Duden Richtiges und gutes Deutsch
zu
Neben dem reinen Infinitiv wie gehen, legen, bedenken, ablenken setzt man für die Verben im Deutschen einen zweiten Infinitiv als infinite Verbform an, den Infinitiv mit dem Bestandteil zu, auch einfach zu-Infinitiv genannt: zu gehen, zu legen, zu bedenken, abzulenken usw. Für die Verwendung des zu-Infinitivs gilt im Einzelnen:1.
Der Infinitivbestandteil zu bei den Verben liegen, stehen, wohnen usw. (etwas im Keller zu liegen, zu stehen haben): Der Gebrauch von zu bei den Verben liegen, stehen, wohnen usw., wenn sie mit haben das Prädikat bilden, ist regionalsprachlich und gilt standardsprachlich als nicht korrekt. Er kommt vor allem in Berlin und in Niedersachsen vor. In der Standardsprache heißt es also: Er hatte dreitausend Euro auf der Bank liegen (nicht: zu liegen). Wir haben unsere Mutter bei uns wohnen (nicht: zu wohnen). Korrekt ist natürlich die Verwendung von zu zusammen mit haben dann, wenn eine Aufgabe oder Notwendigkeit ausgedrückt wird: Sie hatte viel zu tragen (= musste viel tragen). Du hast zu schweigen (= musst schweigen).
2.
zu nach lehren, lernen, helfen, heißen: Folgt diesen Verben ein Infinitiv allein, steht er in der Regel ohne zu: Ich lerne schwimmen. Er lehrte mich sprechen. Der Freund half ihr abladen. Die Direktorin hieß ihn aufpassen. Der Gebrauch von zu ist jedoch möglich. Er kommt häufiger vor, wenn zu dem folgenden Infinitiv eine Ergänzung oder eine adverbiale Bestimmung tritt: Helfen Sie mir bitte das Auto putzen oder Helfen Sie mir bitte(,) das Auto zu putzen. Treten mehrere Glieder hinzu, dann steht im Allgemeinen der Infinitiv mit zu: Er hieß ihn(,) das Zimmer auf der Stelle zu verlassen. Infinitiv und Infinitivgruppe (1.2), heißen usw.
3.
zu nach als: In einem mehrgliedrigen Satz kann der Infinitiv nach dem als-Anschluss sowohl ohne als auch mit zu stehen: Er wollte lieber sterben als die Heimat verlassen. / Er wollte lieber sterben, als die Heimat zu verlassen. Lieber der Diskussion ganz aus dem Wege gehen als einen Streit heraufbeschwören. / Lieber der Diskussion ganz aus dem Wege gehen, als einen Streit heraufzubeschwören. Im heutigen Sprachgebrauch wird die Konstruktion mit zu bevorzugt. Sie ist vermutlich in Analogie zum Gebrauch von zu bei satzwertigen Infinitiven aufgekommen.
4.
Stellung von zu bei zusammengesetzten Verben (zu durchbrechen / durchzubrechen · zu übersetzende Bücher / überzusetzende Personen): Bei einfachen oder Präfixverben (fest zusammengesetzt) steht zu immer unmittelbar vor dem Infinitiv oder Partizip I: Er hoffte zu kommen. Sie beschloss das Buch zu übersetzen. Sie bat mich ihr den Koffer tragen zu helfen (nicht: ... zu tragen helfen). Das sind nicht zu unterschätzende Schwierigkeiten. Bei Verben mit Verbzusatz (unfest zusammengesetzt) schiebt sich zu zwischen den Verbzusatz und den reinen Infinitiv oder das Partizip I: Er hoffte pünktlich anzukommen. Die Zahl der aufzunehmenden Flüchtlinge stieg noch immer an. Nicht korrekt: Sie kamen zusammen, um alles zu durchsprechen (richtig: durchzusprechen). Das zu wird hier also immer in die Zusammenschreibung einbezogen: zurückzusenden (nicht: zurück zu senden), ebenso: zuzusehen, zuzumuten. Bei einigen Verben, die als Präfixverb und als Verb mit Verbzusatz in gleicher oder fast gleicher Bedeutung gebraucht werden (z. B. durchdenken), kann zu vor dem reinen Infinitiv bzw. dem Partizip I oder zwischen dem mit dem Verb zusammengeschriebenen Teil und dem reinen Infinitiv bzw. dem Partizip I stehen: um die Sache noch einmal zu durchdenken (und sie nicht etwa zu diskutieren) oder um die Sache noch einmal durchzudenken (in allen Einzelheiten). Haben Verben mit Präfix und mit Verbzusatz jedoch verschiedene Bedeutung, dann sind die oben genannten Regeln zu beachten. Präfixverb: zu übersetzende Bücher. Schließlich gelang es dem Vermittler, den Teufelskreis zu durchbrechen. Ein angenehmer, mit dem Duft verschiedener Kräuter durchsetzter Geruch. Verb mit Verbzusatz: Wie viel überzusetzende Personen standen am Ufer? Sie versuchte vergeblich, den Stock durchzubrechen. Er musste sich anstrengen, um sich in der neuen Umgebung durchzusetzen. Verb (2.3), Getrennt- oder Zusammenschreibung (1.3).
