Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
auch
ahd. ouh, mhd. ouch, gemeingermanische Konjunktion (engl. eke), wohl doppelten Ursprungs: in den meisten Fällen (im hinzufügenden Sinn wie im heutigen auch) Imperativ zu einem altgermanischen Verb got. aukan›vermehren‹ (lat. augere), im begründenden und entgegensetzenden Sinn (wie in gotisch auk ›denn‹ und ahd. ouhaber‹) zu indogerm. au, griech. au ›wieder, hingegen‹ (L175 Friedrich Kluge/ L175 Elmar Seebold);1 Konjunktion, mit variabler Satzstellung, dabei jeweils auf einen bestimmten Satzteil bezogen (zumeist vor dem Bezugsglied) ›in bezug auf einen Gegenstand (Eigenschaft, Vorgang) wird etwas bereits zuvor von einem anderen Gegenstand (Eigenschaft, Vorgang) Ausgesagtes ausgesagt‹, ›ebenfallsGsiehst du es auch? (L200 Josua Maaler 1561); Auch ich / bin ein Mensch (L308 Kaspar Stieler 1691); Reichtum und Ehre, auch Vergnügen, alles ist eitel (L004 Johann Christoph Adelung); Seitdem ich sie traurig gesehen habe, habe ich große Lust es auch zu seyn (Gellert; L004 Johann Christoph Adelung); Sie haben mir ja gemeldet, daß auch sie eine erfreuliche Nachricht erhalten hätten (Gellert; L004 Johann Christoph Adelung); Auch bei Tage bekam er diese Zufälle (A029 Georg Büchner, Lenz 99); Es sind ja auch Menschen (H.A182 Heinrich Mann, Untertan 60); Auch mir ist ein geistreicher Kranker lieber als ein schwindsüchtiger Dummkopf (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 139), gelegentlich bleibt der Bezugsgegenstand auch unausgedrückt: »Mein Bruder ist auch ganz begeistert von Ihnen« gestand sie atemlos. (›auch‹?) (A.A226 Arno Schmidt, Trommler 75); häufig in Aufzählungen in elliptischer Weise dazu verwendet, ein Satzglied (respektive einen Nebensatz) an ein anderes anzuknüpfen, ohne das übereinstimmend in bezug auf beide Ausgesagte zu wiederholen: Felix [Mendelssohn] trug bedeutende Stücke, ältere, neuere, auch von ihm selbst componirte, vor (L092 GoeWb); bei der Anknüpfung mit auch kann auch ein weiterer Satzteil ausgelassen werden: er schenkte dem einen nur Kleidung, dem andern auch etwas Geld; ich bin heute nur morgens spazieren gegangen, gestern auch am Nachmittag; oft verbunden mit einer Adversativpartikel: Ich liebe das Geld, aber auch die Ehre (L004 Johann Christoph Adelung), oder auch mit oder bzw. und: einsam oder auch selbander (Goethe; L059 DWb); Sie alle, und auch ich, sollen hinkommen (L033 Joachim Heinrich Campe), für und auch poetisch gelegentlich auch auch und: entnervend beide, kriegers auch und bürgers kraft (Goethe; L059 DWb); dazu nicht nur .., sondern auch (älter: allein .., auch): Die Rauber haben ihn nicht nur [L004 Johann Christoph Adelung hat im selben Beispiel noch allein] geplundert, sondern auch verwundet (L033 Joachim Heinrich Campe); sowohl.., als auch: Er wurde sowohl geehret, als auch zu den vornehmsten Bedienungen befördert (L004 Johann Christoph Adelung); wenn auch im Sinne von ›obgleich, wenngleich, zwar.., aber‹: Wirklich hatte Settembrini sich geäußert, wenn auch sehr knapp (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 273), beim vollständigen Nebensatz erscheint auch dabei hinter dem Subjekt: Daß du einen kleinen Knacks hast, nicht wahr, wenn er auch so gut wie kuriert ist, darüber machen wir uns alle nichts vor (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 262); dazu außerdem, als akzeptierende Antwort, auch gut (Lessing; L059 DWb) sowie was, wer, wann, warum, wie, wo … auch immer in der Bedeutung ›(es ist) gleichgültig, was, wer, wann, warum, wie, wo… ‹, ›unabhängig von der jeweiligen Person, Sache usw.‹: dasz, wo sie immer irgend auch des weges sich / begegnen, jede der gegnerin den rücken kehrt (Goethe; L059 DWb);
