Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
daß
⇓ "S026" ist ursprünglich identisch mit das (mhd. daz), ↑ "der". Die Verschiedenheit der Schreibung wird erst seit der Mitte des 16. Jahrhunderts allmählich durchgeführt. Die Umbildung des Pronomens zu einer Konjunktion liegt aber bereits im Althochdeutschen vor.1 Sie hat sich zunächst dadurch vollzogen, daß ein ursprünglich dem regierenden Satz angehöriges dazals Bestandteil des abhängigen Satzes aufgefaßt wurde. Die älteste Verwendungsweise haben wir da, wo die daß-Sätze eine Funktion haben, die dem Nominativ oder Akkusativ eines Substantivs entspricht. Ein Satz wie mich dünkt, daß er ein Narr ist war ursprünglich nichts anderes als mich dünkt das (auf das Folgende hinweisend): er ist ein Narr. Entsprechend überall, wo der daß-Satz Subjekt oder Objekt ist, vgl. gut ist, daß du kommst; mein Wille ist, daß du bleibst; ich sehe, weiß, sage usw., daß sie nicht will. Ursprünglich mußte natürlich der abhängige Satz immer nachgestellt werden. Daß man die Subjekts- und Objektssätze auch voranstellen kann (daß er kommt, glaube ich nicht), ist erst möglich geworden, nachdem der ursprüngliche Sinn vergessen und der Übergang zur Konjunktion vollzogen war. Direkt auf die pronominale Funktion von daß lassen sich außerdem Vergleichungssätze zurückführen wie es ist wahrscheinlicher, daß er ausbleibt, als daß er kommt.
2 Auf einen Subjekts- oder Objektssatz kann noch durch ein das hingewiesen werden, vgl. das kannst du glauben, daß ich dies nie vergessen werde oder mit umgekehrter Stellung daß ich dies nie vergessen werde, das kannst du mir glauben. Dies ist also eigentlich ein Pleonasmus, aber wohl von Anfang an nicht als solcher empfunden, vielmehr erst eingeführt, als die ursprüngliche Bedeutung von daß nicht mehr lebendig war. Ferner kann ein solcher Satz durch ein es vorweggenommen werden; ich glaube es, daß dir das leid tut; notwendig (außer bei veränderter Stellung) es ist wahr (schmerzt mich), daß er mich verkennt.
3 Eine erhebliche Ausdehnung hat nun die Verwendung der daß-Sätze frühzeitig dadurch erfahren, daß die Sätze sich auch an andere Kasus als Nominativ und Akkusativ des Demonstrativpronomens anschlossen, nachdem die Kasusnatur des daß nicht mehr empfunden wurde. So an den Genitiv, vgl. Sätze wie er rühmt sich dessen, daß er die Tat begangen hat; ich bin dessen gewiß, daß er wiederkommen wird; vgl. indes (indessen) daß ↑ "indes". So sagte man früher auch deshalb, deswegen daß, was eigentlich korrekter ist als unser jetziges weil oder damit, die gesetzt werden, als ob deshalb, deswegen gar nicht vorausgingen. Anschluß an den Dativ fand früher statt bei außerdem daß (siehe "außer"), indem daß (siehe "indem"), auch jetzt noch "trotzdem" daß. Das gleiche Verhältnis besteht zu dem einen Kasus vertretenden "da" (siehe dort unter [1.4]), vgl. es fehlt viel daran, daß ich zufrieden sein könnte; ich rechne darauf, daß du kommst; daraus, daß er uns nicht mehr besucht, schließe ich, daß er etwas übelgenommen hat; es bleibt dabei, daß wir reisen; er suchte ihn dadurch für sich zu gewinnen, daß er ihm Beförderung in Aussicht stellte; er willigte darein, daß das Haus verkauft wurde; ich bin dafür, daß abgestimmt wird; er hat darin recht, daß man nicht vorsichtig genug sein kann; es ist nicht damit getan, daß man schöne Reden hält; er ärgert sich darüber, daß wir ihn nicht eingeladen haben; er bemüht sich darum, daß du das Amt erhältst; er leidet darunter, daß er nicht von Adel ist; sein angenehmes Äußere trägt dazu bei, daß er überall beliebt ist. So stand auch nach begründendem "darum" früher daß, logisch korrekter als unser weil, vgl. darum, daß kein Fleisch vor ihm gerecht sein mag(Luther), darum, daß sie es nicht aus dem Glauben suchen(Luther). Hieran reihen sich auch "dahin", "daher" in gewissen Verwendungen: er hat es dahin gebracht, daß niemand mehr mit ihm zu tun haben mag; das kommt daher, daß wir uns so selten sehen.
