Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
all
gemeingermanisch ohne sichere außergermanische Anschlüsse, ahd. / mhd. al. Es bezeichnet die Gesamtheit (beim Plural) oder Vollständigkeit (beim Singular) und hat nie den Artikel vor sich. Seit alters wird es als prädikatives Attribut gebraucht. Dies ist am deutlichsten, wo es nachgestellt wird: die Klagen sind alle verstummt (vgl. sie sind erschöpft angekommen); diese alle rufen; der Vater unser aller; die ich alle liebe; was sah sie nicht alles für Prüfungen vor sich schweben (Goethe). Im Singular wird so nur noch das Neutrum verwendet, poetisch zuweilen in der unflektierten Form all (das hatt' ich all in meinen besten Stunden in ihr entdeckt Goethe); in der Form alle: treibt nur das Vieh alle da hinein(Goethe); frühneuhochdeutsch wurde auch das Maskulinum und Femininum so verwendet (z. B. da hat sich der Adel aller verkrochen S.Frank). Poetische Kühnheit ist es, wenn all dem Wort, auf das es sich bezieht, vorangeht mit Zwischenstellung eines anderen Satzgliedes, wobei der prädikative Charakter noch deutlicher ist, vgl. es beben alle mir die Glieder(Goethe). Aus der prädikativen Verwendung erklärt es sich auch, daß bei Voranstellung all vor den Artikel und vor das Demonstrativ- und Possessivpronomen tritt: alle die (diese, meine) Erfahrungen. Deshalb kommt auch keine schwache Flexion vor. Schon mittelhochdeutsch dagegen ist der Gebrauch, es bei Voranstellung flexionslos zu lassen, und dieser hat sich (besonders in poetischer Sprache) erhalten: was soll all der Schmerz (Goethe); all der (den) Jammer; seltener neben Genitiv und Dativ: der Schauplatz all meiner Glückseligkeit (Goethe); nur vereinzelt noch neben dem Plural. Statt dessen gebraucht Luther die Form alle, was mitteldeutsch zu sein scheint, und danach auch Schriftsteller des 18. Jahrhunderts: alle der Quarck (Lessing); alle das Neigen (Goethe); mit alle den Kenntnissen (Lessing); mit alle seinem Blute (E. v.Kleist); in allgemeinem Gebrauch geblieben ist dies in bei (mit, von, aus) alledem. Nicht mehr von einem reinen Attribut zu unterscheiden ist all, wenn es unmittelbar vor ein Substantiv tritt (alle Leute); und noch entschiedener zeigt es sich jetzt als ein solches, wenn ein Adjektiv unmittelbar darauf folgt (alle guten Leute), durch die schwache Flexion, an deren Stelle früher dem prädikativen Charakter gemäß die starke gesetzt wurde Alle Übrige im Hause (Lessing). All neben dem Singular berührt sich in seiner Funktion mit ↑ "ganz", durch welches es in seiner Verwendung eingeschränkt ist. Verschiedenen Sinn haben alle Welt (›jedermann‹) und die ganze Welt (›das Universum‹). All, nicht ganz wird verwendet, wo nicht Bezug auf ein Einzelwesen, sondern auf einen abstrakten Begriff vorliegt: alle Hoffnung ist eitel; in aller Eile, Stille, Frühe, ›so eilig, still, früh als möglich‹; ebenso mit aller Kraft, Macht. Der Plural berührt sich mit ↑ "jeder", ohne daß ein durchgängiger Austausch möglich wäre. Es kann dadurch entweder ausgesagt sein, daß etwas von der Gesamtheit als solcher, oder daß etwas von jedem einzelnen ohne Ausnahme gilt, vgl. alle Güter der Erde reichen nicht aus, mir den Verlust zu ersetzen; er nimmt es mit allen Feinden zugleich aufalle Menschen müssen sterben. Auch bei dem Singular findet Berührung mit jederstatt. Man kann sagen aller Anfang ist schwer und jeder Anfang ist schwer. Im ersteren Fall wird Anfang als allgemeiner Begriff genommen, im letzteren werden die einzelnen Vorgänge, die unter diesen Begriff fallen, vorgestellt. So begreift sich eine Vermischung wie ich bin fleißig in allem Sinn(Goethe), allen Augenblick (Goethe) statt alle Augenblicke oder jeden Augenblick; auf allen Fall (Goethe); die Frauen alles Standes (Goethe); alle lebendige Seele starb in dem Meer (Luther); daß ihr euch