Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
brauchen
ahd. bruhhan, mhd. bruchen, altgermanisch, verwandt mit lat. fruor; ⇓ "S076" regiert ursprünglich den Genitiv, der noch im 18. Jahrhundert ganz üblich ist: wenn wir sein jetzt brauchten in der Not (A222 Friedrich Schiller, Tell 4,1); ebenso "gebrauchen": gebraucht der Zeit (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,1908); daneben frühzeitig der Akkusativ.1 Ursprünglich ›sich einer Sache bedienen, sie benutzen‹, wofür brauchen und gebrauchen gleichermaßen verwendet werden. Frühneuhochdeutsch sich einer Sache brauchen ›sich bedienen‹, ebenso sich gebrauchen, welches sich etwas länger gehalten hat: er gebrauchte sich seiner Hände sparsamer (Lessing), sich der Logik als eines Organons zu gebrauchen (I.Kant).
2 Die Bedeutung ›nötig haben‹, die nur das einfache Wort angenommen hat, ist erst im 17. Jahrhundert ausgebildet, und zwar zuerst in Sätzen mit negativem Sinn: ich brauche das nicht ist eigentlich ›ich kann etwas ausführen, ohne das zu benutzen‹; noch jetzt überwiegend auf Sätze mit negativem Sinn beschränkt ist es in der Konstruktion mit zuund Infinitiv: ich brauche nicht zu kommen, brauchst du denn das zu tun? (ungewöhnlich es ist entsetzlich, daß ich dir zu sagen brauche: er ist unschuldig A075 Johann Wolfgang von Goethe, Götz 5,10). In dieser Verwendung ist brauchen seit dem 19. Jahrhundert an die Stelle von ↑ "dürfen" getreten. Umgekehrt der Infinitiv ohne zubei verneintem brauchen, so 1834 bei Rückert: wandern braucht ihr nicht. Daneben gilt unpersönliche Konstruktion, bei welcher der Genitiv neben dem Akkusativ auch jetzt noch üblich ist: es braucht keines Beweises. Ungewöhnlich ist die unpersönliche Konstruktion mit daß-Satz: es braucht nur noch, daß gar Klotilde zum Wirrwarr stößt (Jean Paul); oder mit zu und Infinitiv: nun braucht's nicht mehr zu betrügen (Grillparzer). Selten gebrauchen ›nötig haben‹; die unpersönliche Konstruktion bei H. v.Kleist: einen Schritt gebraucht's. Zur Entwicklung von brauchen zum Modalverb B.Lenz, PBB(T) 118 (1996),393ff. ⇑ "gebrauchen", "mißbrauchen". Als fachsprachliches Präfixoid erscheint brauchen in Brauchvieh (Pestalozzi; L059 DWb);
Brauchwasser »in der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion« (L337 WdG).
Brauch ahd. bruh, mhd. bruch;
1 bis ins 18. Jahrhundert ›das Brauchen‹ seine Wort und Werke merkt' ich und den Brauch(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Der Zauberlehrling, dafür jetzt "Gebrauch";
2 seit dem 16. Jahrhundert ›Sitte, Tradition‹: unser brauch und weise in unsern kirchen (Luther; L059 DWb), wohl zunächst in Verbindungen wie im Brauch sein ›gebraucht werden‹, ›üblich sein‹ entstanden; entsprechend das heute veraltete bräuchlich: bei Luther ›brauchbar, nützlich‹, dann ›üblich‹.
Brauchtum ›Gesamtheit der Sitten und Gebräuche‹ (Anfang des 20. Jahrhunderts).
2 Die Bedeutung ›nötig haben‹, die nur das einfache Wort angenommen hat, ist erst im 17. Jahrhundert ausgebildet, und zwar zuerst in Sätzen mit negativem Sinn: ich brauche das nicht ist eigentlich ›ich kann etwas ausführen, ohne das zu benutzen‹; noch jetzt überwiegend auf Sätze mit negativem Sinn beschränkt ist es in der Konstruktion mit zuund Infinitiv: ich brauche nicht zu kommen, brauchst du denn das zu tun? (ungewöhnlich es ist entsetzlich, daß ich dir zu sagen brauche: er ist unschuldig A075 Johann Wolfgang von Goethe, Götz 5,10). In dieser Verwendung ist brauchen seit dem 19. Jahrhundert an die Stelle von ↑ "dürfen" getreten. Umgekehrt der Infinitiv ohne zubei verneintem brauchen, so 1834 bei Rückert: wandern braucht ihr nicht. Daneben gilt unpersönliche Konstruktion, bei welcher der Genitiv neben dem Akkusativ auch jetzt noch üblich ist: es braucht keines Beweises. Ungewöhnlich ist die unpersönliche Konstruktion mit daß-Satz: es braucht nur noch, daß gar Klotilde zum Wirrwarr stößt (Jean Paul); oder mit zu und Infinitiv: nun braucht's nicht mehr zu betrügen (Grillparzer). Selten gebrauchen ›nötig haben‹; die unpersönliche Konstruktion bei H. v.Kleist: einen Schritt gebraucht's. Zur Entwicklung von brauchen zum Modalverb B.Lenz, PBB(T) 118 (1996),393ff. ⇑ "gebrauchen", "mißbrauchen". Als fachsprachliches Präfixoid erscheint brauchen in Brauchvieh (Pestalozzi; L059 DWb);
Brauchwasser »in der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion« (L337 WdG).
Brauch ahd. bruh, mhd. bruch;
1 bis ins 18. Jahrhundert ›das Brauchen‹ seine Wort und Werke merkt' ich und den Brauch(A075 Johann Wolfgang von Goethe, Der Zauberlehrling, dafür jetzt "Gebrauch";
2 seit dem 16. Jahrhundert ›Sitte, Tradition‹: unser brauch und weise in unsern kirchen (Luther; L059 DWb), wohl zunächst in Verbindungen wie im Brauch sein ›gebraucht werden‹, ›üblich sein‹ entstanden; entsprechend das heute veraltete bräuchlich: bei Luther ›brauchbar, nützlich‹, dann ›üblich‹.
Brauchtum ›Gesamtheit der Sitten und Gebräuche‹ (Anfang des 20. Jahrhunderts).