4 Nach vielen Verben, insbesondere solchen, die einen seelischen Vorgang oder eine mündliche Äußerung bezeichnen, kann bloßes daß stehen statt eines dessen daß, darüber daß, dazu daß usw., vgl. ich freue mich, daß du so gut davongekommen bist; ich erinnere mich, daß du etwas davon gesagt hast; bittet den Herrn, daß aufhöre solches Donnern und Hageln Gottes(Luther); ihre Feinde sollen sich nicht rühmen, daß Furcht des Todes ihre Wangen bleichte (Schiller), der Herr lobte den ungerechten Haushalter, daß er klüglich getan hätte (Luther). Entsprechend steht daß nach sich wundern, erstaunen, erschrecken, sich ärgern, danken, auffordern, ermahnen, antreiben, veranlassen, bewegen, bestimmen, überreden, überzeugen, sich vergewissern u. a. Auch nach Adjektiven, vgl. ich bin froh, daß ich ihn los bin, entsprechend nach betrübt, traurig, zufrieden, einverstanden, sicher (ich bin sicher, daß er es gewesen ist), gewiß, wert, schuld (ursprünglich Substantiv). Auch nach Verbindungen wie schuld haben, achthaben, achtgeben, sich in acht nehmen, recht haben, gut tun u. a. Das Gefühl dafür, wieweit bloßes daß erlaubt ist, ist vielfach schwankend und hat im Laufe der Zeit gewechselt. Fälle, in denen wir es uns jetzt kaum gestatten würden, sind z. B. weil sich dein Herz erhebt, daß du so schön bist (Luther), ich bin elend und ohnmächtig, daß ich so verstoßen bin (Luther), wie wacker sind meine Augen geworden, daß ich ein wenig dieses Honigs gekostet habe (Luther). Vielfach steht dabei der daß-Satz in einem Kausalverhältnis zu dem regierenden; es ist aber verkehrt, wenn man darum dem daß an sich kausale Bedeutung zuschreibt. Verwendung des einfachen daß anstelle von dessen daß, daran daß usw. ist übrigens nur möglich bei Nachstellung. Wird der daß-Satz vorangestellt, so wird Rückverweis auf ihn notwendig, vgl. daß er kommt, dessen bin ich gewiß, darüber freue ich mich, dafür danke ich Gott usw. Abweichungen davon sind vereinzelte Wagnisse, vgl. daß dir im Sonnesehn vergehet das Gesicht, sind deine Augen schuld und nicht das große Licht (A.Silesius), daß er Euch ganz vergessen, mag wohl mehr sein Mangel, als sein unredliches Herz Schuld haben (K.Lessing), daß Sie eine geringere Ausgabe drucken lassen, bin ich gleichfalls zufrieden (Goethe), daß Sie sich hierüber in Ihrer Vorrede so deutlich ausgedrückt, weiß ich Ihnen recht viel Dank (Goethe).
5 Einen Genitiv nach der ursprünglichen Konstruktion vertreten die daß-Sätze auch nach ach, wehe, o weh, wenn sie eine Begründung des Klagerufs enthalten: ach daß ich sie je gekannt habe(Goethe), o daß sie ewig grünen bliebe (A222 Friedrich Schiller, Glocke).
6 Auch von Substantiven können daß-Sätze abhängen. Zunächst von Vorgangs- und Zustandsbezeichnungen, welche zu Verben, auch Adjektiven gehören, die einen daß-Satz neben sich haben können, vgl. der Gedanke, daß du mir untreu werden könntest; entsprechend nach Meinung, Glaube, Wahn, Überzeugung, Bewußtsein, Gewißheit, Hoffnung, Furcht, Angabe, Behauptung, Bekenntnis, Erklärung, Versicherung, Beweis, Verheißung, Zusage, Nachricht, Vorwand, Bitte, Befehl, Aufforderung, Bedingung usw. In einer Art appositionellem Verhältnis stehen die daß-Sätze nach Sitte, Gewohnheit, Glück, Unglück, Fall, Tatsache u.dgl., vgl. die Sitte, daß die Leichen verbrannt werden mit es ist Sitte, daß die Leichen verbrannt werden. Wieder statt eines Genitivs oder eines dafür daß, dazu daß usw. steht einfaches daß nach Zeit (es ist Zeit, daß du gehst), Grund, Ursache, Beispiel u. a.
