Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Charakter
⇓ "S133" < ⇓ "S082" griech.-lat. charakter (zu griech. charássein ›einritzen‹), schon mittelhochdeutsch1 ›(Zauber-)Zeichen, Buchstabe‹ der karakter a b c (Parzival 453,15; L059 DWb), so noch im 18. Jahrhundert;
2 ›Amt, Rang‹ < franz. caractère (1695 Stieler; L081 FWb), vereinzelt noch im 20. Jahrhundert: »mit Titel und Charakter eines Professors« (L320 Trübner);
3 aus dem Französischen (1688 Thomasius; L081 FWb) heutiges ›eigentümliche Art, Gepräge‹ v. a. eines Menschen: Es bildet ein Talent sich in der Stille, / Sich ein Charakter in dem Strom der Welt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 1,2); Die Geschichte des Menschen ist sein Charakter (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Lehrjahre 23,40,22); er hat Charakter, ist ein Charakter, aber z. B. auch Charakter einer Landschaft, Krankheit, Sinfonie. Zum Charakter-Begriff in der Kunst vgl. L009 Ästhetische Grundbegriffe 1,772ff. Zu (3) ⇓ "S040" bühnensprachlich z. B. Charakterkomödie, Charakterrolle, Charaktermaske ›einen Figurentypus verkörpernde Gesichtsmaske‹ (L092 GoeWb), ferner Charakterkopf (C.F.A187 Conrad Ferdinand Meyer, Bettlerballade), jüngst ⇓ "S180" psychologisch Charaktertest. Analoge Bedeutungsentwicklung bei
charakterisieren (1663 Schottel; L360 ZDW3,145), heute ›kennzeichnen‹ transitiv/ intransitiv.
Charakteristik (1706; L320 Trübner) ›treffende Schilderung, Kennzeichnung‹, befördert durch die Rezeption von Shaftesburys ›Characteristics of Men, Manners, Opinions, Times‹ (deutsch ›Charakteristik… ‹ 1768; vgl. L083 Peter F. Ganz 51); dazu
charakteristisch (1749; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) bei Goethe substantivisch für das Markante, Bezeichnende, Bedeutende eines künstlerischen Gegenstandes (L092 GoeWb);
Charakteristikum ›wesentliches Kennzeichen‹ (G.A155 Gottfried Keller, Züricher Novellen, 9,902). Das Bezugsadjektiv
charakterlich ›den Charakter(3) betreffend‹ 1929 (vgl. L360 ZDW 16,119; L224 NM69,15); älter
charakterlos, bei Goethe häufig als ästhetisches Urteilswort ›unbestimmt, stillos‹ die Romantiker… daß ihre Productionen zuletzt charakterlos erscheinen (L092 GoeWb), auch als menschliche Eigenschaft. Zu
Charakterologie ›Charakterkunde‹ vgl. J.Bahnsen, Beiträge zur Charakterologie, 1867.
2 ›Amt, Rang‹ < franz. caractère (1695 Stieler; L081 FWb), vereinzelt noch im 20. Jahrhundert: »mit Titel und Charakter eines Professors« (L320 Trübner);
3 aus dem Französischen (1688 Thomasius; L081 FWb) heutiges ›eigentümliche Art, Gepräge‹ v. a. eines Menschen: Es bildet ein Talent sich in der Stille, / Sich ein Charakter in dem Strom der Welt (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Tasso 1,2); Die Geschichte des Menschen ist sein Charakter (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Lehrjahre 23,40,22); er hat Charakter, ist ein Charakter, aber z. B. auch Charakter einer Landschaft, Krankheit, Sinfonie. Zum Charakter-Begriff in der Kunst vgl. L009 Ästhetische Grundbegriffe 1,772ff. Zu (3) ⇓ "S040" bühnensprachlich z. B. Charakterkomödie, Charakterrolle, Charaktermaske ›einen Figurentypus verkörpernde Gesichtsmaske‹ (L092 GoeWb), ferner Charakterkopf (C.F.A187 Conrad Ferdinand Meyer, Bettlerballade), jüngst ⇓ "S180" psychologisch Charaktertest. Analoge Bedeutungsentwicklung bei
charakterisieren (1663 Schottel; L360 ZDW3,145), heute ›kennzeichnen‹ transitiv/ intransitiv.
Charakteristik (1706; L320 Trübner) ›treffende Schilderung, Kennzeichnung‹, befördert durch die Rezeption von Shaftesburys ›Characteristics of Men, Manners, Opinions, Times‹ (deutsch ›Charakteristik… ‹ 1768; vgl. L083 Peter F. Ganz 51); dazu
charakteristisch (1749; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) bei Goethe substantivisch für das Markante, Bezeichnende, Bedeutende eines künstlerischen Gegenstandes (L092 GoeWb);
Charakteristikum ›wesentliches Kennzeichen‹ (G.A155 Gottfried Keller, Züricher Novellen, 9,902). Das Bezugsadjektiv
charakterlich ›den Charakter(3) betreffend‹ 1929 (vgl. L360 ZDW 16,119; L224 NM69,15); älter
charakterlos, bei Goethe häufig als ästhetisches Urteilswort ›unbestimmt, stillos‹ die Romantiker… daß ihre Productionen zuletzt charakterlos erscheinen (L092 GoeWb), auch als menschliche Eigenschaft. Zu
Charakterologie ›Charakterkunde‹ vgl. J.Bahnsen, Beiträge zur Charakterologie, 1867.