5.
Schreibung von zu in Verbindung mit dem Partizip I: Wird das Partizip I mit zu (das sogenannte Gerundiv) substantivisch gebraucht, dann bleibt bei den einfachen und Präfixverben das zu vom Partizip getrennt und nur die Verbform wird großgeschrieben: der zu Versichernde, der zu Unterrichtende, die zu Prüfende, die nicht zu Überwachenden. Bei Verbzusätzen wird die substantivierte Gerundivform groß- und zusammengeschrieben: der Aufzunehmende.
6.
zu oder um zu?: Gelegentlich bestehen Zweifel, ob um zu oder ob das einfache zu zu verwenden ist, z. B.: Er ist gebildet genug, um dieses zu verstehen. Er ist gebildet genug, dieses zu verstehen. Zur richtigen Verwendungsweise um zu / zu.
7.
zu beim Infinitiv in Fällen wie zu bedenken geben, sich zu erkennen geben: Steht der Infinitiv von geben bei einem andern Infinitiv, so erhalten beide ein zu: Zahlreiche prominente Personen besuchten die Ausstellung, ohne sich zu erkennen zu geben (nicht: ohne sich erkennen zu geben oder ohne sich zu erkennen geben). Die Vertreter trugen diese Forderungen vor mit der Bitte, den Verantwortlichen die Folgen zu bedenken zu geben. Ich hoffe mich zu erkennen geben zu können.
8.
Es begann zu stürmen und (zu) schneien: Der Infinitivbestandteil zu kann hier nicht weggelassen werden. Es heißt richtig: Es begann zu stürmen und zu schneien.
9.
Bitte Tür offen lassen / offen zu lassen: bitte (2).
10. Passivvariante mit zu (Der Schmerz ist nicht zu ertragen): Passiv (3.4).
11. zu als Adverb oder Verbzusatz (auf etwas zugehen / auf etwas zu gehen): Es ist zu unterscheiden zwischen zu als Adverb und zu als Verbzusatz bei Verben der Bewegung (z. B. gehen, laufen, marschieren, stürzen, rennen, kommen, springen). Steht bei solchen Verben eine Richtungsangabe und nicht die Angabe eines angestrebten Zielpunktes, dann ist zu Adverb und steht getrennt vom Verb. In diesen Fällen wird stets (auch) das Verb betont: Der Schornstein könnte bei der Sprengung auf das Haus zu fallen. Er ist auf den Wald zu gelaufen, nicht langsam gegangen. Sie sind der Stadt zu (= stadtwärts) marschiert. Bezeichnet die Angabe des Ortes, der Person o. Ä. nicht nur die Richtung, sondern das angestrebte oder erreichte Ziel, dann ist zu Verbzusatz, ist also Bestandteil des Verbs. In diesem Fall trägt zu den Hauptakzent der Gesamtform des Verbs: Ich bin auf ihn zugegangen und habe ihm die Hand geschüttelt. Sie kam auf mich zugelaufen. Das Flugzeug schien genau auf den Leuchtturm zuzufliegen. Das Schiff wird jetzt auf die Küste zusteuern. In den Fällen, in denen eine genaue Unterscheidung nicht möglich ist, sind beide Schreibweisen als korrekt anzusehen. Immer zusammen schreibt man, wenn zu die Bedeutung des Verbs ändert: Der Hund ist mir zugelaufen. Die Säule soll spitz zulaufen. Der Vogel ist ihm zugeflogen (= ist bei ihm).
12. das zu(n)e Fenster · die zu(n)e Flasche: Das Adverb zu wird in der Umgangssprache und von Kindern gelegentlich wie ein attributives Adjektiv gebraucht: das zu(n)e Fenster, die zu(n)e Flasche. Dieser Gebrauch ist nicht korrekt. Adverb (1), auf / offen.
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