Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
deutsch
ahd. diutisk (zu diot, thiot ›Stamm, Volk‹, ↑ "Dieterich") entsprechend lat. theodiscus (belegt 786, nach voralthochdeutschem [erschlossenem] þeudisk), »zum eigenen volk gehörig, germanisch-fränkisch, zunächst auf sprachliche [thiutisce ›zu deutsch‹, um 830], später und seltener auf politische verhältnisse bezogen« (L060 2DWb), mhd. diutsch, (eher oberddt.) tiu(t)sch; nhd. teutsch noch 18. Jahrhundert, von L091 Johann Christoph Gottsched, Deutsche Sprachkunst 1748 und L003 Johann Christoph Adelung, Wörterbuch der hochdeutschen Mundarten 1774ff. abgelehnt, im 19. Jahrhundert teutsch noch als Ausdruck deutschtümelnder Haltung.1 ⇓ "S208" Seit dem Althochdeutschen Bezeichnung für die »Volkssprache nördlich der Alpen, zwischen dem Romanischen im Westen und dem Slavischen im Osten sowie in bestimmter Staffelung südlich der Nord- und Ostsee« (S.Sonderegger, Grundzüge deutscher Sprachgeschichte, 1979,42) mit tutischen munde chunden ›in deutscher Sprache erzählen‹ (Altdeutscher Exodus, vgl. Sonderegger 44); Nur ein einzig Talent bracht' ich der Meisterschaft nah: / Deutsch zu schreiben (1790 A075 Johann Wolfgang von Goethe, Venezianische Epigramme 29), zumeist im Neuhochdeutschen auf die "Hochsprache" und "Schriftsprache" (⇑ "Schrift", "Standard") bezogen.
2 ›offen und deutlich (bis hin zum Derben)‹, entwickelt aus Deutsch als Volkssprache im Gegensatz zum vornehmen Latein: teutsch mit einem reden (1494 Brant); oder deutsch zu reden, zur betrügerei gemacht zu sein (Lessing; L059 DWb).
3 Seit dem 11. Jahrhundert ›Bezeichnung des Volkes und von entsprechendem Territorium, von Institutionen usw.‹ daz Dutisc volch (Kaiserchronik, 12. Jahrhundert); das Heilige Römische Reich Teutscher Nation (1731; L060 2DWb); Deutsche Demokratische Republik (1949–1990).
4 »bezeichnet das edle und treffliche« (L059 DWb; was auch ironisch gewendet werden kann: »ein teutscher Michel / idiota, indoctus« L308 Kaspar Stieler): tiuschiu zuht gat vor in allen (sogenanntes Deutschlandlied Walthers v. d.Vogelweide, frühes 13. Jahrhundert); wo deutsche treue sich beim deutschen handschlag findet (Hagedorn; L059 DWb); Das deutsche Wesen nimmt sich darin zu seinem größten Vortheil aus (A075 Johann Wolfgang von Goethe über Voß' ›Luise‹, Briefe 19,274,5), deutsche Gründlichkeit (Almanach aus Rom, 2. Jg., Leipzig 1811, 153); mit zunehmend patriotischen und im 19. Jahrhundert nationalen Tönen.
5 ›germanisch‹ (dem Ausgangspunkt [s. oben] entsprechend) »seit dem Humanismus« (S.Sonderegger, Grundzüge deutscher Sprachgeschichte, 1979, 46), dann sprachwissenschaftlich v. a. bei J.L095 Jacob Grimm: Deutsche Grammatik (1819ff.), die eine vergleichende Grammatik der frühen germanischen Dialekte ist. Vgl. "altdeutsch", "hochdeutsch", "mitteldeutsch", "neudeutsch", "niederdeutsch", norddeutsch, "oberdeutsch", westdeutsch usw.
Deutsch Neutr. ›deutsche Sprache‹, Substantiv von deutsch: diz maer in tiutsch berichten(1220; L060 2DWb); Luthers, Goethes Deutsch (L337 WdG); im Deutschen lügt man, wenn man höflich ist (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,6771); verkürzt steht Deutsch auch als Unterrichtsfach, Sprachunterricht. Deutsch. Uebung im… Lesen (1801; L060 2DWb), die Fächer Deutsch und Gesellschaftslehre (1973 F.A.Z.; L060 2DWb).
Deutsche(r) »der oder die aus Deutschland (s. unten) gebürtig ist« (L004 Johann Christoph Adelung) bzw. »Angehörige[r] des dt. Volkes« (L097 GWb).
Deutschkunde »im 20. jh. sammelbezeichnung für eine fächergruppe mit den lehrgegenständen deutsche sprache, literatur, kunst, geschichte« lehrer der deutschkunde (1908; L060 2DWb), Sachwörterbuch der Deutschkunde 1930.
