Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Anmut
frühneuhochdeutsch oft Mask. , ↑ "Mut". Vereinzelt 1338 zu anemute in unsicherer Bedeutung (L059 DWb), gebräuchlich ab 1500.1 ›Sinn nach etwas, Begierde, Lust‹ die frau sol sich anschicken nach seiner [des Mannes] anmut, weis und willen (J.Fischart; L059 DWb); so noch Hagedorn: Weinstock … Doris … mir zur Anmut wachsen beide (L059 DWb); so früher auch Anmutigkeit, vgl. A203 Martin Opitz: mit … lust und anmutigkeit gelesen(Poeterey 54);
2 unter Einfluß von anmutig(2) (s. unten) und durch Verschiebung auf die Ursache von (1) dann ›Grazie, Liebreiz‹, beginnend im 17. Jahrhundert (vgl. L308 Kaspar Stieler 1691 Anmut »amabilitas, venustas«; dagegen L284 Justus Georg Schottelius 1663,620 noch geringe Anmuht worzu haben), häufig bei den Anakreontikern, als eine Form des Schönen besonders in der Bewegung (unter Einfluß von engl. grace, franz. grâce), ⇓ "S032" theoretisch begründet in A222 Friedrich Schillers Abhandlung Über Anmut und Würde, vgl. die Definition Anmut ist die Schönheit der Gestalt unter dem Einfluß der Freiheit … Anmut kann nur der [willkürlichen, aber ungekünstelten] Bewegung zukommen; Zusatzbestimmung: Kraft erwart ich vom Mann… / Aber durch Anmut allein … herrsche das Weib (A222 Friedrich Schiller, Macht des Weibes); bei Wieland und besonders Goethe in vielfältigen Bezügen und Nuancierungen, auch der Natur, besonders Landschaft zugeschrieben. Zur Begriffsgeschichte vgl. weiter L139 HWbRhet 1,610ff.; L009 Ästhetische Grundbegriffe1,193ff.
anmutig (spätmhd.)
1 bis ins 17. Jahrhundert ›dem Willen gemäß, genehm‹,
2 seit ca. 1500 ›angenehm, lieblich, graziös‹, anfangs besonders von Geschmacksempfindungen, vgl. noch 1832 A075 Johann Wolfgang von Goethe Die anmuthigen Süßigkeiten sind glücklich angekommen (Briefe 49,230,15), dann allgemeiner und mit Einwirkung auf Anmut(2): Die Teutsche Sprache ist … in der Lieblichkeit anmuthiger als die Frantzösische (L284 Justus Georg Schottelius 1663,409), im 18. Jahrhundert ausgedehnt als (ästhetische) Qualifizierung von Personen (Äußeres, Verhalten): das Gefallen an sich selbst, das Verlangen, dieses Selbstgefühl andern mitzutheilen, macht gefällig, das Gefühl eigner Anmuth macht anmuthig (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften 24,273,4), auch von Natur, Kunst, Musik (vgl. L092 GoeWb), inzwischen wieder enger und gewöhnlich auf Bewegung, äußere (weibliche) Erscheinung bezogen. Ungewöhnlich ›unternehmungslustig‹ bei A.Stifter: die milde Sonne tat ihm … so wohl, daß er sich äußerst anmutig fühlte. Im Gegensatz zu den anderen Adjektiven auf -mütig verlor anmutig im 17. Jahrhundert den Umlaut.
anmuten (mhd. )
1 ›zumuten‹, vgl. "ansinnen", bis ins 19. Jahrhundert: zweitens wird man auch das nicht dem Herrn von Gerstenberg anmuten (Lessing); befreiten Personen dergleichen anzumuten (Möser); er könne seiner Frau nicht anmuten bei der Erzählung zugegen zu sein (Tieck); etwas anders wer mir mehr als dies anmuten will(›sagen will, daß ich mehr behauptet habe‹) (Herder);
2 etwas mutet mich an ›gefällt mir, spricht mir zum Herzen‹, durch Wieland und Goethe üblich geworden, noch Fontane (L337 WdG);
3 heute schriftsprachlich ›vorkommen, berühren (meist: fremd, seltsam)‹ Das merkwürdige Tun des Vorsitzenden mutet an wie ein Spiel (A257 Erwin Strittmatter, Bienkopp 211).
Anmutung (1302; L060 2DWb)
1 zu anmuten(1) noch bei Goethe und Schiller, vgl. Ich habe unzählige Anmuthungen dieser Art … ich lehne aber alles ab (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Briefe 28,245,14), so heute noch ⇓ "S195" schweizerisch (L097 GWb);
2 ›Zuneigung‹ entsprechend anmuten(2), vgl. eine große Anmutung zu hübschen jungen Leuten (Wieland); Anmutung für ein gewisses Instrument(Wieland); Anmutung nach diesen Gegenden (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise 1.11.86);
3 heute schriftsprachlich selten zu anmuten(3), bei manchen Psychologen für bestimmte Erlebnisarten (vgl. L138 HWbPh).