7 Eine Funktion von daß, die sich schon im Althochdeutschen besonders heraushebt, ist die Bezeichnung der Modalität, wobei meistens der Inhalt des abhängigen Satzes als eine Folge aus dem des regierenden aufgefaßt werden kann, weshalb man diese Sätze gewöhnlich Folgesätze (Konsekutivsätze) nennt. Den Ursprung dieser Funktion von daß können wir uns an Sätzen veranschaulichen wie er hat das Alter, daß er für sich selbst reden kann. Wir müssen voraussetzen, daß in einer älteren Periode kein Artikel vor dem Substantiv stand, daß vielmehr daß nichts anderes war als ein nachgestellter Artikel, der ursprünglich allgemein geltenden Regel gemäß, daß der Artikel immer vor der näheren Bestimmung steht (vgl. mhd. golt daz rote, hort der Nibelunges). Die nähere Bestimmung ist hier der abhängige Satz, also ursprünglich er hat Alter das: er kann für sich selbst reden. Nachdem dann daß wieder nicht mehr in seinem ursprünglichen Sinn empfunden wurde, trat es auch an die Stelle der anderen Formen des Artikels (vgl. er hat die Stärke, daß es niemand mit ihm aufzunehmen wagt). In der neueren Sprache geht gewöhnlicher der unbestimmte Artikel voraus, vgl. mit einer Gewandtheit, daß jedermann erstaunt ist. Besonders aber wird solcher vorausgeschickt; ferner adverbiale Ausdrücke wie dergestalt, dermaßen und vor allem so. Dieses so kann dann in engere Verbindung mit daß treten, wobei es schwach betont wird, vgl. er schwankte, so daß ich ihn nicht mehr halten konnte gegen er schwankte so, daß usw. Im ersteren Fall liegt die Vorstellung zugrunde, daß das Schwanken schlechthin, im letzteren, daß das Schwanken in einem bestimmt hohen Grad die Folge hervorbringt. Die erstere Art könnte man speziell Folgesätze (nicht mehr Modalsätze) nennen. Auch einfaches daß ohne vorhergegangenen Hinweis kann wie so daß Modal- und Folgesätze einleiten, vgl. er schreit, daß man es auf der Straße hört; sie banden ihn, daß er sich nicht rühren konnte. Hierher auch nicht daß ich wüßte›soviel ich weiß, nicht‹. In der älteren Sprache ist daß nicht nach negativen Sätzen häufig, wo wir jetzt ohne daß setzen, noch öfters bei Goethe, vgl. er kehret nie von einer Reise wieder, daß ihm nicht ein Dritteil seiner Sachen fehle. Unter die Modalsätze gehören auch solche mit zu, vgl. es ist zu kalt, (als) daß man im Freien sitzen könnte.
8 Zur Einleitung von Absichtssätzen (Finalsätzen) ist daß gleichfalls schon im Althochdeutschen üblich. Zu Absichtssätzen werden diese ursprünglich nur durch den Konjunktiv. In der neueren Sprache tritt aber auch hier gewöhnlich, in der Umgangssprache durchweg der Indikativ dafür ein, vgl. So setz dich nieder, daß ich sehe, / Wie dir der Kranz steht (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Familie Schroffenstein 2,1). Zur genaueren Bezeichnung dient jetzt gewöhnlich "damit", früher auch auf daß (s. 12). Absichtssätze werden zuweilen mit Unterdrückung eines Zwischengedankens gebraucht, vgl. daß ich es nicht vergesse (›will ich dir sagen‹ oder dgl.), gestern war dein Bruder bei mir; ich bin verdrießlich, daß ich dir's gestehe (Goethe).
9 Zur Einführung einer Tatsache, welche die Gültigkeit einer Behauptung einschränkt, dient nur daß, welches anstelle von mhd. wan daz getreten ist, vgl. ich bin ganz zufrieden mit ihm, nur daß er etwas langsam arbeitet.
