Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Betrieb
(L003 Johann Christoph Adelung 1774)1 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts nur ⇓ "S153" Nomen actionis von ↑ "betreiben": der Betrieb des Bergwerks, der Eisenbahn, der Geschäfte; in den Formeln in Betrieb setzen/ sein/ nehmen, außer Betrieb (vgl. L337 WdG),
2 daher seit etwa 1900 umgangssprachlich ›lebhaftes Treiben‹: da ist Betrieb, da ist was los; zugleich
3 metonymisch für die Arbeitsstätte: Ein Betrieb ist also z. B. eine Fabrik, die Werkstätte des Handwerkers, der Laden des Kaufmannes (R.Liefmann, Über Wesen und Formen des Verlags, 1899,62); dann weiter auch als organische Wirtschaftseinheit gefaßt: Betrieb ist vielmehr ein lebendiger Organismus, innerhalb dessen Arbeitgeber und Arbeiter zu einer Produktionsgemeinschaft zusammengeschlossen sind (Reichsgerichtsentscheid 16.2.1926); umgangssprachlich verächtlich auf bestimmte Verhältnisse bezogen: Hol doch der Teufel diesen ganzen Betrieb! (Tucholsky; L337 WdG);
betriebsblind"S149" »Neuprägung« (L337 WdG), übertragen zum Ausdruck eingeschränkter Sichtweise aufgrund fehlender Anregung von außen;
Betriebsklima"S149" »Neuprägung« (L337 WdG) ›Verhältnis zwischen Mitarbeitern und Leitung eines Betriebs‹;
Betriebsrat L344 Wessely-Schmidt (1924) mit Verweis auf Arbeiterrat »seit der Revolution: politische Vertretung der arbeitenden Klasse des Volkes«: die Arbeiter unterstellten, hier habe zwischen Betriebsleitung und Betriebsrat eine Kumpanei stattgefunden (M.v.d.A092 Max von der Grün, Klassengespräche 111);
betriebsam (L003 Johann Christoph Adelung 1774) vor dem 1.Weltkrieg noch positiv ›arbeitsam‹, ⇓ "S031" jetzt auch abwertend ›übereifrig‹, entsprechend Betriebsamkeit.
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