2 Konjunktion, (mit Inversion) einen Hauptsatz einleitend, ›darüber hinaus, ferner, außerdem‹: das Lumpige ohne Einfluss auf meinen Humor. Auch war das Wetter besonders herrlich (L092 GoeWb); er liebte ihn herzlich. Auch war es allen nothwendig, daß er da war (A029 Georg Büchner, Lenz 86); satzeinleitend kann auch den es enthaltenden Satz als natürliche Konsequenz aus dem darstellen, was im Vorgängersatz gesagt wurde: in den schwedischen Kriegsgesetzen war die Mäßigkeit befohlen, auch erblickte man in dem schwedischen Lager weder Silber noch Gold(Schiller);
3 Adverb ›selbst, sogar‹: Auch sein Vergehen ist noch ein Verdienst (Gellert; L004 Johann Christoph Adelung); Ja, wie sie sehen, auch an meinem Geburtstage kann ich nicht ohne Arbeit seyn (Gellert; L004 Johann Christoph Adelung); verbunden mit nichtnicht einmal‹, ›im Gegensatz zu dem, was zu erwarten war, nicht mehr als null‹: auch nicht einen heller von dem gelde wirst du wieder kriegen (L059 DWb);
4"S209" Sprechhandlungspartikel, als Antwort ›Sprecher gibt zu verstehen, daß der in Frage stehende Inhalt nur teilweise zutrifft, da es noch einen weiteren Aspekt gibt, der zu beachten ist‹: Bin ich heraufgekommen, um dich zu besuchen? Auch; aber in erster Linie doch schließlich, um mich zu erholen (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 261);
5 (veraltet) bei Titulaturreihen zur Kennzeichnung des Rang- oder Standesunterschieds, besonders in der Kanzleisprache: Ehrsame, auch Würdige, Liebe, Andächtige und Besondere, auch gute Freunde(L004 Johann Christoph Adelung); Ew. Wohl auch Hochedelgebohrne Gestreng und Herrlichkeit habe die Ehre mit einer … ganz gehorsamsten Bitte geziemend anzugehen (L092 GoeWb); zur Vermeidung von Wiederholungen war es nach Adelung auch möglich, die Nachschrift eines Briefes statt mit Durchlauchtigster Herzog, Gnädigster Fürst und Herr einfach mit den Worten zu beginnen: Auch Gnädigster Fürst und Herr. Was immer wieder außerdem hinzukommt, mag als selbstverständlich oder erwartbar gedeutet worden sein, besonders in Kontexten wie: Die Philosophie stellt eben alles bloß hin, und erklärt und folgert nichts.Da alles offen daliegt, ist auch nichts zu erklären. Denn, was etwa verborgen ist, interessiert uns nicht (A282 Ludwig Wittgenstein, PU §126), in denen auch auch heute noch doppelt ausdeutbar ist; daraus (wohl schon im 17. Jahrhundert) der Gebrauch als
6"S002" Abtönungspartikel mit dem allgemeinen Sinn der Erwartbarkeit aus der Sicht des Sprechers;
6.1 in Aussagesätzen ›Sprecher kennzeichnet den Inhalt des betreffenden Satzes als (nach aller bisherigen Erfahrung) erwartbar‹: So meine ichs auch (L308 Kaspar Stieler 1691); Wer alle ding will wissen / der wirt auch offt beschissen (L105 Georg Henisch 1616); »Das wollte ich ihm auch geraten haben«, bemerkte Jadassohn (H.A182 Heinrich Mann, Untertan 146); »..Man sollte den Priester nicht holen lassen, bevor einer ganz schwach ist.« »Sie war auch schwach«, erwiderte Joachim(Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 79); »Ich gehe ja nun auch«, sagte Hans Castorp (Th.A183 Thomas Mann, Zauberberg 96);
6.2 in Entscheidungsfragen ›Sprecher kennzeichnet die nahegelegte positive Antwort als erwartbar (möchte sich aber vergewissern)‹: Hört ich auch recht? (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Hermannsschlacht 2,10); Ist es denn auch gewiß, oder betrügen mich meine Augen? (Gellert; L004 Johann Christoph Adelung); Hast du mich auch wirklich noch lieb? (A004 Ingeborg Bachmann, Wildermuth 2,245);
6.3 in rhetorischen Fragen ›Sprecher kennzeichnet das Gegenteil des Frageinhalts als erwartbar‹: Je meinethalben / was haben wir auch sonsten vor? (A095 Andreas Gryphius, Horribilicribrifax 7,112); Und warum auch? (A060 Theodor Fontane, Schach; 1,577); Wer wird auch gleich den Muth verlieren? (L092 GoeWb); »Darf ich nicht mit?« »Nein, was denkst du auch!« (Hesse; L337 WdG).
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