Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Bock
ahd. / mhd. boc. Ursprünglich1Männchen der Ziege‹, dann auch für die Männchen verschiedener anderer Gattungen: Er stinkt wie ein Bock, und er rammelt wie ein Bock (G.Haefs, Hannibal [1989] 28). Nach der Hornform, der Steifbeinigkeit oder nach dem Gebrauch zum Stoßen auf vielerlei Geräte übertragen: als Gestell (15. Jahrhundert), vgl. Sägebock, das Motorrad aufbocken, als Belagerungsgerät (16. Jahrhundert), ↑ "Rammbock", als Kutschersitz (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741), ↑ "Kutschbock", als Turngerät für Sprünge (19. Jahrhundert).
den Bock zum Gärtner machenden Ungeeignetesten mit einer Aufgabe betrauen‹ (16. Jahrhundert; L258 Lutz Röhrich).
2Fehler‹, so in
einen Bock schießen, vielleicht nach dem Bock als Trostpreis für den schlechtesten Schützen (so in Lenzkirch 1479; L164 Friedrich Kluge), in der Sprache der Schützengilden seit dem 16. Jahrhundert.
3"S105" Jugendsprachlich seit ca. 1970 (L179 Heinz Küpper, 1987) ›Lust, innerer Antrieb‹ < ⇓ "S182" rotwelsch BockHunger‹ (S.A.L348 Siegmund A. Wolf 1956), vielfach negiert
Null Bock! (L106 Helmut Henne, Jugend 190); Null-Bock-Generation zu Beginn der achtziger Jahre ⇓ "S192" Schlagwort für die politisch und sozial desinteressierte Jugend.
bocken zuerst von Pferden ›den Reiter abzuwerfen suchen, widerstreben‹ (1838/ 39 Immermann; L296 Keith Spalding); umgangssprachlich übertragen auch auf Motorfahrzeuge (1906; L296 Keith Spalding) und Menschen bezogen, wohl beeinflußt von bockbeinigstörrisch‹ (18. Jahrhundert).
Bocksbeutel
1 eine Flaschenart, wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem Hodensack eines Bockes so benannt (L059 DWb1860 Bocksbeutelchen); metonymisch für den darin abgefüllten Frankenwein, ursprünglich nur für den Würzburger Steinwein.
2zähes Festhalten an einem (veralteten) BrauchEs gibt freilich einen Bocksbeutel, einen Zwang und eine Steifigkeit im Umgange, die in vorigen Zeiten in Deutschland herrschend waren (A163 Adolf Freiherr von Knigge, 3Umgang 321); was wir sonst als Philisterei, Bocksbeutel, Schlendrian und alberne Stockung zu verachten pflegen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, 42.1,98,27). Wohl von Hamburg ausgegangen (L253 Michael Richey 1755; L360 ZDW3,136f.): Aus der niederdeutschen Schreibung booksbüdel in einem ⇓ "S083" Hamburger Hochzeitsgedicht von 1640 (und dem Titel Bookesbeutel bei H.Borckenstein 1742) wird wahrscheinlich, daß ursprünglich ein Buch-Beutel, d. h. ein Beutel zur Aufbewahrung des Gesangbuchs u. a., gemeint ist, wie ihn Hamburgerinnen als Anhängsel trugen (so auch auf einer früheren Statue an der Hamburger Petrikirche; L164 Friedrich Kluge), der dann zum Sinnbild bornierten Traditionalismus wurde (vgl. alter "Zopf")
Bockshorn
ins Bockshorn jageneinschüchtern‹, älter ›in die Enge treiben‹, auch ins Bockshorn treiben/ stoßen/ zwingen, (1494 Brant; L296 Keith Spalding), Luther hat nur jagen. ⇓ "S063" Der Ursprung der Wendung ist dunkel, vielleicht zu dem beim Haberfeldtreiben gebrauchten Bocksfell als umgedeutetes (nicht belegtes) bockes hamoBockshemd, Bocksfell‹, in das der zu Treibende, zu Bestrafende gesteckt wurde (L164 Friedrich Kluge); weitere acht Erklärungsversuche bei L258 Lutz Röhrich. Zur Beliebtheit der Redensart haben mancherlei Vorstellungen beigetragen, so die vom Teufel mit Bockshörnern, vielleicht auch der Schofar (von Luther und Zwingli in der Bibel stets mit Posaune übersetzt), ein aus einem Bockshorn gefertigtes kultisches Instrument, das in der jüdischen Tradition geblasen wurde, um den Satan fernzuhalten, allgemein um Angst zu verbreiten (Amos 3,6), sowie bei Exkommunikationen (vgl. Encyclopedeia Judaica s. v. shofar und A118 Heinrich Heine, Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland, 8,169,21f.).
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Ansicht: Bock