Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
beide
ahd. , alte Nebenform bede, gotisch bai þai ›beide die‹; bai ist verwandt mit dem 2. Bestandteil von griech. ámpho, lat. ambo; bai faßt zwei, die als einzelne schon bekannt sind, als Gesamtheit. Wie alle (↑ "all") wurde beide zunächst als prädikatives Attribut verwendet: die Brüder sind beide Bäcker, ich habe sie beide gesehen, unser beider Leid. Daher noch bei Lessing beide diese [wie alle diese] Wesen, von beiden diesen Punkten; doch jetzt immer diese beiden Leute, seine beiden Ohren (schon bei Luther) und neben beide Gegner (wie alle Gegner) auch die beiden Gegner, so daß es wie ein normales Adjektiv verwendet wird; auf paarige Körperteile bezogen: auff seinen beiden schultern (A180 Martin Luther, 2.Mose 28,12), mit beiden Händen, auf beiden Augen blind sein übertragen ›etwas Offenkundiges nicht erkennen‹ (L004 Johann Christoph Adelung); umgangssprachlich substantivisch wir/ ihr zwei Beide (19. Jahrhundert, vgl. L264 Daniel Sanders). Was durch beide pluralisch ausgedrückt wird, konnte mittelhochdeutsch durch ieweder, iedeweder (↑ "jeder", jedweder) singularisch ausgedrückt werden, die sich also zu beideverhielten, wie jetzt jeder zu alle. Dieses Verhältnis hatte zur Folge, daß auch Singularformen zu beide gebildet wurden (vgl. den entsprechenden Vorgang bei "all". Im 16./ 17. Jahrhundert sagte man beides Ufer, beide Hand u.dgl.; noch bei Lessing auf beide Weise; als isolierter Rest ist geblieben beiderseits mit sekundärem s, früher beiderseit (mhd. ze beider sit), beiderlei. In allgemeinem Gebrauch ist geblieben das substantivierte Neutrum beides (wie alles), auf Eigenschaften und Vorgänge bezogen: Karl ist scharfsinnig, Fritz gemütvoll, ihr Vater war beides; was Max und Joseph behaupten, ist beides falsch; früher auch auf konkrete Dinge bezogen: lasset beides miteinander wachsen (Luther), mancherlei Gewicht und Maß ist beides Greuel dem Herrn (Luther); mittelhochdeutsch bis frühneuhochdeutsch beideundsowohlals auch‹, zunächst in Fällen wie beide der Vater und der sun, von da aus auf andere übertragen, in denen beideeigentlich nicht paßt, vgl. bei Luther und verlachet beide Roß und Mann, beide wir und du und unsere Kindlein; dafür in neuerer Sprache beides – und: beides des Schlafes und des Todes(Lessing), beides dem Oberhaupt und den Gliedern (Goethe), beides in weiterem und näherem Kreise (Goethe), so auch noch teilweise in neueren Bibelausgaben: beides an Menschen und Vieh, beides oben im Himmel und unten auf Erden (bei Luther beide).
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