Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
anstoßen
(ahd. )1 zu "stoßen"(1) ungewöhnlich: das muß anfeuern, bilden und auf die ganze Lebenszeit anstoßenanregen‹ (Herder); ohne Vorstellung des Gewaltsamen früher ein Stück Zeug anstoßenan ein anderes annähen‹, einen Tisch u.dgl. anstoßen, wofür jetzt anschieben; bei Jean Paul häufig ›anfügen‹, vgl. so wollt' ich noch ein letztes Kapitel anstoßen;
2 zu "stoßen"(2), wobei sich der Akkusativ auch als von anabhängig denken läßt: jmdn. (mit dem Ellenbogen, mit dem Fuß) anstoßen; den ersten, der ihn anstoßen möchte (Goethe); frühneuhochdeutsch eine Krankheit, dann auch ein Schlummer, ein Verdruß, ein Unheil stößt jmdn. an; ungewöhnlich mit reziprokem sich: wenn sich in den Gemälden Philipps und seines Sohns zwei höchst verschiedene Jahrhunderte anstoßen (›sich scharf berühren, hart aneinander grenzen‹) (Schiller);
3 zu "stoßen"(3) (reflexiv) frühneuhochdeutsch: wenn du läufst, daß du dich nicht anstößest (Luther); stieß sich das Schiff an (Luther);
4 zu "stoßen"(4) (intransitiv). Nicht eigentlich hierher gehört die Sitte beim Trinken (mit dem Glas) anstoßen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Geschichte Gottfriedens von Berlichingen, 39,11,14), denn dabei handelt es sich um eine absichtliche Handlung, und diese Verwendung beruht auf einem Weglassen des Objekts, daher auch das Perfekt er hat angestoßen. Hierher dagegen: an einen Stein anstoßen, inkorrekt du hast wo angestoßen (statt bist) (Goethe); mit der Zunge anstoßen (1464 mit anstossender zungen, wohl ›stammelnd‹; L072 Frühnhd.Wb.) heute ›lispeln‹ (J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741); Wahrheiten, wogegen eine Person von seiner Erziehung nicht anstoßen kann (Möser); doch stößt es gegen eins der Hauptgesetze unseres Theaters an (Goethe, Briefe); gegen (wider) die Klugheit, den Anstand usw. anstoßen; heute selten, üblicherweise "verstoßen";
5angrenzen‹ (mhd. ): stieß unmittelbar an eben diesen Sahl … ein kleines Boudoir an (Wieland; L109 Moriz Heyne); dazu noch Goethe AnstößerGrenznachbar‹.
Anstoß (ahd. )
1 zu anstoßen(1): jmdm. einen AnstoßAnregungzu etwas geben; in konkretem Sinn Anstoß des Balles beim ⇓ "S205" Fußballspiel (1905 amtl.; L062 DWG2,394), im Anstoßkreis (vgl. "Abstoß");
2 (veraltet) zu anstoßen(2) ›Anfall‹: daß er mit einem Anstoß von Gicht befallen wurde (Wieland); es ist nur ein Anstoß von Schwindel (Schiller); in einem Anstoß von Lebhaftigkeit (Schiller);
3 zu anstoßen(4) und zu (sich) "stoßen" an etwas: du sollst dem Blinden keinen Anstoß (›etwas, woran er sich stoßen kann‹) setzen (Luther); hebt die Anstöße aus den Wegen meines Volks (Luther). ⇓ "S036" Meist übertragen: mit deutlichem Bild Stein des Anstoßes (nach A180 Martin Luther, Jesaja 8,14 ein stein des anstossens / vnd ein Fels des ergernis; auch 1. Petrus 2,8); dann ›Ärgernis‹: Anstoß an etwas nehmen, Anstoß erregen. Konkret später selten: damit weder die Krone noch der Adler, noch die Genien [des kaiserlichen Wagens] Anstoß und Schaden nehmen möchten (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Dichtung und Wahrheit 26,305,189.
anstößig (1421 miteinander anstößigstreitendL046 DRWb), schon frühneuhochdeutsch ›Anstoß(3) erregend‹.
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