entziehet von allem Bruder, der da unordentlich wandelt (Luther); Goethe wagt sogar: so schläft nun aller Vogel. Daher auch die Verbindung all und jederalle und jede. In Verbindung mit Zeitangaben drückt all die Wiederholung aus (schon mhd. ): alle Jahre wieder; alle (drei) Monate: ›einmal in jedem (dritten) Monat‹. Als Prädikat wird allursprünglich nicht verwendet. Dem Sinn, nicht der Form nach ist es Prädikat in einem Satz wie das sind sie alle. Prädikatives allein den umgangssprachlichen Verbindungen alle sein, alle werden: ›zu Ende, aufgebraucht sein/ werden‹ und alle machen: ›umbringen‹ schon in der Luther-Bibel (L060 2DWb); dieser Gebrauch ist wohl von dem adverbialen all(e)ganz, vollständig‹ herzuleiten (z. B. alle tot machen > alle machen). Nun schießt nur hin, daß es alle wird (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Egmont 1,1); Hab' meinen Leutnant alle gemacht (A054 Hans Fallada, Blechnapf 108). – Substantivisch wird von jeher das Neutrum alles gebraucht, häufig in adverbialen Verbindungen: über alles, vor allem: ›hauptsächlich‹, in allem; vgl. noch 2"als". Frühzeitig wird all- (ahd. ala-) mit Adjektiven und Adverbien zusammengesetzt, wobei der Hauptton teils auf das erste, teils auf das zweite Glied fällt. Eine ahd. Lehnübersetzung für omnipotens ist allmächtig, wonach eine Reihe anderer Epitheta für Gott gebildet sind: allweise, allgütig, allgegenwärtig usw. ⇓ "S056" Verstärkendes ahd. / mhd. alvöllig‹ enthält "allgemein" (s. unten), vgl. auch ↑ "albern"; das Simplex ist untergegangen zu "allein". Vgl. ferner allbereits, allzu (mhd. alze), ⇓ "S010" die besonders kanzleisprachlichen Ortsadverbien allda, alldort, allhier, allwo, dazu ↑ "also". Jünger sind die Zusammensetzungen mit Substantiven, "Allmacht" z. B. erst nach "allmächtig" gebildet, die meisten nur der gehobenen, literarischen Sprache eigen, z. B. Allgewalt. Erst der poetischen Sprache seit Klopstock gehören viele Zusammensetzungen mit Partizipien an: allschaffend, allbewegend, allbelebend, allbefreiend, alliebend usw.; allgefürchtet, allerwünscht, allbegabt usw. An die mit dem Partizip Präsens gebildeten schließen sich die mit Nomen agentis nahe an: Allbeherrscher, Allerhalter, Allgebieter, Allumfasser usw. Nicht hierher gehören Bildungen wie allseitig, alltäglich, alljährlich, allstündlich, allnächtlich, allabendlich, die vielmehr aus alle Seiten, alle Tage usw. abgeleitet sind; allzeit, allweg aus alle Zeit, alle Wege; alldieweil aus all die Weile; allzumal aus alle zu mal. Der Genitiv Plural aller- verschmilzt mit Superlativen und erscheint dann als eine allgemeine Verstärkung, ohne daß noch das ursprüngliche Partitivverhältnis empfunden wird (der allergrößteder größte … von allen‹). Literatur: L012 Otto Behaghel, Syntax 1,393ff.; L239 PBB67,404ff.; 72,420ff.All Neutr. , seit Lohenstein (L059 DWb) für "Universum", bei L003 Johann Christoph Adelung 1774 als ⇓ "S015" veraltet, doch poetisch gebräuchlich, verdeutlicht "Weltall" (vgl. L178 Werner Kuhberg).
allein mhd. aleineganz für sich, ohne einen anderen‹ mit verstärkendem al, mhd. synonym das Simplex eine;
1.1 beide werden wie nhd. allein teils als Adverb verwendet, teils wie ein prädikatives Adjektiv, vgl. Der Starke ist am mächtigsten allein (A222 Friedrich Schiller, Tell 1,3); ich traf ihn allein; in dieser letzten Verwendung ist eine (ahd. eino) vielleicht der erstarrte Nominativ Singular Mask. nach schwacher Flexion. Um attributive Verbindung möglich zu machen, wurde frühneuhochdeutsch ein Adjektiv alleinig abgeleitet (vgl. "dortig", "hiesig" usw.), welches süddeutsch auch prädikativ verwendet wird (er ist alleinigalleinstehend‹).
1.2 Das Adverb ›nur‹ erscheint öfters in pleonastischen Verbindungen wie allein nur, nur allein, bloß allein; heute seltener nicht allein … sondern auch.
