Duden Richtiges und gutes Deutsch
Präposition
(Verhältniswort)Häufig gestellte Fragen zu Präpositionen
Frage Antwort unter
Sind Verschmelzungen von Präposition und Artikel, wie z. B. ans, aufs, ums, beim, umgangssprachlich? dieser Artikel, Punkt (1.2)
Heißt es in schlechtem Zustand oder im schlechten Zustand? dieser Artikel, Punkt (1.2.5)
Welche Formen sind korrekt: wegen Umbau oder wegen Umbaus, einschließlich Porto oder einschließlich Portos? dieser Artikel, Punkt (2)
Präpositionen sind nicht flektierbare Wörter wie über (der Stadt), in (dem Schrank), nach (Stralsund), hinter (dem Haus). Sie bilden mit dem ihnen folgenden Ausdruck eine Präpositionalgruppe. Präpositionen haben die Aufgabe, den von ihnen abhängigen Ausdruck an einen anderen, meist vorausgehenden Ausdruck anzuschließen und eine Beziehung zwischen den Bedeutungen der beiden Ausdrücke herzustellen:
Ihre Freude über das Ereignis war groß. Er war stolz auf seinen Sohn. Wir gehen nach oben. Ich halte das für gut.
Die meisten Präpositionen regieren einen bestimmten Kasus, d. h., die von ihnen abhängenden Nominalausdrücke stehen immer im gleichen Kasus:
(Genitiv:) außerhalb der Stadt, des Bereichs, der Landesgrenzen, Berlins.
(Dativ:) bei mir, unserem Chef, den Eltern.
Einige Präpositionen können jedoch mit zwei oder sogar drei unterschiedlichen Kasus verbunden werden (Rektion):
Ich legte das Buch auf den Tisch (= Akkusativ). Das Buch liegt auf dem Tisch (= Dativ).
entlang des Flusses (= Genitiv); entlang dem Fluss (= Dativ); (nachgestellt, d. h. als Postposition:) den Fluss entlang (= Akkusativ).
Beim Gebrauch der Präpositionen treten zwei Haupttypen von Zweifelsfällen auf. Einmal können Unsicherheiten darüber bestehen, welche Präposition an ein Verb oder ein Substantiv angeschlossen wird, z. B. Abneigung vor (besser: gegen) jmdn. haben, durch (besser: vom) Blitz erschlagen werden, Hilfe an (besser: für) die Entwicklungsländer, mit der Bitte zur (besser: um) Stellungnahme. Zweitens bestehen Unsicherheiten in Hinsicht auf den Kasus, den eine Präposition regiert, z. B. trotz des Regens / dem Regen (die einzelnen Präpositionen an ihrer alphabetischen Stelle in diesem Band). Vgl. im Einzelnen die folgenden Kapitel:
1 Präposition und Artikel
1.1 Präpositionalgruppen mit / ohne Artikel
1.2 Verschmelzung von Präposition und Artikel
1.2.1 Standardsprachliche und nicht standardsprachliche Verschmelzungen
1.2.2 Verschmelzung in festen Verbindungen und Redewendungen
1.2.3 Verschmelzung oder selbstständiger Artikel? (am / an dem Tage · aufs / auf das Bett · durchs / durch das Ziel)
1.2.4 Verschmelzung vor mehreren abhängigen Nominalausdrücken (vom Erfolg und den Plänen / vom Erfolg und von den Plänen)
1.2.5 Verschmelzung vor einem attribuierten Nominalausdruck (im schlechten Zustand / in schlechtem Zustand)
2 Präposition + Genitiv / Dativ (innerhalb dreier Monate / innerhalb drei Monaten · wegen Umbaus geschlossen / wegen Umbau geschlossen)
2.1 stark flektierter Nominalausdruck im Plural
2.2 Präpositionalgruppen in Verbindung mit einem Genitivattribut
3 Häufung von Präpositionen (in unter der Erde liegenden Räumen · für im vergangenen Jahr geleistete Arbeit)
4 Rektionsschwierigkeiten bei mehreren Präpositionen vor einem Substantiv (mit und ohne Kinder / mit und ohne Kindern)
1 Präposition und Artikel
1.
