Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
Amt
ahd. ambaht(i) Neutr. ›Dienst, Aufgabe‹ (got. andbahti), ist eine Ableitung aus einem untergegangenen Maskulinum, welches got. andbahts, ahd. ambaht lautet und ›Diener‹ bedeutet (vgl. Amtmann, s. unten). ⇓ "S236" Die gotische Form sieht aus wie eine Zusammensetzung, man nimmt aber an, daß sie eine Umbildung und die althochdeutsche Form ursprünglicher sei, und faßt das Wort als Lehnwort aus dem von Cäsar (Bellum Gallicum 6,15) als ⇓ "S108" keltisch überlieferten ambactus ›Dienstmann‹.1 Amtbezeichnet ursprünglich jede Art von Dienstleistung, die einem Untergebenen von seinem Herrn zu ständiger Besorgung aufgetragen war. Als sich aus den mehr privatrechtlichen Verhältnissen des Mittelalters die modernen staatsrechtlichen entwickelten, wurde die Anwendung des Wortes
2 beschränkt auf eine offizielle Stellung in Staat, Gemeinde, Kirche, Schule usw. mit bestimmter Verpflichtung (↑ "Beamter"). Wo es jetzt auf eine private Funktion bezogen wird, ist es in übertragenem Sinn gebraucht; ungewöhnlich A199 Robert Musil: Er vertrat die Auffassung, daß jede Leistung – nicht nur die eines Beamten, sondern ebensogut die eines Fabrikarbeiters … ein Amt darstelle (Mann 101); früher auch im Sinne von ›Handwerk, Gewerbe‹: die Hebamme versieht das Amt der Köchin ebenso geschickt als früher das Amt der Wehmutter (A079 Jeremias Gotthelf, Schwarze Spinne, 17,8). Es bezeichnet – ⇓ "S030" metonymisch – weiterhin
3 einen Bezirk, der unter der Verwaltung eines Beamten oder eines Kollegiums von Beamten steht (so auch aus mittelniederdt. amtins Dänische entlehnt), daher Amtshauptmann, Amtsvorsteher, Amtsgericht usw.,
4 ferner eine solche Behörde oder Dienststelle (früher kurz für die Telefonvermittlung, vgl. Fräulein vom Amt),
5 schließlich das Gebäude, in dem der Sitz der Verwaltung ist, vgl. Standesamt, Zollamt usw. Amt und Hochamt werden auch gebraucht für verschiedene Arten der Messe.
Amtmann ist an Stelle des einfachen Wortes getreten, aus dem Amt (s. oben) abgeleitet ist. Es entwickelt sich entsprechend Amtund bezeichnete ursprünglich jeden mit einem Amt Betrauten (so z. B. noch bei Luther), woraus sich verschiedene Spezialisierungen entwickelt haben. In Süddeutschland war Amtmann der Vorsteher eines Amtsbezirkes, dessen Funktionen im wesentlichen mit denen eines preußischen Landrates zusammenfielen. In Norddeutschland hieß so früher der Justizbeamte eines Grundherrn, dann war es auch Titel für einen Gutspächter; das betreffende Gut hieß Amthof. Seit 1921 ist Amtmann Bezeichnung für einen Beamtengrad: Man is ein Arsch, wenn man noch nicht Inspektor ist, Amtmann is noch besser (A169 Franz Xaver Kroetz, Maria 107). Durch ⇓ "S016" Assimilation ist Ammann entstanden, in der ⇓ "S195" Schweiz Amtsbezeichnung (Landammann).
Amtsmiene »die ernsthafte Miene, womit jemand sein Amt zu verwalten pflegt« (L005 Johann Christoph Adelung, Suppl.1818).
Amtsschimmel Er liest die Vorladung, … das ist ja der Amtsschimmel, den Karl der Große losgelassen hat, und jetzt ist er bei ihm eingetroffen (1929 A040 Alfred Döblin, Alexanderplatz 81). Heute besonders in
⊚⊚ den Amtsschimmel reiten ›übertrieben bürokratisch vorgehen‹; da wiehert der Amtsschimmel ›da zeigt sich bürokratische Umständlichkeit‹. ⇓ "S063" ⇓ "S230" Zur Erklärung denkt man (a) an die früher berittenen Amtsboten, vgl. 1824: auf dem obrigkeitlichen Schimmel herumreiten (L290 Schweiz.Idiotikon 8,776); Den Amtsschimmel will jedermann reiten (L333 Karl Friedrich Wilhelm Wander 1867); (b) an Schimmel ›Schablone, Formular‹ < lateinisch simile, wozu Schimmelreiter »jemand, der in seinem Amt nach ›Schimmeln‹ arbeitet« (1872; vgl. L265 Daniel Sanders, Erg. 1885 und L113 Rolf Hiersche). Rosegger (1886) die ganze abstrakte Verworrenheit des Amtsschimmels (›Amtsstils‹); Der Amtsschimmel als Sprachmeister(1915; L164 Friedrich Kluge). In jüngerer Zeit auch an "Schimmel"(1) ⇓ "S022" angelehnt: Amtsschimmel ansetzen.
Amtssprache (1867; L060 2DWb), ⇓ "S208" 1892 im Titel (Die Amtssprache ) eines Verdeutschungswörterbuchs von K.Bruns;
1 ›Sprache der Verwaltungs- und Gerichtsbehörden‹, die als solche zumeist negativ bewertet ist: Aber wie sehr hat dank unser Amts- und Zeitungssprache das Völkchen sein Gesicht verändert (G.Wustmann, Sprachdummheiten. 101935, 336), hierfür oft Amtsdeutsch (ebenda 41908,418; auch L337 WdG);
2 »offizielle Sprache eines Staates, Gesetzgebungssprache« (L097 GWb) (wie z. B. Französisch, Deutsch und Italienisch in der Schweiz) bzw. »in internationalen Organisationen zugelassene und maßgebliche Sprache für den Text von Verträgen« (L097 GWb).
amtieren gebucht L059 DWb1854, ersetzt älteres (ahd. ) am(p)ten.
amtlich schon ahd. ambahtlih, dann erst wieder von L033 Joachim Heinrich Campe gebucht; nach 1850 häufiger neben "offiziell".