2 Seit dem Frühneuhochdeutschen adversative Konjunktion zwischen Hauptsätzen ›jedochDie Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Faust I,765). Noch frühneuhochdeutsch dient es auch als Konjunktion zur Einleitung konzessiver Nebensätze: alleine ir diz sahit und sprechit, doch inhabit ir keine ruowe (Mathias von Beheim, Matthäus 21,32). Zusammensetzungen
Alleingang (1933; L060 2DWb) zunächst ⇓ "S205" sportsprachlich, oft im Alleingang: ›ohne Hilfe anderer‹ (beim Bergsteigen, Fußball u. a.), auch allgemeiner;
Alleinherrscher (1720; L060 2DWb),
Alleinherrschaft (L092 GoeWb) für "Monarch", "Monarchie";
alleinseligmachend vom Anspruch der katholischen Kirche (16. Jahrhundert);
alleinstehendohne Familie‹ (Ch.F.L351 Christian Friedrich Wurm 1858); jüngst amtssprachlich
Alleinerziehende(r)Elternteil mit Kind(ern)‹.
Alleinvertretungsanspruch (1965; L060 2DWb) »Anmaßung der BRD, in der internationalen Politik auch für die DDR mit zu sprechen« (L137 HWb).
allgemein mhd. (adverbial) verstärkende Bildung zu ↑ "gemein",
1.1alle betreffend, für alle geltend, allseitig‹: allgemeine Versammlung, Wehrpflicht, allgemeines Wahlrecht, Interesse;
1.2überall verbreitet‹, ›üblich, gewöhnlich‹: eine europäische, ja eine allgemeine Weltliteratur; die Art des allgemeinen Menschenverstandes(L092 GoeWb); im allgemeinen: ›üblicherweise, meist‹;
2 Gegensatz zu "besonder", "speziell": Was ist das Allgemeine? / Der einzelne Fall. / Was ist das Besondere? / Millionen Fälle (A075 Johann Wolfgang von Goethe, Naturwissenschaftliche Schriften; II,11,127); im wissenschaftlichen Bereich nahe an "prinzipiell", "theoretisch": allgemeine Naturlehre (L092 GoeWb); Allgemeine Sprachwissenschaft;
Allgemeinbildunggrundlegende, allseitige Bildung‹ (1893 Liliencron; L060 2DWb);
allgemeingültig (L059 DWb1854);
Allgemeinmedizinärztlicher Bereich der Medizin ohne Spezialisierung‹ (L097 GWb 1976), älter Universalmedizin.
Allgemeinheit bei L003 Johann Christoph Adelung 1774 nur zu allgemein(2): Allgemeinheit eines Gesetzes, eines Begriffes, bei Goethe ausgedehnter und vielfältiger (L092 GoeWb), doch noch nicht, wie heute gewöhnlich, ›das Volk, große Publikum‹. Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen (Grundgesetz der BRD, Art. 14).
allfällig (L056 Duden 91915), besonders ⇓ "S164""S195" österreichisch/ schweizerisch ›etwaig, eventuell‹.
AllheilmittelMedikament oder Hausmittel für beliebige Krankheiten‹, zugleich (Ende des 19. Jahrhunderts) ⇓ "S027" übertragen: ›Mittel zur Lösung (vermeintlich) aller Probleme‹.
allmächtig (ahd. , s. oben all), Epitheton bzw. Umschreibung Gottes: von dem Allmechtigen bistu gesegnet (A180 Martin Luther, 1. Mose 49,25), scherzhaft freier: Aber warum nimmt er sein Geld nicht? … Was, Herr? Die ganze allmächtige Börse? (A222 Friedrich Schiller, Kabale und Liebe 5,5); redensartlich der allmächtige Dollar (nach W.Irving the almighty dollar, vgl. L027 Büchmann); dazu
Allmacht erst frühneuhochdeutsch üblich (2. Hälfte des 15. Jahrhunderts; L072 Frühnhd.Wb.), neben
Allmächtigkeit (mhd. ).
allmählich (1684 Weise; L072 Frühnhd.Wb.) ›nach und nach, langsam‹, spätmhd. (mitteldt.) almechlich, daneben frühnhd. allgemä(ch)lich u.ä.; zu mhd. geme(ch)lich, s. "gemächlich" (↑ "gemach") mit verstärkendem all- gebildet, wobei die heutige Form (L004 Johann Christoph Adelung) durch ⇓ "S051" Dissimilation bzw. Anlehnung an Mal entstand (vgl. L113 Rolf Hiersche).