Deutschland 15. Jahrhundert (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), im Wechsel mit teutsch land, aus diutsche lant (1100 Annolied, 112), noch bei Luther Genitiv deutsches Lands, im 16. Jahrhundert in allen Kasus (L164 Friedrich Kluge); All ihr andern, ihr sprecht nur ein Kauderwälsch. Unter den Flüssen / Deutschlands rede nur ich, und auch in Meißen nur, Deutsch (1796 A075 Johann Wolfgang von Goethe/ Schiller, Xenien 105 [I,5.1,220], Elbe, gegen Adelung); das Junge Deutschland »literarische Bewegung mit politisch-zeitkritischer Tendenz, etwa 1830–1850« (L322 UWb), ↑ "jung"; Bundesrepublik Deutschland (gegründet 1949), Neues Deutschland, parteioffizielle Zeitung der SED, 1946–1990, hier am 6.11.1949 die Hymne der DDR von J.R.Becher veröffentlicht mit der 4. Zeile der 1.Strophe: Deutschland einig Vaterland.
Deutschlandfrage »Frage, die alle Deutschland betreffenden Probleme, besonders die der deutschen Wiedervereinigung umfaßt« (L337 WdG1967).
Deutschlandlied 1841 von Hoffmann von Fallersleben: Lied der Deutschen, Melodie von J.Haydn (1797); Nationalhymne seit 1922, dritte Strophe (Einigkeit und Recht und Freiheit) seit 1952 Hymne der Bundesrepublik Deutschland.
deutschsprachig deutschsprachige nachbarn (1881; L060 2DWb).
deutschstämmig »von deutschen Vorfahren abstammend« (L097 GWb1976).
Deutschtum (für Deutschheit, 15. Jahrhundert; L059 DWb) nach 1813 gegen Napoleon, 1816 bei Goethe ironisch zustimmend, »meist ironisch« (L059 DWb1860) und deskriptiv das deutschtum [in Siebenbürgen] (1959; L060 2DWb); »nur ironisch«:
Deutschtümelei (Heine; L060 2DWb),
deutschtümelnd deutschthümelnder franzosenhaß (1846; L060 2DWb). K.-H.Roth, »Deutsch«, 1978; vgl. L240 PBB(T) 1983,123ff.
undeutsch
1 ›nicht deutsch‹, ohne Wertung undeutsche nation (1534; L059 DWb), veraltet;
2 »deutschem geist und wesen widersprechend« (L059 DWb), bezogen auch auf die Sprache Stümmel- und Unteutschteutsche (L308 Kaspar Stieler, Vorrede XXXIIIb), undeutsch reden, schreiben (L004 Johann Christoph Adelung); ⇓ "S145" pervertiert im Nationalsozialismus wider den undeutschen Geist, sogenannter Aufklärungsfeldzug zur Vorbereitung der Bücherverbrennung 10.5.1933;
3 ›unverständlich‹ wird mir Vndeutsch seyn (A180 Martin Luther, 1.Korinther 14,11);
verdeutschen mhd. tiutschen L200 Josua Maaler 1561, mit t wie L284 Justus Georg Schottelius, L308 Kaspar Stieler (der teutschen und verteutschen führt), J. L.L078 Johann Leonhard Frisch, dagegen Luther: verdeudschen (L059 DWb) ›ins Deutsche übersetzen‹ (zuerst 1424 virduczt; Germania 28,407); entsprechend Verdeutschung (L308 Kaspar Stieler).
2 ›offen und deutlich (bis hin zum Derben)‹, entwickelt aus Deutsch als Volkssprache im Gegensatz zum vornehmen Latein: teutsch mit einem reden (1494 Brant); oder deutsch zu reden, zur betrügerei gemacht zu sein (Lessing; L059 DWb).
3 Seit dem 11. Jahrhundert ›Bezeichnung des Volkes und von entsprechendem Territorium, von Institutionen usw.‹ daz Dutisc volch (Kaiserchronik, 12. Jahrhundert); das Heilige Römische Reich Teutscher Nation (1731; L060 2DWb); Deutsche Demokratische Republik (1949–1990).
4 »bezeichnet das edle und treffliche« (L059 DWb; was auch ironisch gewendet werden kann: »ein teutscher Michel / idiota, indoctus« L308 Kaspar Stieler): tiuschiu zuht gat vor in allen (sogenanntes Deutschlandlied Walthers v. d.Vogelweide, frühes 13. Jahrhundert); wo deutsche treue sich beim deutschen handschlag findet (Hagedorn; L059 DWb); Das deutsche Wesen nimmt sich darin zu seinem größten Vortheil aus (A075 Johann Wolfgang von Goethe über Voß' ›Luise‹, Briefe 19,274,5), deutsche Gründlichkeit (Almanach aus Rom, 2. Jg., Leipzig 1811, 153); mit zunehmend patriotischen und im 19. Jahrhundert nationalen Tönen.