2 beschränkt auf eine offizielle Stellung in Staat, Gemeinde, Kirche, Schule usw. mit bestimmter Verpflichtung (↑ "Beamter"). Wo es jetzt auf eine private Funktion bezogen wird, ist es in übertragenem Sinn gebraucht; ungewöhnlich A199 Robert Musil: Er vertrat die Auffassung, daß jede Leistung – nicht nur die eines Beamten, sondern ebensogut die eines Fabrikarbeiters … ein Amt darstelle (Mann 101); früher auch im Sinne von ›Handwerk, Gewerbe‹: die Hebamme versieht das Amt der Köchin ebenso geschickt als früher das Amt der Wehmutter (A079 Jeremias Gotthelf, Schwarze Spinne, 17,8). Es bezeichnet – ⇓ "S030" metonymisch – weiterhin
3 einen Bezirk, der unter der Verwaltung eines Beamten oder eines Kollegiums von Beamten steht (so auch aus mittelniederdt. amtins Dänische entlehnt), daher Amtshauptmann, Amtsvorsteher, Amtsgericht usw.,
4 ferner eine solche Behörde oder Dienststelle (früher kurz für die Telefonvermittlung, vgl. Fräulein vom Amt),
5 schließlich das Gebäude, in dem der Sitz der Verwaltung ist, vgl. Standesamt, Zollamt usw. Amt und Hochamt werden auch gebraucht für verschiedene Arten der Messe.
Amtmann ist an Stelle des einfachen Wortes getreten, aus dem Amt (s. oben) abgeleitet ist. Es entwickelt sich entsprechend Amtund bezeichnete ursprünglich jeden mit einem Amt Betrauten (so z. B. noch bei Luther), woraus sich verschiedene Spezialisierungen entwickelt haben. In Süddeutschland war Amtmann der Vorsteher eines Amtsbezirkes, dessen Funktionen im wesentlichen mit denen eines preußischen Landrates zusammenfielen. In Norddeutschland hieß so früher der Justizbeamte eines Grundherrn, dann war es auch Titel für einen Gutspächter; das betreffende Gut hieß Amthof. Seit 1921 ist Amtmann Bezeichnung für einen Beamtengrad: Man is ein Arsch, wenn man noch nicht Inspektor ist, Amtmann is noch besser (A169 Franz Xaver Kroetz, Maria 107). Durch ⇓ "S016" Assimilation ist Ammann entstanden, in der ⇓ "S195" Schweiz Amtsbezeichnung (Landammann).
Amtsmiene »die ernsthafte Miene, womit jemand sein Amt zu verwalten pflegt« (L005 Johann Christoph Adelung, Suppl.1818).
Amtsschimmel Er liest die Vorladung, … das ist ja der Amtsschimmel, den Karl der Große losgelassen hat, und jetzt ist er bei ihm eingetroffen (1929 A040 Alfred Döblin, Alexanderplatz 81). Heute besonders in
⊚⊚ den Amtsschimmel reiten ›übertrieben bürokratisch vorgehen‹; da wiehert der Amtsschimmel ›da zeigt sich bürokratische Umständlichkeit‹. ⇓ "S063" ⇓ "S230" Zur Erklärung denkt man (a) an die früher berittenen Amtsboten, vgl. 1824: auf dem obrigkeitlichen Schimmel herumreiten (L290 Schweiz.Idiotikon 8,776); Den Amtsschimmel will jedermann reiten (L333 Karl Friedrich Wilhelm Wander 1867); (b) an Schimmel ›Schablone, Formular‹ < lateinisch simile, wozu Schimmelreiter »jemand, der in seinem Amt nach ›Schimmeln‹ arbeitet« (1872; vgl. L265 Daniel Sanders, Erg. 1885 und L113 Rolf Hiersche). Rosegger (1886) die ganze abstrakte Verworrenheit des Amtsschimmels (›Amtsstils‹); Der Amtsschimmel als Sprachmeister(1915; L164 Friedrich Kluge). In jüngerer Zeit auch an "Schimmel"(1) ⇓ "S022" angelehnt: Amtsschimmel ansetzen.
Amtssprache (1867; L060 2DWb), ⇓ "S208" 1892 im Titel (Die Amtssprache ) eines Verdeutschungswörterbuchs von K.Bruns;
1 ›Sprache der Verwaltungs- und Gerichtsbehörden‹, die als solche zumeist negativ bewertet ist: Aber wie sehr hat dank unser Amts- und Zeitungssprache das Völkchen sein Gesicht verändert (G.Wustmann, Sprachdummheiten. 101935, 336), hierfür oft Amtsdeutsch (ebenda 41908,418; auch L337 WdG);
2 »offizielle Sprache eines Staates, Gesetzgebungssprache« (L097 GWb) (wie z. B. Französisch, Deutsch und Italienisch in der Schweiz) bzw. »in internationalen Organisationen zugelassene und maßgebliche Sprache für den Text von Verträgen« (L097 GWb).
amtieren gebucht L059 DWb1854, ersetzt älteres (ahd. ) am(p)ten.
amtlich schon ahd. ambahtlih, dann erst wieder von L033 Joachim Heinrich Campe gebucht; nach 1850 häufiger neben "offiziell".