1 Präpositionalgruppen mit / ohne Artikel
In der Regel folgt auf eine Präposition eine vollständige Nominalgruppe. Jedoch wird ein Artikel im Allgemeinen nicht gesetzt
- bei häufig gebrauchten und oft formelhaften Verbindungen aus Präposition und nicht näher bestimmtem Substantiv:
bei Strafe verboten, bei Regen, bei Tage, bei Wasser und Brot; an Bord; auf Erden, auf Deck, auf Borg leben; aus Liebe, aus Hass, aus Kindermund; bei Tische, bei Hofe; gegen Morgen; in Not geraten, in Zorn versetzen, in See stechen; mit Güte, mit Absicht, mit Mühe; nach Wunsch, nach Tisch; ohne Aufmerksamkeit; über Land, über Bord; unter Dach und Fach bringen; von Herzen, von Kopf bis Fuß; vor Augen bringen, vor Anker liegen, vor Freude, vor Sonnenaufgang; zu Lande, zu Abend essen, zu Tode hetzen; auf Jagd, auf Fahrt gehen;
das gilt auch für Präpositionalgruppen, in denen das Substantiv durch eine Zahl bestimmt ist:
in Paragraf 4, auf Seite 44, in Halle 6, auf Bahnsteig 8, auf Gleis 5, zu Kapitel 13, für Zimmer 119;
- bei Gefügen aus Präposition + Verbalabstraktum + näherer Bestimmung:
auf Anordnung der Lehrerin; bei Ausübung der richterlichen Tätigkeit; nach Abschluss der Verhandlungen; seit Beendigung des Krieges; auf Befehl des Unteroffiziers; unter Angabe des Preises; in Anerkennung seiner Verdienste;
- bei Gefügen aus Präposition + partizipialem Attribut + (nicht näher bestimmtem oder übertragen gebrauchtem) Substantiv (vgl. auch 1.2.5):
nach getaner Arbeit, bei eintretender Dunkelheit, hinter verschlossenen Türen (= unter Ausschluss der Öffentlichkeit; aber: Hinter den verschlossenen Türen randalierten die Gefangenen), zu gegebener Zeit (= im rechten Augenblick; aber: zur gegebenen Zeit = zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt).
Näher bestimmte Sachbezeichnungen können im Singular ebenfalls ohne Artikel stehen, wenn es sich um eine allgemeingültige Kennzeichnung handelt:
ein Haus mit flachem Dach; auf schneebedeckten Höhen.
Allgemeingültigkeit, Abstraktheit, Paarigkeit von Präpositionalgruppen und Vermeidung von Wiederholungen können in Beispielen wie den folgenden zu Artikellosigkeit führen:
Ich bin für (den) Frieden und gegen (die) Nachrüstung. Vor (dem) Verlassen des Raumes sind die Fenster zu schließen. Man drohte mir auch mit (einer) Konventionalstrafe. Sie zogen mit (dem) Beiwagen oder mit (dem) Zelt und mit (dem) Wohnmobil gen Süden.
Das Weglassen des Artikels nur aus Platzgründen mag in den Überschriften von Zeitungsartikeln o. Ä. eine gewisse Berechtigung haben, sonst ist sie nicht zu empfehlen:
Sperrsignal übersehen: Lok wirft Zug aus Gleis. Flammenmeer auf Autobahn. Hotelschiffe: Abwasser nicht mehr in Rhein.
Vergleiche auch in / im.
1.
2 Verschmelzung von Präposition und Artikel
Die Verschmelzung bestimmter Präpositionen mit einem Artikel (an dem Tage / am Tage) kann dort entstehen, wo der Artikel nur schwach betont ist. Sie hat ihren Ursprung in der gesprochenen Sprache, ihre Verwendung ist aber in zahlreichen Fällen aus der geschriebenen Standardsprache nicht mehr wegzudenken.
1.
2.1 Standardsprachliche und nicht standardsprachliche Verschmelzungen:
Die Umgangssprache und die Dialekte zeigen eine Fülle von Verschmelzungen, die nicht als standardsprachlich gelten, weil sie zu Konsonantenverbindungen führen, die im Deutschen nicht allgemein üblich sind und einer Präposition eine weitere Silbe hinzufügen. Viele von ihnen können mit Apostroph geschrieben werden, da sie ohne Apostroph schwer lesbar oder missverständlich wären (standardsprachliche Formen in Klammern):
an'n (an den), an'r (an der), auf'm (auf dem), auf'n (auf den), aus'm (aus dem), durch'n (durch den), fürn (für den), gegens (gegen das), in'n (in den), nach'm (nach dem).
»Walter«, hab ich gesagt, »nimm dir was um'n Hals mit!« (Sebastian). ... und da hat sie von'n ollen Wiedow, dem Schulderekter, gesagt: Wann ick den Kierl inn Mars hat, ick scheet em inne Ostsee (Tucholsky).
