Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Aura
vereinzelt 1624 bei Opitz (L082 2FWb), seit dem 18. Jahrhundert häufiger; < griech.-lat. auraund entsprechend ⇓ "S026" zunächst1 ›Luftzug, Hauch, Dunst‹: Möge Ihnen die Aura die Ihnen daraus[aus dem Gedicht] entgegenwehet angenehm und erquicklich seyn (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Briefe 12,186,10); häufig in lateinischen Ausdrücken wie aura vitalis ›Lebenshauch‹ (L361 Johann Heinrich Zedler) oder aura popularis ›(unbeständige) Volksgunst‹ (Wieland).
2 Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ⇓ "S037" bildungssprachlich ›(geheimnisvolle) Ausstrahlung, Fluidum, Atmosphäre‹ undefinierbare Aura von Genialität (1927 Friedell; L082 2FWb); eine Aura esoterischen Ruhms sich um den Namen meines Freundes zu breiten begann (Th.Mann, Faustus; L082 2FWb); diese Umdeutung geschieht im Gefolge religiöser Vorstellungen von der Emanation einer geistigen Substanz (Nimbus, Aureole), auch spiritistischer Auffassungen, z. B. versuchte der französische Psychiater H.Baraduc im 19. Jahrhundert die Aura von Personen fotografisch sichtbar zu machen, vgl. noch H.M.Enzensberger: auf braunen daguerrotypien / ich seh dein gesicht / in der schlohweißen aura (›karl heinrich marx‹, in: blindenschrift, 1964); entsprechend franz. aura (1923 Proust; L251 Alain Rey). Für die Kunsttheorie hat ⇓ "S032" A009 Walter Benjamin den Begriff fruchtbar gemacht (seit ca. 1930): was im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks verkümmert, das ist seine Aura … Die Reproduktionstechnik … löst das Reproduzierte aus dem Bereich der Tradition ab (Gesammelte Schriften 477); dies gilt medienkritisch besonders für den Film (Vgl. L257 3RL1,166f.; L009 Ästhetische Grundbegriffe, 1,400ff). Im L056 Duden (111934) anfangs nur als ⇓ "S132" medizinischer Begriff ›Unbehagen vor epileptischem Anfall‹ (vgl. aura epileptica seit Anfang des 19. Jahrhunderts). ⇓ "S149" Neue Bildung
auratisch (1985; L082 2FWb) ›Aura(2) habend‹ seltsam, wie das Technische, das Nicht-Auratische schlechthin, im Lauf der Zeit doch Aura ansetzt, ja zweite Natur werden kann (A189 Klaus Modick, Weg 209).
vereinzelt 1624 bei Opitz (L082 2FWb), seit dem 18. Jahrhundert häufiger; < griech.-lat. auraund entsprechend ⇓ "S026" zunächst1 ›Luftzug, Hauch, Dunst‹: Möge Ihnen die Aura die Ihnen daraus[aus dem Gedicht] entgegenwehet angenehm und erquicklich seyn (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Briefe 12,186,10); häufig in lateinischen Ausdrücken wie aura vitalis ›Lebenshauch‹ (L361 Johann Heinrich Zedler) oder aura popularis ›(unbeständige) Volksgunst‹ (Wieland).
2 Seit Anfang des 20. Jahrhunderts ⇓ "S037" bildungssprachlich ›(geheimnisvolle) Ausstrahlung, Fluidum, Atmosphäre‹ undefinierbare Aura von Genialität (1927 Friedell; L082 2FWb); eine Aura esoterischen Ruhms sich um den Namen meines Freundes zu breiten begann (Th.Mann, Faustus; L082 2FWb); diese Umdeutung geschieht im Gefolge religiöser Vorstellungen von der Emanation einer geistigen Substanz (Nimbus, Aureole), auch spiritistischer Auffassungen, z. B. versuchte der französische Psychiater H.Baraduc im 19. Jahrhundert die Aura von Personen fotografisch sichtbar zu machen, vgl. noch H.M.Enzensberger: auf braunen daguerrotypien / ich seh dein gesicht / in der schlohweißen aura (›karl heinrich marx‹, in: blindenschrift, 1964); entsprechend franz. aura (1923 Proust; L251 Alain Rey). Für die Kunsttheorie hat ⇓ "S032" A009 Walter Benjamin den Begriff fruchtbar gemacht (seit ca. 1930): was im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit des Kunstwerks verkümmert, das ist seine Aura … Die Reproduktionstechnik … löst das Reproduzierte aus dem Bereich der Tradition ab (Gesammelte Schriften 477); dies gilt medienkritisch besonders für den Film (Vgl. L257 3RL1,166f.; L009 Ästhetische Grundbegriffe, 1,400ff). Im L056 Duden (111934) anfangs nur als ⇓ "S132" medizinischer Begriff ›Unbehagen vor epileptischem Anfall‹ (vgl. aura epileptica seit Anfang des 19. Jahrhunderts). ⇓ "S149" Neue Bildung
auratisch (1985; L082 2FWb) ›Aura(2) habend‹ seltsam, wie das Technische, das Nicht-Auratische schlechthin, im Lauf der Zeit doch Aura ansetzt, ja zweite Natur werden kann (A189 Klaus Modick, Weg 209).