10 Jetzt öfter durch wo (zunächst durch da) ist daß ersetzt nach das Mal, die Zeit u.dgl., vgl. das nächste Mal, daß ich Felsen besteige (Goethe), den ersten Tag, daß ich von dir weg bin (Goethe).
11 Schon alt sind daß-Sätze ohne regierenden Satz, die eigentlich von einem nicht ausgesprochenen Gedanken abhängig sind, in neuerer Zeit meist mit doch. Einerseits solche, die ein Bedauern ausdrücken, vgl. daß man doch zu seiner Qual nimmer es vergißt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, An den Mond); daß du mir doch nie glauben willst! Andererseits Wunschsätze: ach, daß ich den Morgen erleben möchte (Luther), daß er noch lebte! Ich gäb' ein Indien dafür (Schiller), daß ich ihn doch noch einmal sehen könnte; daß Gott erbarm', wofür auch bloß daß Gott vorkommt; mit ähnlicher Unterdrückung das verwünschende daß dich. Vgl. (5).
12 Auch ein von einer Präposition abhängiger Akkusativ daz, der ursprünglich zum regierenden Satz gehörte, wurde allmählich mit der Präposition als Einleitung des abhängigen Satzes aufgefaßt und dabei an den sonstigen Gebrauch von daß als Konjunktion angeschlossen, wie die jetzige Schreibung zeigt. Im Neuhochdeutschen sind gebräuchlich auf daß, zuerst spätmittelhochdeutsch, bei Luther häufig, jetzt nur in feierlicher Rede, sonst durch "damit" und einfaches daß verdrängt; um daß, im 17. Jahrhundert untergegangen; ohne daß, jetzt zu "ohne"(1), vgl. er ist erschienen, ohne daß ich ihn eingeladen habe (s. o. [7]); in der älteren Sprache zu "ohne"(2) wie außer daß oder nur daß, vgl. was genießt sein, der es hat, ohne daß er es mit den Augen ansieht (Luther), kommt er auf, so soll, der ihn schlug, unschuldig sein, ohne daß er ihm bezahle, was er versäumt hat(Luther). Dagegen lassen sich außer daß, während daß, statt daß, anstatt daß nicht ebenso auffassen, weil die betreffenden Wörter als Präpositionen nicht den Akkusativ regieren. Sie sind aber wohl solchen wie auf daß nachgebildet, aber auch solchen wie bis daß, ehe daß, die schon alt sind. Nach ehe daß auch bevor daß.
13 Auf die gleiche Weise wie daß sind auch andere Kasus des Pronomens in Verbindung mit einer Präposition zu satzeinleitenden Konjunktionen geworden: "indes", "indessen"; "indem", "nachdem", seitdem, "trotzdem"; im Althochdeutschen verschiedene Verbindungen mit dem Instrumentalis diu. Vgl. noch die entsprechende Entwicklung bei "so". L012 Otto Behaghel, Syntax 3,128ff.
2 Auf einen Subjekts- oder Objektssatz kann noch durch ein das hingewiesen werden, vgl. das kannst du glauben, daß ich dies nie vergessen werde oder mit umgekehrter Stellung daß ich dies nie vergessen werde, das kannst du mir glauben. Dies ist also eigentlich ein Pleonasmus, aber wohl von Anfang an nicht als solcher empfunden, vielmehr erst eingeführt, als die ursprüngliche Bedeutung von daß nicht mehr lebendig war. Ferner kann ein solcher Satz durch ein es vorweggenommen werden; ich glaube es, daß dir das leid tut; notwendig (außer bei veränderter Stellung) es ist wahr (schmerzt mich), daß er mich verkennt.