Daneben gibt es Verschmelzungen, die in der Regel als umgangssprachlich gelten. Sie kommen jedoch auch in der Standardsprache vor, und zwar aus rhythmischen Gründen oder in festen Verbindungen. Eine neue Silbe entsteht hier nicht:
außerm (außer dem), hinterm (hinter dem), hintern (hinter den), hinters (hinter das), überm (über dem), übern (über den), übers (über das), unterm (unter dem), untern (unter den), unters (unter das), vorm (vor dem), vors (vor das).
Im Allgemeinen standardsprachlich und oft auch nicht ersetzbar durch Präposition + Artikel sind die folgenden Verschmelzungen:
ans, aufs, durchs, fürs, ins, ums, am, beim, im, vom, zur.
1.
2.2 Verschmelzung in festen Verbindungen und Redewendungen:
Am regelmäßigsten steht die Verschmelzung in festen Verbindungen und (übertragenen) Redewendungen; sie ist hier meist nicht auflösbar:
Ihm griff dieses Lächeln ans Herz (= es rührte ihn). Fürs Erste (= zunächst) wäre dies genug. Sie war am Ende ihrer Kraft (= völlig erschöpft); sich aufs hohe Ross setzen (= eingebildet sein); die Gelegenheit beim Schopf ergreifen.
Stehen Verschmelzungen, die an sich umgangssprachlich sind, in einer standardsprachlichen Redewendung, dann sind sie in diesen Fällen selbstverständlich auch standardsprachlich: Sie konnte es nicht übers Herz bringen.
1.
2.3 Verschmelzung oder selbstständiger Artikel? (am / an dem Tage · aufs / auf das Bett · durchs / durch das Ziel):
In zahlreichen Fällen steht neben der Verschmelzung die Präposition mit dem selbstständigen Artikel bzw. dem Demonstrativ der, die, das. Dieses Nebeneinander wird bei Raum- und Zeitangaben besonders deutlich. Bei Raumangaben steht häufig die Verschmelzung:
Beim Podium stand ein hoher Kerzenleuchter. Wer die leeren Stahlrohrtribünen im Wintersportdorf Cortina gesehen hat ... (Olympische Spiele 1964). Sie ... legt sich aufs Bett (Remarque). Nachdem sie die Segel geborgen hatten, stieg Peter ins Beiboot (Hausmann).
Es kann aber auch der bestimmte Artikel selbstständig stehen:
Bei dem Hauptausgang wartete eine Taxe. Er ... hieß ihn, die Koffer auf das Zimmer zu bringen (Sebastian). Der Angestellte Lauterbach ist am frühesten auf das Büro gekommen (Fallada). Sie stieg in das Auto.
Das Artikelwort der, die, das steht vor allem dann getrennt, wenn das Folgende durch einen Nebensatz oder durch den Rede- oder Textzusammenhang näher bestimmt wird. Es hat dann verweisende Funktion:
Ich ging vor das Tor, das sie als Treffpunkt vereinbart hatten. In das (= dieses) Haus sollen wir gehen? Der Ring saß noch an dem (= demselben) Finger, an dem er gestern gesteckt hatte. Dort? In dem Haus ist niemand.
In bestimmten Fällen tritt dann die Verschmelzung ein, wenn ganz allgemein ein Bereich angegeben werden soll, etwa der Bereich der Zugehörigkeit, der Herkunft, des Beschäftigtseins u. Ä.:
Sie geht aufs Gymnasium (und nicht in die Hauptschule). Er zieht aufs Dorf (und nicht in die Stadt). Wir kaufen das Fleisch beim Fleischer, selten im Supermarkt. Sie waren beim Film (Koeppen). Ich gehe ins Kino (und nicht ins Theater); vom Lande sein (nicht aus der Stadt). Kann es nicht jemand sein, der nicht vom Zirkus ist? (Remarque). Sie will zum Theater / zum Film gehen.
Der Artikel wird dann selbstständig gebraucht, wenn nicht allgemein ein Bereich, sondern etwas Einzelnes, näher Bestimmtes, Bekanntes angesprochen wird:
Sie geht auf das Schillergymnasium. Wir kaufen das Fleisch immer bei dem Fleischer, der sein Geschäft im vorigen Jahr eröffnet hat. Ich gehe in das Kino, das neben dem Bahnhof liegt. Er ist aus dem Dorf, das an der Grenze liegt.