Alltag
1 Erst bei L033 Joachim Heinrich Campe 1807 gebucht »ein gemeiner Tag, ein Wochentag«, bei L004 Johann Christoph Adelung nur Alltags- in älteren (vgl. L308 Kaspar Stieler) Zusammensetzungen wie Alltagskleid, Alltagshut; dagegen alltäglich schon mittelhochdeutsch und ein Adverb altagtäglich‹ frühneuhochdeutsch; besonders ⇓ "S159" norddeutsch, daneben ⇓ "S232""S212" westmitteldt./ süddt. "Werktag", ⇓ "S165" ostmitteldt. "Wochentag" (↑ "Werk", ↑ "Woche"; vgl. L171 Paul Kretschmer 581ff., L066 Jürgen Eichhoff, Karte 3–40); neuerdings in Kultur- und Sozialwissenschaften oft gebrauchter Begriff, z. B. Alltagskultur, Alltagsgeschichte.
2 Durch die Zusammensetzung mit Alltags- wird seit der Sturm- und Drangperiode auch bezeichnet, was sich nicht über das Gewöhnliche, Durchschnittliche erhebt, vgl. Alltagsmensch, Alltagsgesicht (reichliche Zusammenstellungen L360 ZDW6,103ff.);
alltäglich hat sich fast nur mit dem entsprechenden Sinn erhalten und wird kaum noch in bezug auf die Werktage im Gegensatz zum Sonntag gebraucht.
Alltagssprache"S208"
1 »die gewöhnliche Umgangssprache in Gegensatz der höheren Schriftsprache« (L033 Joachim Heinrich Campe 1807), ähnlich schon 1781 Kindleben (L115 Helmut Henne/ L115 Georg Objartel 2,236) und 1653 Harsdörffer (L060 2DWb); von W.Porzig (›Das Wunder der Sprache‹, 1950) weitergeführt als »Sprechweise am Kaffeetisch und im Kreise der Kollegen« und der Hochsprache entgegengesetzt (aber mit ihr als Stilvariante verbunden) und im Gegensatz zu regionaler Umgangssprache und kleinräumiger Mundart.
2 Seit den 70er Jahren ⇓ "S124" Lehnübersetzung von ordinary language (im Gegensatz zu ideal language) und als solche Terminus der Sprachphilosophie, synonym mit natürliche Sprache und ↑ "Umgangssprache"(5).
Allvater"S143" von ⇓ "S238" Gottsched 1749 mit Bezug auf das Beiwort Odins in der Edda (⇓ "S008" alfaðirSchöpfer aller Dinge‹) gebildet und in poetischer Sprache über Klopstock verbreitet.
allwissend (lat. omniscius) als Epitheton Gottes 1507 Bonaventura (L072 Frühnhd.Wb.), dazu
Allwissenheit (16. Jahrhundert).
allemal
1jedesmal, immer‹ (1473; L060 2DWb),
ein für allemal: Ich verbiete es dir ein- für allemal (L003 Johann Christoph Adelung 1774);
2 »statt einer Versicherung, oder zur Verstärkung« (L004 Johann Christoph Adelung) Das schaff ich allemal!
allesamt schon althochdeutsche Verbindung ›alle miteinander‹, frühneuhochdeutsch noch häufig mit flektiertem all-.
allenfalls
1 (veraltet) »eventualiter« (L308 Kaspar Stieler 1691), »vielleicht« (L004 Johann Christoph Adelung), vgl. "allfällig"; bekräftigend ›auf jeden Fall‹ (L092 GoeWb);
2 bei Goethe schon wie heute ›im äußersten Fall, höchstens‹: wie kann ich mich entschuldigen! Allenfalls hätte ich Folgendes vorzubringen (L092 GoeWb).
allenthalben ahd. allen halbon (halbaSeite‹ ↑ "halb"), mhd. ⇓ "S078" mit sekundärem -t- (vgl. "meinethalben") ›überall‹, veraltend.