2 unter Einfluß von anmutig(2) (s. unten) und durch Verschiebung auf die Ursache von (1) dann ›Grazie, Liebreiz‹, beginnend im 17. Jahrhundert (vgl. L308 Kaspar Stieler 1691 Anmut »amabilitas, venustas«; dagegen L284 Justus Georg Schottelius 1663,620 noch geringe Anmuht worzu haben), häufig bei den Anakreontikern, als eine Form des Schönen besonders in der Bewegung (unter Einfluß von engl. grace, franz. grâce), ⇓ "S032" theoretisch begründet in A222 Friedrich Schillers Abhandlung Über Anmut und Würde, vgl. die Definition Anmut ist die Schönheit der Gestalt unter dem Einfluß der Freiheit … Anmut kann nur der [willkürlichen, aber ungekünstelten] Bewegung zukommen; Zusatzbestimmung: Kraft erwart ich vom Mann… / Aber durch Anmut allein … herrsche das Weib (A222 Friedrich Schiller, Macht des Weibes); bei Wieland und besonders Goethe in vielfältigen Bezügen und Nuancierungen, auch der Natur, besonders Landschaft zugeschrieben. Zur Begriffsgeschichte vgl. weiter L139 HWbRhet 1,610ff.; L009 Ästhetische Grundbegriffe1,193ff.
anmutig (spätmhd.)
1 bis ins 17. Jahrhundert ›dem Willen gemäß, genehm‹,
2 seit ca. 1500 ›angenehm, lieblich, graziös‹, anfangs besonders von Geschmacksempfindungen, vgl. noch 1832 A075 Johann Wolfgang von Goethe Die anmuthigen Süßigkeiten sind glücklich angekommen (Briefe 49,230,15), dann allgemeiner und mit Einwirkung auf Anmut(2): Die Teutsche Sprache ist … in der Lieblichkeit anmuthiger als die Frantzösische (L284 Justus Georg Schottelius 1663,409), im 18. Jahrhundert ausgedehnt als (ästhetische) Qualifizierung von Personen (Äußeres, Verhalten): das Gefallen an sich selbst, das Verlangen, dieses Selbstgefühl andern mitzutheilen, macht gefällig, das Gefühl eigner Anmuth macht anmuthig (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Wahlverwandtschaften 24,273,4), auch von Natur, Kunst, Musik (vgl. L092 GoeWb), inzwischen wieder enger und gewöhnlich auf Bewegung, äußere (weibliche) Erscheinung bezogen. Ungewöhnlich ›unternehmungslustig‹ bei A.Stifter: die milde Sonne tat ihm … so wohl, daß er sich äußerst anmutig fühlte. Im Gegensatz zu den anderen Adjektiven auf -mütig verlor anmutig im 17. Jahrhundert den Umlaut.
anmuten (mhd. )
1 ›zumuten‹, vgl. "ansinnen", bis ins 19. Jahrhundert: zweitens wird man auch das nicht dem Herrn von Gerstenberg anmuten (Lessing); befreiten Personen dergleichen anzumuten (Möser); er könne seiner Frau nicht anmuten bei der Erzählung zugegen zu sein (Tieck); etwas anders wer mir mehr als dies anmuten will(›sagen will, daß ich mehr behauptet habe‹) (Herder);
2 etwas mutet mich an ›gefällt mir, spricht mir zum Herzen‹, durch Wieland und Goethe üblich geworden, noch Fontane (L337 WdG);
3 heute schriftsprachlich ›vorkommen, berühren (meist: fremd, seltsam)‹ Das merkwürdige Tun des Vorsitzenden mutet an wie ein Spiel (A257 Erwin Strittmatter, Bienkopp 211).
Anmutung (1302; L060 2DWb)
1 zu anmuten(1) noch bei Goethe und Schiller, vgl. Ich habe unzählige Anmuthungen dieser Art … ich lehne aber alles ab (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Briefe 28,245,14), so heute noch ⇓ "S195" schweizerisch (L097 GWb);
2 ›Zuneigung‹ entsprechend anmuten(2), vgl. eine große Anmutung zu hübschen jungen Leuten (Wieland); Anmutung für ein gewisses Instrument(Wieland); Anmutung nach diesen Gegenden (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Italienische Reise 1.11.86);
3 heute schriftsprachlich selten zu anmuten(3), bei manchen Psychologen für bestimmte Erlebnisarten (vgl. L138 HWbPh).