Auch bei Zeitangaben findet sich die Verschmelzung häufig. Fest ist sie bei Datumsangaben:
Es begab sich aber, dass Oskar am zwölften Juni dreiundvierzig nicht in Danzig-Langfuhr weilte (Grass). Bugenhagen wurde in der Nacht vom 4. auf den 5. September ... in die Klinik eingeliefert (Jens).
Bei anderen Zeitangaben ist gelegentlich das selbstständige Artikelwort neben der Verschmelzung möglich. Während am Tage, am Morgen, am Mittwoch allgemein eine Tageszeit oder einen Zeitpunkt angeben, verweist der, die, das auf einen ganz bestimmten Tag, Morgen oder Mittwoch, der durch einen Nebensatz oder den Rede- oder Textzusammenhang näher erläutert wird:
An dem (= diesem) Tage, an dem das geschah, war sie nicht zu Hause. An dem (= diesem) Mittwoch war er verreist. Von dem (= diesem) Herbst an gab es keine Meinungsverschiedenheiten mehr.
1.
2.4 Verschmelzung vor mehreren abhängigen Nominalausdrücken (vom Erfolg und den Plänen / vom Erfolg und von den Plänen):
Von einer Verschmelzung können korrekterweise nur dann mehrere Nominalausdrücke abhängen, wenn diese die gleiche flektierte Artikelform haben:
Man sprach vom (= von dem) Leben und (vom (= von dem)) Erfolg der Ministerin.
Mehrere Nominalausdrücke, deren flektierte Artikelformen unterschiedlich sind, können nicht von einer Verschmelzung abhängen. In diesen Fällen wird die Präposition wiederholt.
Nicht korrekt: Man sprach vom Erfolg der Ministerin und den weiteren Plänen. Richtig: Man sprach vom Erfolg der Ministerin und von den weiteren Plänen. Nicht korrekt: Sie war vom Glanz und der Pracht des Festes wie betäubt. Richtig: Sie war vom Glanz und von der Pracht des Festes wie betäubt. Nicht korrekt: Geradeaus kommen Sie zum Markt und der Stadthalle. Richtig: Geradeaus kommen Sie zum Markt und zur Stadthalle.
1.
2.5 Verschmelzung vor einem attribuierten Nominalausdruck (im schlechten Zustand / in schlechtem Zustand):
Bei einem Substantiv, das ein Adjektiv als Attribut bei sich hat, kann die Verschmelzung in Verbindung mit dem schwach flektierten Adjektiv stehen: im schlechten Zustand, oder es steht die einfache Präposition in Verbindung mit dem stark flektierten Adjektiv: in schlechtem Zustand. Diese doppelte Möglichkeit bereitet gelegentlich Schwierigkeiten. Die Verschmelzung, z. B. im, entspricht der Präposition mit dem bestimmten Artikel, in diesem Falle = in dem: im schlechten Zustand = in dem schlechten Zustand. Die Fügung in schlechtem Zustand entspricht hingegen einer Konstruktion mit dem unbestimmten Artikel: in einem schlechten Zustand.
Man sollte den bestimmten Artikel in Verbindung mit dem schwach flektierten Adjektiv verwenden, wenn mit dem Substantiv etwas Bestimmtes, etwas bereits im Rede- oder Textzusammenhang Genanntes oder etwas, was als bekannt vorausgesetzt ist, angesprochen wird. Gerade in solchen Fällen sind selbstständiges Artikelwort und Präposition oft angemessener als die Verschmelzung: In dem (hier nicht: im) schlechten Zustand, den Sie mir beschrieben haben, kann der Patient nicht verlegt werden. Sonst sollte man die Präposition in Verbindung mit dem stark flektierten Adjektiv verwenden; das betrifft vor allem geläufige Verbindungen mit Substantiven wie Zustand.
So kennzeichnet der Satz Das Haus befand sich in schlechtem Zustand die Verfassung des Hauses in ganz allgemeiner Weise (= Das Haus befand sich in einem schlechten Zustand). Der Satz Wir haben das Haus bereits im denkbar schlechtesten Zustand übernommen kennzeichnet hingegen den Zustand genauer als den schlechtesten Zustand, den man sich vorstellen kann. So heißt es Weil ich mich vor vorzeitigem Zynismus ... bewahren möchte (Remarque), weil die Haltung des Zynismus in ganz allgemeiner Weise gemeint ist; man könnte jedoch auch schreiben Weil ich mich vor dem / vorm vorzeitigen Zynismus dieser Generation bewahren möchte, weil hier die Haltung des Zynismus durch das Genitivattribut dieser Generation näher bestimmt und festgelegt ist.