3 Eine erhebliche Ausdehnung hat nun die Verwendung der daß-Sätze frühzeitig dadurch erfahren, daß die Sätze sich auch an andere Kasus als Nominativ und Akkusativ des Demonstrativpronomens anschlossen, nachdem die Kasusnatur des daß nicht mehr empfunden wurde. So an den Genitiv, vgl. Sätze wie er rühmt sich dessen, daß er die Tat begangen hat; ich bin dessen gewiß, daß er wiederkommen wird; vgl. indes (indessen) daß ↑ "indes". So sagte man früher auch deshalb, deswegen daß, was eigentlich korrekter ist als unser jetziges weil oder damit, die gesetzt werden, als ob deshalb, deswegen gar nicht vorausgingen. Anschluß an den Dativ fand früher statt bei außerdem daß (siehe "außer"), indem daß (siehe "indem"), auch jetzt noch "trotzdem" daß. Das gleiche Verhältnis besteht zu dem einen Kasus vertretenden "da" (siehe dort unter [1.4]), vgl. es fehlt viel daran, daß ich zufrieden sein könnte; ich rechne darauf, daß du kommst; daraus, daß er uns nicht mehr besucht, schließe ich, daß er etwas übelgenommen hat; es bleibt dabei, daß wir reisen; er suchte ihn dadurch für sich zu gewinnen, daß er ihm Beförderung in Aussicht stellte; er willigte darein, daß das Haus verkauft wurde; ich bin dafür, daß abgestimmt wird; er hat darin recht, daß man nicht vorsichtig genug sein kann; es ist nicht damit getan, daß man schöne Reden hält; er ärgert sich darüber, daß wir ihn nicht eingeladen haben; er bemüht sich darum, daß du das Amt erhältst; er leidet darunter, daß er nicht von Adel ist; sein angenehmes Äußere trägt dazu bei, daß er überall beliebt ist. So stand auch nach begründendem "darum" früher daß, logisch korrekter als unser weil, vgl. darum, daß kein Fleisch vor ihm gerecht sein mag(Luther), darum, daß sie es nicht aus dem Glauben suchen(Luther). Hieran reihen sich auch "dahin", "daher" in gewissen Verwendungen: er hat es dahin gebracht, daß niemand mehr mit ihm zu tun haben mag; das kommt daher, daß wir uns so selten sehen.
4 Nach vielen Verben, insbesondere solchen, die einen seelischen Vorgang oder eine mündliche Äußerung bezeichnen, kann bloßes daß stehen statt eines dessen daß, darüber daß, dazu daß usw., vgl. ich freue mich, daß du so gut davongekommen bist; ich erinnere mich, daß du etwas davon gesagt hast; bittet den Herrn, daß aufhöre solches Donnern und Hageln Gottes(Luther); ihre Feinde sollen sich nicht rühmen, daß Furcht des Todes ihre Wangen bleichte (Schiller), der Herr lobte den ungerechten Haushalter, daß er klüglich getan hätte (Luther). Entsprechend steht daß nach sich wundern, erstaunen, erschrecken, sich ärgern, danken, auffordern, ermahnen, antreiben, veranlassen, bewegen, bestimmen, überreden, überzeugen, sich vergewissern u. a. Auch nach Adjektiven, vgl. ich bin froh, daß ich ihn los bin, entsprechend nach betrübt, traurig, zufrieden, einverstanden, sicher (ich bin sicher, daß er es gewesen ist), gewiß, wert, schuld (ursprünglich Substantiv). Auch nach Verbindungen wie schuld haben, achthaben, achtgeben, sich in acht nehmen, recht haben, gut tun u. a. Das Gefühl dafür, wieweit bloßes daß erlaubt ist, ist vielfach schwankend und hat im Laufe der Zeit gewechselt. Fälle, in denen wir es uns jetzt kaum gestatten würden, sind z. B. weil sich dein Herz erhebt, daß du so schön bist (Luther), ich bin elend und ohnmächtig, daß ich so verstoßen bin (Luther), wie wacker sind meine Augen geworden, daß ich ein wenig dieses Honigs gekostet habe (Luther). Vielfach steht dabei der daß-Satz in einem Kausalverhältnis zu dem regierenden; es ist aber verkehrt, wenn man darum dem daß an sich kausale Bedeutung zuschreibt. Verwendung des einfachen daß anstelle von dessen daß, daran daß usw. ist übrigens nur möglich bei Nachstellung. Wird der daß-Satz vorangestellt, so wird Rückverweis auf ihn notwendig, vgl. daß er kommt, dessen bin ich gewiß, darüber freue ich mich, dafür danke ich Gott usw. Abweichungen davon sind vereinzelte Wagnisse, vgl. daß dir im Sonnesehn vergehet das Gesicht, sind deine Augen schuld und nicht das große Licht (A.Silesius), daß er Euch ganz vergessen, mag wohl mehr sein Mangel, als sein unredliches Herz Schuld haben (K.Lessing), daß Sie eine geringere Ausgabe drucken lassen, bin ich gleichfalls zufrieden (Goethe), daß Sie sich hierüber in Ihrer Vorrede so deutlich ausgedrückt, weiß ich Ihnen recht viel Dank (Goethe).
