Duden Richtiges und gutes Deutsch
Wortakzent
1. Allgemeine Betonungsregeln:
In fast jeder Wortform des Deutschen ist eine Silbe durch Tonhöhe (Tonhöhenverlauf), Tondauer und Lautstärke besonders hervorgehoben und trägt damit den Hauptakzent des Wortes. Man sagt dann auch einfach, die Form sei auf der betreffenden Silbe betont. Weil der Hauptakzent in der Regel bei allen Wortformen eines flektierenden heimischen Wortes auf derselben Silbe liegt, genügt es, jeweils die Grundform zu betrachten. Längere Wortformen haben neben dem Hauptakzent noch einen oder mehrere Nebenakzente.
Einfache heimische Wörter bestehen im Deutschen meist aus einer oder zwei Silben, wobei der Zweisilber eine Vollsilbe (betonbar) und eine Schwasilbe (nicht betonbar) aufweist. In all diesen Wörtern kann nur die erste Silbe betont sein:
Acker, Ekel, Erde.
Ebenso ist in abgeleiteten Wörtern gewöhnlich die erste Silbe betont, weil die meisten Ableitungssuffixe unbetont sind:
langsam, lesbar, möglich, Mannschaft, Lehrerin.
Bei Wörtern mit Präfixen wie be-, er-, ent-, ge-, ver-, zer- sind die Präfixe unbetont:
beachten, Begriff, entfernen, Verfall.
In zweiteiligen Komposita trägt im Allgemeinen das Erstglied den Hauptakzent:
Scheinwerfer, Studienrat, Lampenschirm.
In dreiteiligen Komposita ist der erste Bestandteil am stärksten, der zweite am zweitstärksten, der dritte am drittstärksten betont, wenn das Kompositum aus dem ersten Teil einerseits und dem zweiten plus dritten Teil andererseits besteht:
Dampfschifffahrt ('dampfʃıffa::t) (Schifffahrt mit Dampf = Dampf + Schifffahrt).
Dagegen ist in der Regel der erste Bestandteil am stärksten betont, der zweite am drittstärksten, der dritte am zweitstärksten, wenn das Kompositum aus dem ersten plus zweiten Teil einerseits und dem dritten Teil andererseits besteht:
Dampfschifffahrt ('dampfʃıffa::t) (Fahrt mit einem Dampfschiff = Dampfschiff + Fahrt).
Verbzusätze wie
ab-, an-, aus-, bei-, ein-, nach-, wieder-
sind betont:
Abweg, ausfahren, beistehen, Eingriff.
Eine Reihe von Einheiten kann je nach ihrer Funktion im Wort betont oder unbetont sein. Dazu gehören:
da-, dar-, durch-, her-, hier-, hin-, hinter-, in-, miss-, ob-, über-, um-, un-, voll-, vor-, wider-, zu-.
Teilweise ist mit der Betonung auch ein Bedeutungsunterschied verbunden:
übersetzen - übersetzen, umfahren - umfahren.
2.
Besondere Betonungsregeln:
Das Ableitungssuffix -ei sowie die meisten fremden Ableitungssuffixe sind betont:
Staffelei, Fischerei, Kartei, polieren, halbieren, marschieren, sozial, Sozialist, Sozialismus, sozialisieren.
Bei emphatischer Betonung können Komposita auf beiden Bestandteilen betont sein. Das gilt für alle Komposita, aber nur wenige werden regelmäßig auf beiden Bestandteilen betont:
haarscharf, Erzhalunke, neunhundert.
In zweiteiligen und dreiteiligen Komposita kommt teilweise auch Betonung auf dem zweiten Teil vor:
Hohepriester; Zweieurostück, Dreikäsehoch.
Aneinanderreihungen (mit und ohne und) sind auf allen Teilen oder auf dem letzten Teil betont:
rot-weiß-rot / rot-weiß-rot, Maul- und Klauenseuche / Maul- und Klauenseuche.
Abkürzungen, die buchstabiert werden, sind auf dem letzten Teil betont, häufig vorkommende können oft auf dem ersten oder auf dem letzten Bestandteil betont werden:
ADAC ( tse:), BGB ( be:), LKW ('el e auch: eve:).
Für fremde Eigennamen lassen sich teilweise keine allgemeinen Betonungsregeln aufstellen. Auch heimische Eigennamen haben oft abweichende Betonung:
Roswitha, Heilbronn, Berlin, Kurfürstendamm.
3.
Verschiebung des Akzents bei Hervorhebung eines Gegensatzes:
Abweichungen von den allgemeinen Betonungsregeln entstehen bei Kontrastbetonung: Um einen Gegensatz zu verdeutlichen, wird dazu beispielsweise die Betonung vom Stamm auf das normalerweise unbetonte Präfix verlagert:
An- und Verkauf (sonst: Verkauf), be- und entladen (sonst: beladen und entladen). (Auch:) Aktivsaldo - Passivsaldo (sonst: Aktivsaldo).
Ebenso verlagert sich die Betonung auf die Präfixe bei Aufzählungen, wenn der gemeinsame Bestandteil der Präfixbildungen nur einmal gesetzt wird:
Wir tragen vor, was uns auf-, miss- oder gefällt.
4.
Betonung von Präpositionen:
Im Allgemeinen stehen die Präpositionen unbetont vor dem von ihnen abhängenden Nominalausdruck:
Wegen des Regens kam sie nicht. Über der Stadt lag eine Nebeldecke. Das Auto stand vor dem Haus.
Da Präpositionen vielfach Bedeutungsgruppen bilden (wie vor - hinter, über - unter usw.), wird ihnen jedoch häufig ein Kontrastakzent zugewiesen:
Das Auto steht nicht vor, sondern hinter dem Haus. Auf der Tribüne war kein Platz mehr frei, aber vor der Tribüne waren noch einige Plätze unbesetzt.
Steht nach der Präposition ein nicht hervorzuhebendes Personalpronomen, so liegt die Betonung im Allgemeinen auf der Präposition:
Mein Freund war heute bei mir. Er war außer sich vor Aufregung.
5.
Schwankungsfälle:
Büro, Konsum, lutherisch, Zeremonie, auch: Partizip II (1).
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