Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Buch
gemeingermanisches Wort (auch in got. boka Fem. ›Buchstabe‹), ahd. buoh, mhd. buoch; vielleicht verwandt mit ↑ "Buche", dann ursprünglich die mit Wachs überzogene Holztafel, das älteste Schreibmaterial der Germanen für lateinische Schrift, in das die Buchstaben eingeritzt wurden: Barbara fraxineis pingatur runa tabellis(Venantius Fortunatus 7,18; ›die nicht-römische Runenschrift werde gezeichnet auf eschenen Täfelchen‹). Der Zusammenhang mit Buchewird neuerdings bezweifelt (vgl. L175 Friedrich Kluge/ L175 Elmar Seebold), wodurch die Etymologie allerdings nicht leichter wird. ⇓ "S174" In ältester Zeit wird der Plural für ein einzelnes Schriftstück gebraucht: noch mittelhochdeutsch an den buochen lesen. Die alte Bezeichnung wurde dann zunächst auf Lagen von Pergamentblättern übertragen. Heute1gedruckte Schrift‹: ein Buch trucken (L037 Petrus Dasypodius), das buch der bücherdie Bibel‹ (L059 DWb); redensartlich ich will reden wie ein buch, wenn ich mich vorbereitet habe (Goethe; L059 DWb), ein Lehrer wie er im Buch steht (›musterhaft‹), übertragen
⊚⊚ ein Buch mit sieben Siegeln ↑ "Siegel"; Buch des Lebens (A180 Martin Luther, Offenbarung 20,15), Buch des Schicksals (Gotter; L059 DWb); sich ins Buch der Geschichte einschreiben;
2Abteilung einer Schriftdas fünffte buch Mose (Luther);
3 ohne Vorstellung des Gedrucktseins, z. B. das Goldene Buch ursprünglich das Verzeichnis adliger Familien in den italienischen Republiken (vgl. L320 Trübner), daher »ehrenbuch der städte und behörden, in dem sich vornehme gäste eintragen« (L059 DWbs. v. golden), dazu auch Kirchenbuch, "Tagebuch"; seit dem 14. Jahrhundert (L320 Trübner) speziell ›Geschäftsbuch‹, so vor allem im Plural: Die Bücher, deren ein Kaufmann… bedarf (L264 Daniel Sanders), daher
zu Buche schlagensich auswirken‹. Vgl. H.Rosenfeld, Rheinisches Museum 95,193ff.
Buchhalter Anfang des 16. Jahrhunderts im Anschluß an die Lehnübersetzung von ital. tenere i libri als die Bücher halten.
Buchmacher seit etwa 1870 als ⇓ "S124" Lehnübersetzung von engl. bookmaker, ›Vermittler von Wetten bei Pferderennen‹.
Bücherkunde von ⇓ "S071" L033 Joachim Heinrich Campe für Bibliographie.
Bücherwurm J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741 verzeichnet es nur als tinea librorum, die Übertragung auf den Bücherliebhaber schon 1688 (L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt).
Buchstabe schwaches Mask. , mhd. buochstabe, woneben buochstap starkes Mask. , ahd. buohstab. ⇓ "S208" Im Altnordischen stafr ›Runenzeichen‹ (nach dem senkrechten Strich-Stab, den alle Runenzeichen haben), im Gegensatz dazu werden dann die lateinischen Schriftzeichen als Buchstabe bezeichnet, d. h. als ›im Buch verwendete Schriftzeichen‹; metonymisch ›Geschriebenes‹: Denn der Buchstaben tödtet / Aber der Geist machet lebendig (A180 Martin Luther, 2.Korinther 3,6);
buchstabieren hat Luther schon neben buchstaben (so auch noch A075 Johann Wolfgang von Goethe, Farbenlehre 2,263,16), mhd. buohstaben; durchgesetzt von den Sprachgesellschaften des 17. Jahrhunderts;
buchstäblich (1716; L345 Friedrich Karl Ludwig Weigand/ L345 Herman Hirt) ›wörtlich‹: eine buchstäbliche übersetzung (L059 DWb), abgeblaßt ›wahrhaftig‹: der mann, der… buchstäblich mit dem hunger kämpfte (Niebuhr; L059 DWb).
buchen"S106" kaufmannsprachlich ›in ein Buch eintragen‹, seit Anfang des 18. Jahrhunderts, wohl Lehnbildung nach engl. to book, niederländ. boeken, nach 1945 speziell ›Flug oder Schiffsplatz reservieren‹.
Bücherei 1658 Comenius, ⇓ "S124" Lehnübersetzung von niederländ. boekerij, dies Lehnübersetzung von Liberey < lat. libraria.
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