2 Präposition + Genitiv / Dativ
(innerhalb dreier Monate / innerhalb drei Monaten · wegen Umbaus geschlossen / wegen Umbau geschlossen)
Einige Präpositionen verbinden sich ursprünglich mit dem Dativ (aus jmdm. Trotz bieten z. B. trotzdem, trotz dem Regen), andere verbinden sich von vornherein mit dem Genitiv (aus von seines Vorhabens wegen z. B. wegen seines Vorhabens). Im Gegenwartsdeutschen stehen solche Präpositionen, wie z. B. abzüglich, dank, einschließlich, innerhalb, kraft, längs, laut, mittels(t), statt, während, standardsprachlich im Allgemeinen mit dem Genitiv: innerhalb dreier Monate, mittels eines Drahtes, statt des Planes. Folgt jedoch ein allein stehendes singularisches Substantiv, dessen Genitiv mit -(e)s gebildet wird, bleibt es in der Regel ohne Flexionsendung: einschließlich Porto, wegen Umbau. Der Genitiv wird auch vermieden unter den nachstehenden Voraussetzungen (der Dativ wird hier dem Genitiv vorgezogen):
2.
1 stark flektierter Nominalausdruck im Plural
Bei einem Nominalausdruck mit stark flektiertem Substantiv (z. B. Monat), der im Plural steht (die Monate), stimmt der Genitiv mit dem Nominativ und Akkusativ überein. Wird der Genitiv Plural als Kasus durch Begleitwörter, wie etwa den Artikel, deutlich, dann verwendet man gewöhnlich den Genitiv: innerhalb dreier Monate, mittels dünner Drähte, statt unserer Pläne. Ist der Genitiv formal nicht zu erkennen, dann verwendet man den Dativ, um eine Verwechslung mit dem Nominativ oder Akkusativ zu vermeiden: innerhalb fünf Monaten, laut Briefen, mittels(t) Drähten, statt Worten, trotz Beweisen, während zehn Jahren, wegen Geschäften.
2.
2 Präpositionalgruppen in Verbindung mit einem Genitivattribut
Schwankungen zwischen Genitiv und Dativ treten auch dann auf, wenn einem Nominalausdruck mit stark flektiertem Substantiv im Genitiv Singular (während des Vortrags) ein Genitivattribut mit stark flektiertem Substantiv im Singular folgt (während des Vortrags meines Freundes). Das Nebeneinander zweier starker Genitive wird durch das Ausweichen auf den Dativ vermieden. Dabei ist die Stellung des Attributs von Bedeutung:
Wenn das Genitivattribut zwischen der Präposition und dem von der Präposition abhängenden Substantiv steht, dann wird dieses in der Regel in den Dativ gesetzt:
längs Potsdams (schönem) Havelufer (für: längs Potsdams schönen Havelufers); laut Meiers grundlegendem Werk (für: laut Meiers grundlegenden Werkes); trotz Hansens zeitweiligem Widerstreben (Kafka; für: trotz Hansens zeitweiligen Widerstrebens); während meines Freundes aufschlussreichem Vortrag (für: während meines Freundes aufschlussreichen Vortrags); wegen meines Onkels plötzlichem Tod (für: wegen meines Onkels plötzlichen Todes).
Wenn dagegen das Genitivattribut seinem Bezugssubstantiv im Genitiv folgt, ist der Gebrauch des Dativs anstelle des Genitivs ebenfalls häufig, aber weniger fest. Der Dativ tritt nach den Präpositionen dank, längs, laut, statt und trotz auf, die auch sonst noch zuweilen in der Standard- oder Umgangssprache neben dem Genitiv den Dativ regieren:
längs dem Sims des Palastes (für: längs des Simses des Palastes); laut dem Bericht des Bürgermeisters (für: laut des Berichtes des Bürgermeisters); trotz dem Rauschen des Meeres (für: trotz des Rauschens des Meeres).
Bei innerhalb, mittels(t), während und wegen steht im Allgemeinen der Genitiv. Hier kann man stilistische Härten durch die Wahl unterschiedlicher Artikelwörter und Attribute vermeiden:
innerhalb des Hauses des überraschten Bürgermeisters, mittels(t) des Rasierapparates seines Vaters, während des Vortrags dieses Lehrers, wegen des ehrgeizigen Planes eines Vorstehers.