allerdings mhd. aller dinge, aller dings (L190 Lexer), mit nachträglich hinzugetretenem -s des Genitiv Singular ↑ "neuerdings", "schlechterdings" (↑ "schlecht"); ursprünglich
1 Adverb ›gänzlich, in jeder Hinsicht‹ (vgl. J. L.L078 Johann Leonhard Frisch 1741): daß du haltest und tust allerdinge nach dem Gesetz (Luther); die auslegungen habe ich für diejenigen allein hinzu setzen müssen, denen die städte, flüsse, länder, gebirge, fabeln und historien nicht allerdings bekant sind (Opitz; L059 DWb); wenn negativ bewertete Sachverhalte als ›gänzlich und in jeder Hinsicht der Fall‹ beschrieben wurden, so mag dies später in Aussagesätzen konzessiv als entsprechendes Zugeständnis, in Antworten hingegen als etwaigen Zweifel ausräumende Zustimmung gedeutet worden sein, daher
2.1"S002" Abtönungspartikel, satzintegriert, ›im Gegensatz zu dem, was man erwarten könnte‹, ›Sprecher räumt die Existenz negativer bzw. seiner Ansicht (partiell) gegenläufiger Aspekte des beschriebenen Sachverhalts ein‹, ›freilich‹, wohl schon im 17. Jahrhundert: Nun wil die Gelehrte allerding beduncken / daß selbige herkommen von dem garstigen Abgott Como (1658 Heidegger; L072 Frühnhd.Wb.); Tasso wird aufgeführt, allerdings nicht erst unter solchen Stürmen, vielmehr längst im Stillen eingelernt (L092 GoeWb); Absolut fehlerfreie Prognosendie gebe es für einen so jungen Zweig der Technik allerdings nicht (Ch.A286 Christa Wolf, Störfall 112); in dieser Bedeutung geht allerdings der Negationspartikel fast immer voraus;
2.2 Abtönungspartikel, satzisoliert oder satzeinleitend, ›im Gegensatz zu dem, was man erwarten könnte, offenkundig doch‹, ›Sprecher kommt nicht umhin, dem Inhalt der vorhergehenden (eigenen oder fremden) Aussage oder Frage zuzustimmen, und betont dessen Offensichtlichkeit‹, ›freilich‹: Kommt das traurige Wort [Scheidung], rief Charlotte, … auch in der Naturlehre vor? Allerdings, erwiederte Eduard (A074 Johann Wolfgang von Goethe 17,52 LH); das sind doch zwei verschiedene geschichten? allerdings (Schleiermacher; L059 DWb); »Jeder hat nun mal das Seine, der eine dies, der andre das.« »Allerdings«, lachte Gabler (A060 Theodor Fontane, L'Adultera; 2,35).
allerhand frühnhd. < mhd. allerhandevielerlei‹, ähnlich noch im 19. Jahrhundert auch mancherhand, vielerhand; s. unten allerlei; inzwischen umgangssprachlich ›ein starkes StückDas ist ja allerhand!
Allerheiligen mhd. aller heiligen tac (1. November) zusammengezogen zu allerheiligentac, kurz Allerheiligen (1483; L072 Frühnhd.Wb.).
Allerheiligstes"S110" nach kirchenlat. sanctissimum in der katholischen Kirche die geweihte Hostie (1594; L060 2DWb); seit dem 18. Jahrhundert in profaner Verwendung, häufig ironisch, z. B. für das Schlaf- oder Studierzimmer.
allerlei frühnhd. zusammengezogen aus mhd. aller leie, wobei leie < altfranz. lei ›Art, Weise‹; substantiviert
Allerlei Neutr. »sowohl von Schriften gebraucht, welche verschiedene Materien enthalten, das schlesische Allerley, das leipziger Allerley, als auch in Küchen, von einem Gerichte … Ein junges Huhn mit Allerley« (L003 Johann Christoph Adelung 1774).
allerliebst eine der zahlreichen Zusammensetzungen mit ⇓ "S215" Superlativ (mhd. ), oft substantivisch Allerliebste(r); seit dem 18. Jahrhundert adverbial ›reizend‹: Ach, das ist ja allerliebst! (L003 Johann Christoph Adelung 1774).
Allerseelen mhd. aller selen tac (2. November), weiterentwickelt analog zu Allerheiligen (s. oben).
allerseits seit dem 17. Jahrhundert im Kanzleistil vor Anreden und Titeln, seit dem 18. Jahrhundert in Grußformeln: Guten Morgen allerseits! (A243 Carl Sternheim, Schippel 4,3).
AllerweltskerlAlleskönner‹, ›Hans Dampf in allen Gassen‹ (L059 DWb1854), bei L107 S. Hetzel1896 »ein überall beliebter Mensch«; gehört zu den seit Ende des 18. Jahrhunderts häufigen Bildungen mit Allerwelts-: Allerweltsfreund, Allerweltshure, Allerweltspinsel (L033 Joachim Heinrich Campe 1807).
Allerwertester"S215""S064" euphemistisch für "Arsch" (L059 DWb1854 s. v. Arsch); bei Goethe noch 1829 in alter Bedeutung in der Anrede: Ihr Schreiben, mein Allerwertester (L092 GoeWb).
Allesfresser zunächst mit Bezug auf Vögel (nach franz. omnivores Plural), 1837 ⇓ "S071" L.Oken (Allgemeine Naturgeschichte für alle Stände), bald von Tieren allgemein.
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