Hermann Paul - Deutsches Wörterbuch
ach
ahd. ah (weh), mhd. ach, wohl aus der lautlichen Nachahmung des Geräuschs beim Seufzen,1"S057" Empfindungswort, seit dem Althochdeutschen ›Seufzer, Ausdruck der Verzweiflung, des Bedauerns, des Schmerzes oder der schmerzlichen (Rück-)Besinnung‹, »Ein geschrey eines betrubten und bekümmerten menschens« (L200 Josua Maaler): ach ich arm unsalic man! (Wolfram von Eschenbach; L060 2DWb); Habe nun, ach! Philosophie, / Juristerey und Medicin, / Und leider auch Theologie! / Durchaus studirt, mit heißem Bemuhn (A074 Johann Wolfgang von Goethe 12,29 LH); Ach! Maximilian, Sie mußten es ja wohl fühlen, wie innig Sie geliebt wurden (E.T.A.A127 Ernst Theodor Amadeus Hoffmann, Das steinerne Herz; 10,24); früher oft mit dem Genitiv, vgl. Ach meines jamers und herzeleids (Luther; L059 DWb); nicht nur satzeinleitend, sondern auch im Satzinnern oder beim absichtlichen Satzabbruch (Aposiopese) gebraucht; zuweilen satzwertig: Erster Oberster: Du siehst durchdrungen uns – Amphitryon: Alkmene! Alkmene: Ach! (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Amphitryon 3,11); als Ergänzung zu sooft ironisch: Und da sehe ich sie wieder mal vor mir, all die ach so contemporären Gesichtel (A.A226 Arno Schmidt, Trommler 259); dazu ach Gott!, vgl. Ach Gott, wenn ich doch den Knopp noch hätte! (1911 O.E.A108 Otto Erich Hartleben, Ausgewählte Werke II,85), ach weh!, vgl. ach we der hochgezite(Nibelungenlied; L059 DWb), die redensartlichen Ausrufe ach, du dickes Ei!, ach, du grüne Neune! usw. sowie das Verb ↑ "ächzen";
2"S209" Sprechhandlungspartikel, spätestens seit dem Frühneuhochdeutschen auch ›Ausdruck der (ärgerlichen) Ablehnung‹, zumeist verbunden mit einer wegwerfenden Handbewegung, vgl. Sch.: junge … halts maul … D.: ich werde ja auch irgend ein wort macht zu reden haben? Sch.: ach schweig stille (1695 Ch.Reuter; L059 DWb); A.: merkwürdig hübsch dieses pflegekind! … W.: (unwillig) ach!A.: uebler laune? (1891 Sudermann; L060 2DWb); Lore stand aufAch dersagte sie geringschätzig (O.E.A108 Otto Erich Hartleben, Ausgewählte Werke II,81); dazu z. B. das ablehnende ach was!: »ach was«, damit lehnt er ab (1930 Kisch; L059 DWb); Hermann: Das glaubst du nicht? Thusnelda: Ach, was! (H.v.A160 Heinrich von Kleist, Hermannsschlacht 3,3); ähnlich auch ach nein!: Aber jetzt unterbrach ich ihn: Ach nein! Lieber nicht! (1911 O.E.A108 Otto Erich Hartleben, Ausgewählte Werke II,177), oder ach, Unsinn!
3"S079" Gliederungspartikel, äußerungseinleitend oder -intern-gliedernd, in reduzierter Bedeutung, dient v. a. als Einleitungssignal zur Übernahme der Sprecherrolle und zum Anzeigen eines (plötzlichen) Themenwechsels: ach lesen sie doch weiter! (1739 Zinzendorf; L059 DWb), -Ach, duwandte sie sich plötzlich an michda muß ich dir wirklich eine Geschichte erzählen… eine Geschichte! (1911 O.E.A108 Otto Erich Hartleben, Ausgewählte Werke II,56); Ach entschuldigen Sie – … (A.A226 Arno Schmidt, Trommler 44); die Bedeutungen (3) und (1) oder (2) können gleichzeitig realisiert sein: – Ach es ist ja ein gar zu launenhaftes Geschöpf (A.A226 Arno Schmidt, Trommler, 166); dasselbe gilt für ach ja bzw. ach so, die (erstauntes) Verstehen oder ein Sich-Erinnern ausdrücken: Sie lächelte. »Ach ja, Sie sind eine Art Doktor… « (H.A182 Heinrich Mann, Untertan 15); actuarius: wie er heißt, will ich wissen. Nante: ach so, wie er (schankwirt) heißt! … Nante: ach so, wie ick heiße! aha!(1847 Glasbrenner; L059 DWb);
4"S185" Rückmeldungspartikel, Hörerreaktion mit Ausdruck leichten Erstaunens bzw. Bedauerns: Der Mann. Hast du das gesehen?! / Er hat mir die Hand auf die Schulter gelegt. K. Ach.(B.A249 Botho Strauß, Kalldewey 82); in der Bedeutung (1) auch als Substantiv Ach lexikalisiert, vgl. gott lebt und hört dein ach(Gellert; L059 DWb); verbunden mit Weh auch zum Ausdruck seelischen Leides (seit dem 11. Jahrhundert): da si müezen iemer me / Mit leide han ach unde we; vgl. auch (seit dem 16. Jahrhundert) ⇓ "S243"
mit Ach und Krach, das zunächst eine große Anstrengung bezeichnete: Wie die falschen propheten, deren ach und krach ist, das si vilen gefallen (1534 Franck; L059 DWb); heute nur noch in der Bedeutung ›mit knapper Not, gerade noch‹ gebräuchlich: Er hat die Prüfung mit Ach und Krach bestanden (L320 Trübner).
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