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Political Correctness
Political Correctness (abgekürzt: PC ('pi:'si:)) ist eine Anfang der 1990er-Jahre an Universitäten der USA geprägte, umstrittene Bezeichnung für eine »richtige« Einstellung, die alle Handlungen und Ausdrucksweisen ablehnt, die Personen aufgrund ihrer Rasse, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen bzw. emotionalen Neigung, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Schicht, ihrer körperlichen oder geistigen Behinderung diskriminieren. Political Correctness schlägt sich vor allem im Gebrauch bzw. Nichtgebrauch entsprechend bewerteter Wörter und Wendungen nieder und hat als eine Form von Sprachregelung zu gelten. Der Ausdruck Political Correctness / PC wird wegen seiner Unschärfe, die gelegentlich zu Übertreibungen und Pedanterie führt, kritisiert und häufig ironisiert; inhaltliche Kritik entzündet sich vor allem an der Frage, ob ohne Überzeugung angewandte Sprachgebrauchsregelungen die geforderte Verbesserung der sozialen Wirklichkeit herbeiführen können. Obwohl das Konzept der PC in Europa weitgehend auf Unverständnis und Ablehnung stößt, zeitigt es deutliche Auswirkungen auf den öffentlichen Sprachgebrauch. Dabei kann - anders als in den USA - zumeist keine politisch korrekte, verbindlich »richtige« Bezeichnung genannt werden, sondern es kann nur aufgelistet werden, welche Wörter nicht mehr unreflektiert verwendet werden sollen. Es handelt sich dabei meist nicht um Bezeichnungen, die offensichtlich diskriminierend gemeint sind, sondern vielmehr um solche Bezeichnungen, die lange Zeit neutral verstanden wurden und dementsprechend etwa auch in Wörterbüchern nicht mit Markierungen wie z. B. abwertend gekennzeichnet wurden. Das Phänomen Political Correctness geht weit über eine normale Sprachbeschreibung hinaus und ist deshalb auch eher Thema politischer Streitkultur als sprachwissenschaftlicher Auseinandersetzungen. Die folgende Auflistung kann aus all diesen Gründen weder Anspruch auf Vollständigkeit noch auf uneingeschränkte Gültigkeit erheben. Sie wird ergänzt durch Hinweise bei den entsprechenden Stichwörtern.1.
Verwendung der gewünschten Eigenbezeichnungen:
Wichtigstes Prinzip der PC ist die Übernahme der von den Betroffenen gewünschten Eigenbezeichnungen. So wird bereits seit Jahren vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sowie von einigen anderen Gruppen die Bezeichnung Zigeuner als diskriminierend abgelehnt. Sie soll durch Sinti und Roma ersetzt werden. Andere Gruppen wählen jedoch weiterhin die Eigenbezeichnung Zigeuner, sodass es gerade in diesem Bereich keine einheitliche Sprachregelung geben kann. Ähnlich umstritten ist die Verwendung des Wortes Eskimo, das »Rohfleischesser« bedeutet und deshalb in der Sprache dieses Volkes nicht verwendet wird. Die Selbstbezeichnung ist Inuit. In einem Fall wie diesem ist allerdings unklar, wieweit die Verwendung von Eskimo bei uns von Bedeutung für die Inuit ist. In deutschsprachigen Ländern bezeichnen sich homosexuelle Männer selbst als Schwule, homosexuelle Frauen als Lesben. Die Verwendung der Bezeichnung homosexuell beziehe sich zu Unrecht allein auf das Geschlechtsleben, Schwulsein bzw. Lesbischsein seien dagegen Ausdruck einer anderen emotionalen Neigung und einer anderen Lebensart. In diesem Fall ist also eine ursprünglich eher abwertend gemeinte Bezeichnung zur politisch korrekten geworden. Das bekannteste Beispiel für Political Correctness