zurück mit der geballten Faust, wie es der Fußgänger dem dreisten Autofahrer gegenüber zu tun pflegt(B.A254 Botho Strauß, Paare 76); denn bleibt ihr dahinten / Ist mit Galgen und Rad euch gedroht (A074 Johann Wolfgang von Goethe 40,21 LH); mit (Dativ und) Akkusativ (im Sinne von ›androhen‹): denn der herr Zebaoth… hat dir ein unglück gedrewet (Luther; L059 DWb); Die Städterin droht / Euch Dirnen den Krieg (A074 Johann Wolfgang von Goethe 1,33 LH); mit Infinitiv- oder daß-Satz: er drewet mein land zu verbrennen(Luther; L059 DWb), sihe, dein bruder Esau drewet dir das er dich erwürgen wil (Luther; L059 DWb); gelegentlich passivisch: meinem haupte war / der streich gedrohet, und das eure fällt! (Schiller; L059 DWb);
2 in übertragener Bedeutung mit unbelebtem Subjekt ›Anzeichen dafür sein, daß ein nachteiliges Ereignis bevorsteht‹: das solche grewliche urteyle uber yhrem kopffe schweben und alle stunde drewen (Luther; L060 2DWb); drauszen tobt der winter schon: / sturm und schneegestöber drohn (Miller; L059 DWb); nicht mehr üblich mit Akkusativ: Vater, bring Er die Tochter wegSie[Luise Millerin] droht eine Ohnmacht (›ist im Begriff, in Ohnmacht zu fallen‹) (A222 Friedrich Schiller, Kabale und Liebe 2,6);
3in Gefahr sein, von einem nachteiligen Ereignis betroffen zu werden‹: Von falschen Freunden droht dir nahes Unheil (A222 Friedrich Schiller, Wallensteins Tod 5,5); sie drohte zu fallen (A074 Johann Wolfgang von Goethe 40,320 LH). Dazu
Drohung ahd. drawunga, drounga, mhd. dröuwunge, drowung, B.Strauß, Theorie der Drohung, 1975.
Drohbrief (1406 dreuwebrieffe; L060 2DWb): des kaisers drohbrief, er werde ihm sein reich nehmen (Dahlmann; L059 DWb).
Drohgebärde es schüttelt sich die erde / die tief im herzen brennt, / und wirft mit drohgebärde / gestein ans firmament (Rückert; L059 DWb).
Drohwort um 1200 droworte (Hartmann von Aue; L060 2DWb).
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