5 Einen Genitiv nach der ursprünglichen Konstruktion vertreten die daß-Sätze auch nach ach, wehe, o weh, wenn sie eine Begründung des Klagerufs enthalten: ach daß ich sie je gekannt habe(Goethe), o daß sie ewig grünen bliebe (A222 Friedrich Schiller, Glocke).
6 Auch von Substantiven können daß-Sätze abhängen. Zunächst von Vorgangs- und Zustandsbezeichnungen, welche zu Verben, auch Adjektiven gehören, die einen daß-Satz neben sich haben können, vgl. der Gedanke, daß du mir untreu werden könntest; entsprechend nach Meinung, Glaube, Wahn, Überzeugung, Bewußtsein, Gewißheit, Hoffnung, Furcht, Angabe, Behauptung, Bekenntnis, Erklärung, Versicherung, Beweis, Verheißung, Zusage, Nachricht, Vorwand, Bitte, Befehl, Aufforderung, Bedingung usw. In einer Art appositionellem Verhältnis stehen die daß-Sätze nach Sitte, Gewohnheit, Glück, Unglück, Fall, Tatsache u.dgl., vgl. die Sitte, daß die Leichen verbrannt werden mit es ist Sitte, daß die Leichen verbrannt werden. Wieder statt eines Genitivs oder eines dafür daß, dazu daß usw. steht einfaches daß nach Zeit (es ist Zeit, daß du gehst), Grund, Ursache, Beispiel u. a.
7 Eine Funktion von daß, die sich schon im Althochdeutschen besonders heraushebt, ist die Bezeichnung der Modalität, wobei meistens der Inhalt des abhängigen Satzes als eine Folge aus dem des regierenden aufgefaßt werden kann, weshalb man diese Sätze gewöhnlich Folgesätze (Konsekutivsätze) nennt. Den Ursprung dieser Funktion von daß können wir uns an Sätzen veranschaulichen wie er hat das Alter, daß er für sich selbst reden kann. Wir müssen voraussetzen, daß in einer älteren Periode kein Artikel vor dem Substantiv stand, daß vielmehr daß nichts anderes war als ein nachgestellter Artikel, der ursprünglich allgemein geltenden Regel gemäß, daß der Artikel immer vor der näheren Bestimmung steht (vgl. mhd. golt daz rote, hort der Nibelunges). Die nähere Bestimmung ist hier der abhängige Satz, also ursprünglich er hat Alter das: er kann für sich selbst reden. Nachdem dann daß wieder nicht mehr in seinem ursprünglichen Sinn empfunden wurde, trat es auch an die Stelle der anderen Formen des Artikels (vgl. er hat die Stärke, daß es niemand mit ihm aufzunehmen wagt). In der neueren Sprache geht gewöhnlicher der unbestimmte Artikel voraus, vgl. mit einer Gewandtheit, daß jedermann erstaunt ist. Besonders aber wird solcher vorausgeschickt; ferner adverbiale Ausdrücke wie dergestalt, dermaßen und vor allem so. Dieses so kann dann in engere Verbindung mit daß treten, wobei es schwach betont wird, vgl. er schwankte, so daß ich ihn nicht mehr halten konnte gegen er schwankte so, daß usw. Im ersteren Fall liegt die Vorstellung zugrunde, daß das Schwanken schlechthin, im letzteren, daß das Schwanken in einem bestimmt hohen Grad die Folge hervorbringt. Die erstere Art könnte man speziell Folgesätze (nicht mehr Modalsätze) nennen. Auch einfaches daß ohne vorhergegangenen Hinweis kann wie so daß Modal- und Folgesätze einleiten, vgl. er schreit, daß man es auf der Straße hört; sie banden ihn, daß er sich nicht rühren konnte. Hierher auch nicht daß ich wüßte›soviel ich weiß, nicht‹. In der älteren Sprache ist daß nicht nach negativen Sätzen häufig, wo wir jetzt ohne daß setzen, noch öfters bei Goethe, vgl. er kehret nie von einer Reise wieder, daß ihm nicht ein Dritteil seiner Sachen fehle. Unter die Modalsätze gehören auch solche mit zu, vgl. es ist zu kalt, (als) daß man im Freien sitzen könnte.
