Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Beruf
zu berufen (s. unten), mhd. beruofLeumund‹; zunächst Tätigkeitsbezeichnung1Berufung‹: die ihr mit berufen seid durch den himmlischen Beruf (A180 Martin Luther) (griech. klesis, lat. vocatio; vgl. K.Holl, in: Sitzungsberichte der preußischen Akademie 1924, XXIXff.). Nach 1.Korinther 7,20 – Ein jglicher bleibe in dem ruff, darinnen er beruffen ist – betonten die Mystiker und dann auch Luther die göttliche Berufung auch zu weltlichem Amt, so daß entsprechend hierfür auch BerufBerufung‹ gesagt werden konnte (Meister Eckhart: wan alle liute sint mit nihte in einen wec ze gote geruofen, als Sant Paulus spricht, 1,561,34). Daß die moderne Abblassung zu ›Tätigkeit‹ bis zum Anfang des 19.Jahrhunderts noch nicht eingetreten ist, sich aber schon anbahnte, zeigt Klopstock (Messias) wie kurz war Überwinder dein Lauf von deinem Beruf zu dem Himmel (später geändert: deiner Berufung zum Himmel), zeigt A075 Johann Wolfgang von Goethes Umschreibung des modernen Berufs: die Stände, die Berufsbestimmungen, der Adel und der dritte Stand, der Soldat und der Civilist (Wahlverwandtschaften 20,50,19). Der alte Sinn noch in Wendungen wie keinen Beruf dazu spüren und im religiösen Bereich: Ordensberuf, Priesterberuf. Seit dem 19. Jahrhundert abgeblaßt
2Tätigkeit, mit der man seinen Lebensunterhalt verdient‹, so deutlich A075 Johann Wolfgang von Goethe: Jäger, Pferdebändiger, Gärtner, Förster und andere, denen man nicht gleich ihren Beruf (geändert aus Beschäftigung) ansehen konnte (Wanderjahre 24,103,2); Ich versuchte mich in den verschiedensten Berufen (Böll; L097 GWb). L086 GG1,490ff.
Berufssprache späte Bildung (A.Waag, Bedeutungsentwicklung unseres Wortschatzes, 1901,25): Nur wenige Berufssprachen haben bisher eingehende Bearbeitung gefunden (1913 A.Schirmer, in: L096 GRM5,13); noch H.Hirt (Etymologie der neuhochdeutschen Sprache 1909,262) formuliert: Die Sprache der einzelnen Berufe und grenzt diese von Standessprachen, Sprachen der Geschlechter und Sprachen der Altersklassen ab (vgl. L115 Helmut Henne/ L115 Georg Objartel 1,2f.).
berufen ahd. bihruofen, mhd. beruofen; zunächst
1zusammenrufen‹: seine Angehörigen, eine Versammlung berufen, jmdn. zu einem Amt berufen, dazu berufen Adjektiv ›befugt, befähigt‹ (Luther), häufig in der festen Wendung aus berufenem Mund (L337 WdG), daneben
2 sich auf (mhd. an) jmdn. berufen, ursprünglich Rechtsausdruck ›appellieren‹: ich berufe mich auf den Kaiser(Luther), jetzt abgeblaßt ›zur Stütze einer Behauptung auf jmdn. oder eine Sache verweisen‹;
3 jmdn. berufenviel von ihm reden‹ mit adjektivisch berufen, mhd. bis ins 19. Jahrhundert ›berühmteine glänzende und berufene Schönheit (Arndt), aber auch ›berüchtigt‹: einen berufnen Gefangenen (Klopstock);
4 »mit Worten bezaubern« (L004 Johann Christoph Adelung), wie "beschreien", so z. B. ich will es nicht berufenich will nicht darüber sprechen, um nicht einen verhängnisvollen Einfluß auszuüben‹, als Ausruf unberufen!, vielfach mit dem Zusatz {{link}}toi,toi,toi{{/link}}!,dem das Berufene vorausgeht oder nachfolgt; so auch etwas unberufen lassen.
Berufung mhd. beruofunge, zu Beruf und berufen(1): durch berufung der stimm gott(es)(15. Jahrhundert; L059 DWb), zu berufen(2) ⇓ "S181" rechtssprachlich: Berufung einlegen, allgemeiner ›Verweis als Stützung einer AussageBerufung auf menschliche oder göttliche Gerechtigkeit (Th.Mann; L337 WdG).
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