Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
anlegen
(ahd. ) ein Verb mit sehr reicher Bedeutungsentwicklung (25 Bedeutungspunkte im L072 Frühnhd.Wb.).1 Die Richtung auf das Subjekt wird verstanden in ein Kleid, einen Rock anlegen usw. (doch auch jmdm. ein Kleid anlegen); frühneuhochdeutsch, noch später besonders südostdeutsch auch mit einem von anabhängigen reflexiven Akkusativ Sich anlegen wie sich "anziehen", vgl. Weislingen legt sich aus und an (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Götz 1,3); als ob ich mich sauber anlegen mußte (Holtei); sogar mit mit verbunden: der soll mit weißen Kleidern angelegt werden (Luther).
2 Sonst ist Richtung auf einen anderen Gegenstand verstanden. Im konkreten Sinne: eine Leiter (an einen Baum), ein Kind (an die Brust), das Gewehr anlegen; jmdm. Fesseln, dem Pferd den Zaum, das Gebiß anlegen (bildlich Den Rocken, den ich angelegt habe, muß ich auch gleich abspinnen und abweifen (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Brief vom 19.2.02); sich an ein Kissen anlegen; Feuer anlegen; ⇓ "S196" ein Schiff anlegen, dafür jetzt mit Ersparung des Objekts und intransitiv (am Ufer) anlegen (frühnhd.), auch mit dem ursprünglichen Objekt als Subjekt Das Schiff legt an (vgl. L162 Friedrich Kluge, Seemannssprache). Manche Verbindungen werden übertragen gebraucht: Hand an etwas anlegen, üblicher einfaches "legen", dagegen ohne nähere Bestimmung Hand anlegen (↑ "Hand"); einen bestimmten Maßstab an etwas anlegen. – Verschiedene übertragene Bedeutungen: Frühneuhochdeutsch häufig mit Zustandsbezeichnungen als Objekt ›beilegen, zufügen‹: wer einem Narren Ehre anlegt (Luther); und legte den Bürgern alles Unglück an (Luther); die euch Trübsal anlegen(Luther). Allgemein (zuerst 1278; L320 Trübner) ist Geld usw. anlegen (auf Zinsen): die Kapitale … die wir im Herzen unsrer Kinder anlegten (A222 Friedrich Schiller, Kabale und Liebe 5,1); danach eine so übel angelegte Freigebigkeit (Wieland) u. dgl.; man sagt auch wie viel willst du anlegenzu einem Kauf verwenden‹ ↑ "Anlage". Seit dem 14. Jahrhundert ›planen, verabreden‹ (L072 Frühnhd.Wb.), dann allgemein er legt es darauf aner verfolgt mit seinem Benehmen die Absicht‹, zuweilen steht statt des unbestimmten esein bestimmtes Objekt oder bei Umsetzung ins Passiv Subjekt: den Anschlag, den der lüsterne Sünder auf die schwarzen Augen der Korbmacherin angelegt zu haben schien (Wieland); auf diesen war der Handel eigentlich angelegt (Goethe); zuweilen auch ohne auf: ›absichtlich ausdenkenich brauchte es nicht so künstlich anzulegen (Goethe); besonders im Partizip: durch angelegte Meuchelmorde (Schiller). Allgemein einen Garten, eine Straße, eine Stadt, einen Hafen, Spielplatz usw. anlegen, schon frühneuhochdeutsch ›gründen, aufbauen‹ und ›beginnen, ins Werk setzen‹; ungewöhnlich: einem Jungen, den die Natur selbst so angelegt hatte (Wieland). Jung sich anlegen mit jmdm. Streit anfangen‹ (1842 Droste; L060 2DWb), vgl. "anbinden" mit.
Sie können einen Link zu dem Wort setzen

Ansicht: anlegen