ist die Ablehnung des Wortes Neger in der Sprache der Öffentlichkeit. Die mit diesem Wort verbundenen Vorstellungen sind für die jüngere und mittlere Generation insgesamt so negativ, dass das Argument, das Wort sei neutral gemeint, nicht mehr akzeptiert wird. Es sollen also andere Bezeichnungen wie Afrikaner, Schwarze, schwarze Deutsche, Afroamerikaner, Afrodeutsche gewählt werden. Von deutschen Bürgern mit Eltern oder Vorfahren unterschiedlicher Hautfarbe wird auch die Bezeichnung Mulatte / Mulattin abgelehnt; die gewünschten Eigenbezeichnungen sind daher ebenfalls schwarze(r) Deutsche(r) oder Afrodeutsche(r). Allgemein sollte man, um einen Menschen zu identifizieren oder zu beschreiben, nicht zuerst auf die Hautfarbe, sondern z. B. auf Name, Alter, Beruf, Wohnort o. Ä. zurückgreifen. Die Wahl zwischen »Ersatzbezeichnungen« unterschiedlicher Gebräuchlichkeit und Akzeptanz erübrigt sich hiermit. Die Bezeichnung Mohammedaner für Moslem (in etwa: »einer, der sich Gott unterwirft«) sollte vermieden werden, weil damit eine unpassende Parallele zu Christ »einer, dessen Gott Jesus Christus ist« gezogen wird: Im Islam wird der Religionsstifter Mohammed nicht als Gott, sondern als Prophet verehrt. Die Sprachbezeichnung Serbokroatisch ist inzwischen historisch belastet, da sie nur noch von den Serben verwendet wird; in den anderen Teilen des ehemaligen Jugoslawiens heißt dieselbe Sprache Bosnisch bzw. Kroatisch. Ein wichtiger Bereich, mit dem sich Political Correctness beschäftigt, ist die Verwendung nationaler Stereotypen in sprichwortähnlichen Zusammenhängen. Zu dieser Form der PC gehört im weiteren Sinne auch die Vereinbarung der Grünen im Bundestag, auf die Ausdrücke türken (fingieren, fälschen) bzw. getürkt und einen Türken bauen (etwas mit betrügerischer Absicht als echt hinstellen) zu verzichten.
2.
Orientierung an fachsprachlichen Bezeichnungen:
Als ein zweites wichtiges PC-Prinzip kann die Verwendung fachsprachlicher Bezeichnungen bzw. die Vermeidung umgangssprachlicher Ausdrücke genannt werden. Dieses Prinzip kommt besonders bei der Benennung von Behinderungen und Verhaltensauffälligkeiten zum Tragen. In der Psychologie als auffällig gekennzeichnetes Verhalten wird nicht mehr als abartig bezeichnet; ehemals medizinische, jetzt nur noch umgangssprachliche Ausdrücke wie Irresein, Irrsinn für verschiedene Formen endogener psychischer Krankheiten oder Schwachsinn für geistige Behinderung unterschiedlicher Schwere gelten als diffamierend. Zur Bezeichnung körperlicher Auffälligkeiten wird das neutralere fachsprachliche Fehlbildung dem Wort Missbildung vorgezogen. Krankheiten mit entsprechendem Gesamtbild werden als Fehlbildungssyndrom bezeichnet. Das bekannteste Beispiel ist die Ablösung des umgangssprachlichen Mongolismus durch die fachsprachlichen Bezeichnungen Downsyndrom bzw. Trisomie 21. Kleinwüchsige Menschen werden nicht mehr als zwergwüchsig bezeichnet und werden allenfalls in artistischem Zusammenhang Liliputaner / Liliputanerinnen genannt. Gelegentlich wird auch das Wort Behinderte als zu unpersönlich kritisiert. Ausweichformen sind behinderte Personen, behinderte Menschen oder Menschen mit Behinderungen. Legale Varianten des Sexuallebens sollen neutral benannt und keinesfalls unter den Ausdruck Perversion subsumiert werden, da es gerade auf diesem Gebiet bei den Maßstäben für Normalität und Abweichung große individuelle Unterschiede gibt.
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