Duden Richtiges und gutes Deutsch
Verbzusatz
1. Was ist ein Verbzusatz?
Unter einem Verbzusatz (auch Verbpartikel genannt) versteht man den nicht verbalen ersten Bestandteil einer unfesten Zusammensetzung mit einem Verb als zweitem Bestandteil. Als Verbzusätze erscheinen vor allem Einheiten, die formgleich sind mit Präpositionen (z. B. an in anführen, bei in beitreiben, durch in durchführen), mit Adjektiven (z. B. los in loslassen, fest in festbinden), Adverbien (z. B. davon in davonlaufen, wieder in wiederkommen) oder Substantiven (z. B. Teil in teilhaben, Stand in standhalten). Im Gegensatz zu den Präfixen (z. B. be-, ent-, ver-, aber auch um-, über-, durch-) sind Verbzusätze betont und gehen mit dem Verb nur eine lose Verbindung ein. Sie sind nur in den infiniten Formen (Infinitiv, Partizip I und II) und im Nebensatz mit Einleitewort (Verbletztsatz) mit dem Verb fest verbunden:
anführen, anzuführen, anführend, angeführt; wenn ich anführe, anführte.
In den finiten Formen (Indikativ Präsens und Präteritum, Konjunktiv I und II, Imperativ) im Verberst- und Verbzweitsatz steht der Verbzusatz getrennt hinter dem Verb, und zwar in der Regel am Ende des Satzes:
Er führt / führte immer den Zug an. Er erzählte, er führe morgen den Zug an. Führe den Zug an! Führt er den Zug an?
Vgl. dazu auch Verb (2), Verbalklammer, Ausklammerung.
2.
Verbzusatz oder Satzglied?
Die meisten Verbzusätze sind aus einer adverbialen Bestimmung, aus einem Objekt oder aus einem Objektsprädikativ hervorgegangen. Sie sind jedoch nicht mehr als Satzglieder anzusehen, sondern sie sind Bestandteile des Verbs und differenzieren die Verbbedeutung aus. Der Verbzusatz und der verbale zweite Bestandteil sind also auch bei räumlicher Trennung eine inhaltliche Einheit.
Zu der Frage, ob der nicht verbale Teil einer Verbindung mit einem Verb als Verbzusatz oder als selbstständiges Satzglied aufzufassen ist (gutschreiben / gut schreiben; zusammenbauen / zusammen bauen; dahinfliegen / dahin fliegen), Getrennt- oder Zusammenschreibung (1.2-1.5).
3.
ich erkenne an / ich anerkenne:
Bei einer Reihe von meist transitiven und in übertragener Bedeutung gebrauchten Verben wird der Verbzusatz in allen, also auch in den finiten Formen des Verberst- und Verbzweitsatzes, als fest behandelt. Häufig findet man diese Formen bei Zusammensetzungen mit Verben, die ihrerseits durch -ent- und -er- präfigiert sind:
Diese Absicht vorenthielt sie ihm. Sie anerkannten nur die Taufe des erwachsenen Menschen (Nigg).
Diese Bildungen sind vor allem süddeutsch und schweizerisch. Verb (2.4), Tmesis, anberaumen, anempfehlen / empfehlen, anerkennen, anvertrauen, obliegen, obsiegen, obwalten, übersiedeln, widerhallen, widerspiegeln.
4.
Fest steht, dass ...
Der Verbzusatz am Satzanfang (im Vorfeld): Da der Verbzusatz aus selbstständigen Satzgliedern hervorgegangen ist, kann er gelegentlich ähnlich wie ein Satzglied verwendet werden. Dies geschieht dann, wenn er mit besonderer Betonung an den Anfang des Satzes gebracht wird. Verbzusatz und Verb werden in diesem Falle getrennt geschrieben. Diese Wortstellung ist beispielsweise in dichterischer Sprache zu finden: Und entgegen kommt ihm Philostratus (Schiller). Sie kommt auch in der Medien- und Alltagssprache vor: Fest steht, dass er seine Meinung nie ändern wird. Getrennt- oder Zusammenschreibung (1.7); Tmesis.
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