3 Häufung von Präpositionen
(in unter der Erde liegenden Räumen · für im vergangenen Jahr geleistete Arbeit)
Stehen unmittelbar nebeneinander zwei Präpositionen, von denen jede einen anderen Nominalausdruck regiert, dann sind die verschachtelten Fügungen oft schwer verständlich. Man sollte nach Möglichkeit eine stilistisch bessere Konstruktion, etwa einen Relativsatz, verwenden. Häufig kann auch schon der Artikel nach der ersten Präposition das Verständnis erleichtern:
mit vor Zorn funkelnden Augen, besser: mit Augen, die vor Zorn funkelten; für im vergangenen Jahr geleistete Arbeit, besser: für die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit oder: für die Arbeit, die im vergangenen Jahr geleistet wurde; von unter der Erde befindlichen Anlagen, besser: von den unter der Erde befindlichen Anlagen oder: von Anlagen, die unter der Erde liegen; in mit allem Luxus ausgestatteten Wohnräumen, besser: in Wohnräumen, die mit allem Luxus ausgestattet waren.
Sind neben den aufeinanderfolgenden Präpositionen z. B. noch Funktionsverbgefüge o. Ä. in den Satz mit einbezogen, so wird die Konstruktion oftmals völlig undurchsichtig. Zu den inhaltlichen Schwierigkeiten kommen dann die grammatischen hinzu:
Der Aufwand enthält Zinsen für nach Fälligkeit zur Auszahlung gelangte (nicht: gelangter) Leistungen. Besser: Der Aufwand enthält Zinsen für Leistungen, die nach der Fälligkeit zur Auszahlung gelangt sind.
Drei Präpositionen nebeneinander sollten in jedem Falle vermieden werden.
Nicht: infolge von durch das Finanzamt erlassenen Verordnungen, sondern: infolge der durch das Finanzamt erlassenen Verordnungen oder: infolge der Verordnungen, die das Finanzamt erlassen hat.
Nicht hierher gehört das Nebeneinander von einer Präposition und einem Adverb oder einer Konjunktion: mit (= Präposition) gegen (= Adverb im Sinne von »ungefähr«) hundert Arbeitern, sondern (= Konjunktion) am (= Präposition) Sonntag. Diese Fügungsweise ist durchaus korrekt und meistens gut verständlich. Gelegentlich wird selbst eine Präpositionalgruppe von einer Präposition abhängig gemacht. Dies ist häufig unvermeidlich und unproblematisch (bis nach Hamburg, nach über zehn Monaten) gilt in anderen Fällen jedoch als umgangssprachlich oder dialektal:
Haste noch Beton für untern Sockel? (Grass). ... die Zeitung stammte noch von vor dem Krieg (Kolb). Standardsprachlich würde es heißen: Die Zeitung stammte noch aus der Zeit vor dem Krieg.
4 Rektionsschwierigkeiten bei mehreren Präpositionen vor einem Substantiv
(mit und ohne Kinder / mit und ohne Kindern)
Mehrere Präpositionen, die den gleichen Kasus, etwa den Dativ, regieren, können ohne Weiteres vor einem Nominalausdruck stehen: Die Kinder spielten vor, neben und hinter dem Haus.
Regieren die Präpositionen verschiedene Kasus, etwa den Dativ und den Akkusativ, dann genügt es, den Nominalausdruck einmal zu setzen, wenn dieser im Dativ und Akkusativ dieselbe Form hat: mit und ohne Gott, mit und ohne Aufbegehren, in und um sich.
Hat jedoch der Nominalausdruck im Dativ eine andere Form als im Akkusativ, dann kann er entweder wiederholt oder einmal durch ein entsprechendes Pronomen ersetzt werden: mit Büchern oder ohne Bücher, mit Büchern oder ohne sie. Wo das zu schwerfällig wirkt, wird in der Standardsprache der Nominalausdruck gewöhnlich in den Kasus gesetzt, den die zweite der beiden Präpositionen verlangt, denn sie steht näher am Nominalausdruck. Dabei geht der Dativ in der Regel dem Akkusativ voraus: mit und ohne Kinder, Übersetzungen aus der und in die englische Sprache. Nicht korrekt ist es, den Kasus zu wählen, den die entfernter stehende Präposition verlangt: mit und ohne Kindern (richtig: ohne und mit Kindern). Nicht korrekt: Literatur aus und über anderen Ländern (richtig: Literatur aus und über andere Länder). Ellipse (5).
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