8 Zur Einleitung von Absichtssätzen (Finalsätzen) ist daß gleichfalls schon im Althochdeutschen üblich. Zu Absichtssätzen werden diese ursprünglich nur durch den Konjunktiv. In der neueren Sprache tritt aber auch hier gewöhnlich, in der Umgangssprache durchweg der Indikativ dafür ein, vgl. So setz dich nieder, daß ich sehe, / Wie dir der Kranz steht (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Familie Schroffenstein 2,1). Zur genaueren Bezeichnung dient jetzt gewöhnlich "damit", früher auch auf daß (s. 12). Absichtssätze werden zuweilen mit Unterdrückung eines Zwischengedankens gebraucht, vgl. daß ich es nicht vergesse (›will ich dir sagen‹ oder dgl.), gestern war dein Bruder bei mir; ich bin verdrießlich, daß ich dir's gestehe (Goethe).
9 Zur Einführung einer Tatsache, welche die Gültigkeit einer Behauptung einschränkt, dient nur daß, welches anstelle von mhd. wan daz getreten ist, vgl. ich bin ganz zufrieden mit ihm, nur daß er etwas langsam arbeitet.
10 Jetzt öfter durch wo (zunächst durch da) ist daß ersetzt nach das Mal, die Zeit u.dgl., vgl. das nächste Mal, daß ich Felsen besteige (Goethe), den ersten Tag, daß ich von dir weg bin (Goethe).
11 Schon alt sind daß-Sätze ohne regierenden Satz, die eigentlich von einem nicht ausgesprochenen Gedanken abhängig sind, in neuerer Zeit meist mit doch. Einerseits solche, die ein Bedauern ausdrücken, vgl. daß man doch zu seiner Qual nimmer es vergißt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, An den Mond); daß du mir doch nie glauben willst! Andererseits Wunschsätze: ach, daß ich den Morgen erleben möchte (Luther), daß er noch lebte! Ich gäb' ein Indien dafür (Schiller), daß ich ihn doch noch einmal sehen könnte; daß Gott erbarm', wofür auch bloß daß Gott vorkommt; mit ähnlicher Unterdrückung das verwünschende daß dich. Vgl. (5).
12 Auch ein von einer Präposition abhängiger Akkusativ daz, der ursprünglich zum regierenden Satz gehörte, wurde allmählich mit der Präposition als Einleitung des abhängigen Satzes aufgefaßt und dabei an den sonstigen Gebrauch von daß als Konjunktion angeschlossen, wie die jetzige Schreibung zeigt. Im Neuhochdeutschen sind gebräuchlich auf daß, zuerst spätmittelhochdeutsch, bei Luther häufig, jetzt nur in feierlicher Rede, sonst durch "damit" und einfaches daß verdrängt; um daß, im 17. Jahrhundert untergegangen; ohne daß, jetzt zu "ohne"(1), vgl. er ist erschienen, ohne daß ich ihn eingeladen habe (s. o. [7]); in der älteren Sprache zu "ohne"(2) wie außer daß oder nur daß, vgl. was genießt sein, der es hat, ohne daß er es mit den Augen ansieht (Luther), kommt er auf, so soll, der ihn schlug, unschuldig sein, ohne daß er ihm bezahle, was er versäumt hat(Luther). Dagegen lassen sich außer daß, während daß, statt daß, anstatt daß nicht ebenso auffassen, weil die betreffenden Wörter als Präpositionen nicht den Akkusativ regieren. Sie sind aber wohl solchen wie auf daß nachgebildet, aber auch solchen wie bis daß, ehe daß, die schon alt sind. Nach ehe daß auch bevor daß.
13 Auf die gleiche Weise wie daß sind auch andere Kasus des Pronomens in Verbindung mit einer Präposition zu satzeinleitenden Konjunktionen geworden: "indes", "indessen"; "indem", "nachdem", seitdem, "trotzdem"; im Althochdeutschen verschiedene Verbindungen mit dem Instrumentalis diu. Vgl. noch die entsprechende Entwicklung bei "so". L012 Otto Behaghel, Syntax 3,128ff.