Duden Richtiges und gutes Deutsch
Partizip I
Das Partizip I wird mithilfe der Endung -end bzw. (bei Verben auf -eln und -ern) -nd vom Infinitivstamm des Verbs abgeleitet: lachend, hungernd, tadelnd. Es gehört nicht zum Konjugationssystem des Verbs, sondern wird fast nur als Adjektiv verwendet und stellt in seiner Grundverwendung einen Vorgang im Verlauf dar: Das lachende Kind. Es kam lachend herein.1.
Steigerung des Partizips I:
Das Partizip I kann nur gesteigert werden, wenn es (in abgeleiteter Bedeutung) eine Eigenschaft (schreiendere Farben), nicht wenn es einen Vorgang bezeichnet (nicht möglich: schreiendere Kinder). Im Superlativ darf das -d der Endung nicht ausgelassen werden; also nur: in aufopferndster Weise; das bezauberndste Wesen. Vergleichsformen (3.1).
2.
Die letzte Lieferung betreffend(,) möchten wir Ihnen mitteilen ...:
Von einem absoluten oder unverbundenen Partizip I spricht man dann, wenn sich das Partizip nicht unmittelbar auf ein Satzglied des übergeordneten Satzes bezieht. Dieser dem Kanzleistil entstammende und oft als steif empfundene Gebrauch beschränkt sich im Wesentlichen auf Formen wie (an)betreffend, an(be)langend, angehend, folgend, beginnend. (Die letzte Lieferung betreffend(,) möchten wir Ihnen mitteilen ...).
Bei Ihr Einverständnis voraussetzend(,) haben wir ... handelt es sich nicht um ein absolutes Partizip I, denn voraussetzend bezieht sich auf das Subjekt des übergeordneten Satzes (Indem wir Ihr Einverständnis voraussetzen ...).
3.
Diese Meinung ist vorherrschend / herrscht vor:
Trotz seiner adjektivischen Eigenschaften wird das Partizip I im Allgemeinen nicht prädikativ gebraucht (also nicht: Sie ist diskutierend). Ausgenommen davon ist eine Gruppe von Partizipien, die durch Bedeutungsdifferenzierung oder durch das Verschwinden der übrigen Konjugationsformen vom Verb isoliert und zu echten Adjektiven geworden sind. (Vgl. etwa Das Buch ist spannend. Du bist reizend. Er ist leidend. In diesen Sätzen haben die entsprechenden Verben spannen, reizen, leiden eine andere Bedeutung.)
Gelegentlich wird das Partizip I auch prädikativ anstelle der Personalform des Verbs eingesetzt. Stilistisch besser ist im Allgemeinen die Personalform des Verbs:
Es überrascht / Es ist überraschend, wie gut sie sich eingefügt hat. Zumindest herrscht diese Meinung vor / Zumindest ist diese Meinung vorherrschend.
4.
fahrende Habe · sitzende Lebensweise:
In der Regel hat das Partizip I aktivische Bedeutung, d. h., es sagt etwas aus über Verhalten oder Tätigkeit des im zugeordneten Substantiv Genannten (ein schlafendes Kind - ein Kind, das schläft). Ausnahmen hiervon sind etwa betreffend »zuständig; sich auf jmdn. / etw. beziehend; genannt« in Beispielen wie die betreffende Sachbearbeiterin, die diesen Fall betreffende Regel oder fahrend und liegend in den (veralteten rechtssprachlichen) Wendungen fahrende bzw. liegende Habe »beweglicher Besitz« bzw. »Grundbesitz«.
Eine Besonderheit stellen auch Verbindungen wie die sitzende Lebensweise und die liegende Stellung dar, in denen das Partizip I nur attributiv gebraucht werden kann. Das Partizip gibt in diesen Fällen an, welches Verhalten mit dem im Substantiv Genannten verbunden ist, aber nicht von diesem ausgeübt wird: die Lebensweise des Sitzens, die Stellung des Liegens. Demgegenüber wird z. B. mit dem Ausdruck die am Schreibtisch sitzende Frau gesagt, dass die Frau am Schreibtisch sitzt, d. h., dass sie sich in bestimmter Weise verhält. In diesem Falle ist das Partizip nicht auf die attributive Stellung beschränkt. Es kann heißen: Sie verbrachte den Tag am Schreibtisch sitzend und Ich fand die Frau am Schreibtisch sitzend.
5.
ein zu billigender Schritt · ärztlich zu versorgende Personen:
Gerundiv. Vgl. auch Partizip und Partizipialgruppe.
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