5 ›germanisch‹ (dem Ausgangspunkt [s. oben] entsprechend) »seit dem Humanismus« (S.Sonderegger, Grundzüge deutscher Sprachgeschichte, 1979, 46), dann sprachwissenschaftlich v. a. bei J.L095 Jacob Grimm: Deutsche Grammatik (1819ff.), die eine vergleichende Grammatik der frühen germanischen Dialekte ist. Vgl. "altdeutsch", "hochdeutsch", "mitteldeutsch", "neudeutsch", "niederdeutsch", norddeutsch, "oberdeutsch", westdeutsch usw.
Deutsch Neutr. ›deutsche Sprache‹, Substantiv von deutsch: diz maer in tiutsch berichten(1220; L060 2DWb); Luthers, Goethes Deutsch (L337 WdG); im Deutschen lügt man, wenn man höflich ist (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust II,6771); verkürzt steht Deutsch auch als Unterrichtsfach, Sprachunterricht. Deutsch. Uebung im… Lesen (1801; L060 2DWb), die Fächer Deutsch und Gesellschaftslehre (1973 F.A.Z.; L060 2DWb).
Deutsche(r) »der oder die aus Deutschland (s. unten) gebürtig ist« (L004 Johann Christoph Adelung) bzw. »Angehörige[r] des dt. Volkes« (L097 GWb).
Deutschkunde »im 20. jh. sammelbezeichnung für eine fächergruppe mit den lehrgegenständen deutsche sprache, literatur, kunst, geschichte« lehrer der deutschkunde (1908; L060 2DWb), Sachwörterbuch der Deutschkunde 1930.
Deutschland 15. Jahrhundert (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt), im Wechsel mit teutsch land, aus diutsche lant (1100 Annolied, 112), noch bei Luther Genitiv deutsches Lands, im 16. Jahrhundert in allen Kasus (L164 Friedrich Kluge); All ihr andern, ihr sprecht nur ein Kauderwälsch. Unter den Flüssen / Deutschlands rede nur ich, und auch in Meißen nur, Deutsch (1796 A075 Johann Wolfgang von Goethe/ Schiller, Xenien 105 [I,5.1,220], Elbe, gegen Adelung); das Junge Deutschland »literarische Bewegung mit politisch-zeitkritischer Tendenz, etwa 1830–1850« (L322 UWb), ↑ "jung"; Bundesrepublik Deutschland (gegründet 1949), Neues Deutschland, parteioffizielle Zeitung der SED, 1946–1990, hier am 6.11.1949 die Hymne der DDR von J.R.Becher veröffentlicht mit der 4. Zeile der 1.Strophe: Deutschland einig Vaterland.
Deutschlandfrage »Frage, die alle Deutschland betreffenden Probleme, besonders die der deutschen Wiedervereinigung umfaßt« (L337 WdG1967).
Deutschlandlied 1841 von Hoffmann von Fallersleben: Lied der Deutschen, Melodie von J.Haydn (1797); Nationalhymne seit 1922, dritte Strophe (Einigkeit und Recht und Freiheit) seit 1952 Hymne der Bundesrepublik Deutschland.
deutschsprachig deutschsprachige nachbarn (1881; L060 2DWb).
deutschstämmig »von deutschen Vorfahren abstammend« (L097 GWb1976).
Deutschtum (für Deutschheit, 15. Jahrhundert; L059 DWb) nach 1813 gegen Napoleon, 1816 bei Goethe ironisch zustimmend, »meist ironisch« (L059 DWb1860) und deskriptiv das deutschtum [in Siebenbürgen] (1959; L060 2DWb); »nur ironisch«:
Deutschtümelei (Heine; L060 2DWb),
deutschtümelnd deutschthümelnder franzosenhaß (1846; L060 2DWb). K.-H.Roth, »Deutsch«, 1978; vgl. L240 PBB(T) 1983,123ff.
undeutsch
1 ›nicht deutsch‹, ohne Wertung undeutsche nation (1534; L059 DWb), veraltet;
2 »deutschem geist und wesen widersprechend« (L059 DWb), bezogen auch auf die Sprache Stümmel- und Unteutschteutsche (L308 Kaspar Stieler, Vorrede XXXIIIb), undeutsch reden, schreiben (L004 Johann Christoph Adelung); ⇓ "S145" pervertiert im Nationalsozialismus wider den undeutschen Geist, sogenannter Aufklärungsfeldzug zur Vorbereitung der Bücherverbrennung 10.5.1933;
3 ›unverständlich‹ wird mir Vndeutsch seyn (A180 Martin Luther, 1.Korinther 14,11);
verdeutschen mhd. tiutschen L200 Josua Maaler 1561, mit t wie L284 Justus Georg Schottelius, L308 Kaspar Stieler (der teutschen und verteutschen führt), J. L.L078 Johann Leonhard Frisch, dagegen Luther: verdeudschen (L059 DWb) ›ins Deutsche übersetzen‹ (zuerst 1424 virduczt; Germania 28,407); entsprechend Verdeutschung (L308 Kaspar Stieler).