Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Bruder
ahd. / mhd. bruoder, indogermanisches Wort (altind. bhratar-, lat. frater, griech. phrator) wie "Vater", "Mutter", "Sohn", "Tochter", "Schwester", etymologisch unklar.1 ›männliches Geschwister‹ da sie auff dem Felde waren / erhub sich Kain wider seinen bruder Habel (A180 Martin Luther, 1.Mose 4,8), aus der Perspektive der jüngeren Geschwister großer Bruder, so auch im Englischen, danach bei G.Orwell (›1984‹) big brother; vom leiblichen Bruder unterschieden der "Milchbruder" (der von der gleichen Frau genährt wird), Stiefbruder (↑ "Stief-"); übertragen leise berührte der Himmel zuvor mit der silbernen Tropfe seinen Bruder den Strom (A131 Friedrich Hölderlin, Diotima; 1,210); literarisch der Schlaf ein Bruder des Todes (↑ "schlafen").
2 Von jeher bezeichnen sich die Mönche gegenseitig als Brüder (lat. fratres), und Bruder vor dem Namen wird dadurch zur Bezeichnung des Mönchsstandes (vgl. Bruder Martin A075 Johann Wolfgang von Goethe, Götz I, Klosterbruder); danach auch innerhalb anderer Genossenschaften, der Freimaurer, Geistlichen (Amtsbruder), ⇓ "S211" Studenten (Verbindungsbruder), Soldaten (Waffenbruder); noch im 19. Jahrhundert umgangssprachliche ⇓ "S011" Anrede unter jungen Leuten, die miteinander verkehren, auch in der Arbeiterbewegung (H.Bartholmes, L217 MuSpra 79, 11ff.); im 18. Jahrhundert auch respektvoll Herr Bruder, so häufig im Trinklied, mit Trinkriten verbunden Übergang zum "Duzbruder" (↑ "Schmollis"); ferner Saufbruder, ein lustiger Bruder. Biblisch ist die Auffassung, daß alle Menschen untereinander Brüder sind: Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern (A222 Friedrich Schiller, Tell 2,2); daher werden die Herrnhuter, die mit diesem Grundsatz Ernst zu machen versuchen, als Brüdergemeine, Brüdergemeinde bezeichnet; dazu
⊚ unter Brüdern, z. B. das ist unter Brüdern drei Mark wert. Ironisch-abwertend ›Kerl‹, ›Ganove‹, meist pluralisch: Die Brüder kennt man doch. Erst große Töne, dann fertig (A296 Carl Zuckmayer, General 573). ↑ "Gebrüder". Zum Wortfeld ↑ "Verwandtschaft".
brüderlich (ahd. ) ›nach Art eines guten Bruders‹ brüderlich teilen;
Brüderlichkeit ›brüderliche Gesinnung‹, Lavater 1776, ⇓ "S122" Lehnbildung nach franz. fraternité, engl. fraternity, politisch besetzt durch die (Revolutions-)Formel Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (L086 GG1,552ff.).
Bruderschaft (ahd. ) zunächst für geistliche Vereinigungen, frühneuhochdeutsch dann auch für Gesellenverbände u.ä.; daneben umgelautetes Brüderschaft, erst neuhochdeutsch in der Bedeutung unterschieden als ›brüderliches, freundschaftliches Verhältnis‹, aber auch jetzt noch Bruderschaft/ Brüderschaft trinken.
verbrüdern reflexiv, ⇓ "S125" Lehnübertragung von fraternisieren, 17. Jahrhundert, mit Verbrüderung.
2 Von jeher bezeichnen sich die Mönche gegenseitig als Brüder (lat. fratres), und Bruder vor dem Namen wird dadurch zur Bezeichnung des Mönchsstandes (vgl. Bruder Martin A075 Johann Wolfgang von Goethe, Götz I, Klosterbruder); danach auch innerhalb anderer Genossenschaften, der Freimaurer, Geistlichen (Amtsbruder), ⇓ "S211" Studenten (Verbindungsbruder), Soldaten (Waffenbruder); noch im 19. Jahrhundert umgangssprachliche ⇓ "S011" Anrede unter jungen Leuten, die miteinander verkehren, auch in der Arbeiterbewegung (H.Bartholmes, L217 MuSpra 79, 11ff.); im 18. Jahrhundert auch respektvoll Herr Bruder, so häufig im Trinklied, mit Trinkriten verbunden Übergang zum "Duzbruder" (↑ "Schmollis"); ferner Saufbruder, ein lustiger Bruder. Biblisch ist die Auffassung, daß alle Menschen untereinander Brüder sind: Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern (A222 Friedrich Schiller, Tell 2,2); daher werden die Herrnhuter, die mit diesem Grundsatz Ernst zu machen versuchen, als Brüdergemeine, Brüdergemeinde bezeichnet; dazu
⊚ unter Brüdern, z. B. das ist unter Brüdern drei Mark wert. Ironisch-abwertend ›Kerl‹, ›Ganove‹, meist pluralisch: Die Brüder kennt man doch. Erst große Töne, dann fertig (A296 Carl Zuckmayer, General 573). ↑ "Gebrüder". Zum Wortfeld ↑ "Verwandtschaft".
brüderlich (ahd. ) ›nach Art eines guten Bruders‹ brüderlich teilen;
Brüderlichkeit ›brüderliche Gesinnung‹, Lavater 1776, ⇓ "S122" Lehnbildung nach franz. fraternité, engl. fraternity, politisch besetzt durch die (Revolutions-)Formel Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit (L086 GG1,552ff.).
Bruderschaft (ahd. ) zunächst für geistliche Vereinigungen, frühneuhochdeutsch dann auch für Gesellenverbände u.ä.; daneben umgelautetes Brüderschaft, erst neuhochdeutsch in der Bedeutung unterschieden als ›brüderliches, freundschaftliches Verhältnis‹, aber auch jetzt noch Bruderschaft/ Brüderschaft trinken.
verbrüdern reflexiv, ⇓ "S125" Lehnübertragung von fraternisieren, 17. Jahrhundert, mit Verbrüderung.