Duden Richtiges und gutes Deutsch
Kongruenz
Unter grammatischer Kongruenz versteht man die grammatisch-formale Abstimmung von Satzgliedern oder zusammengehörenden Teilen von Satzgliedern. Mit »Abstimmung« ist gemeint, dass sich eine grammatische Kategorie des einen Ausdrucks mit der grammatischen Kategorie des anderen ändert. So steht das Subjekt im Satz Die Frau singt im Singular und ebenso das finite Verb. Setzt man das Subjekt in den Plural, so muss das Verb dem folgen: Die Frauen singen, und man sagt, Subjekt und finites Verb kongruieren im Numerus. Kongruenz ist ein Mittel, mit dem syntaktische Beziehungen gekennzeichnet werden. Schwankungen bei dieser formalen Abstimmung ergeben sich - auch in der Standardsprache - häufig dann, wenn Formen nicht nur nach grammatischen Gesichtspunkten, sondern auch nach der Bedeutung gebildet werden (sog. Synesis (nach griech. katа synesin »dem Sinne nach«) oder lat. constructio ad sensum (»Konstruktion nach dem Sinn«)). Die Kongruenz zeigt sich im Numerus, in der Person, im Genus und im Kasus. Daran orientiert sich auch die Gliederung dieses Kapitels:1 Kongruenz im Numerus
1.1 Subjekt im Singular (Ein Kilogramm Linsen reicht / reichen aus Eine Menge Äpfel lag / lagen unter dem Baum usw.)
1.2 Subjekt im Plural (2 Cent ist / sind zu viel · 20 % des Materials wurden / wurde beschlagnahmt usw.)
1.3 Mehrere Subjektteile (Links und rechts finden / findet doch nicht zusammen · Die Mitschüler und jedermann gab / gaben zu usw.)
1.4 Kopulasatz (Gleichsetzungssatz) und verwandte Konstruktionen (»Häuser« ist / sind der Plural von »Haus« · Eine Reihe Studenten war / waren bereits Mitglied usw.)
1.5 Pronomen (ein Gewand, wie es üblich ist / wie sie üblich sind·Alexander und Tanja waren vergnügt, weil sie ... · Das Buch oder die Schrift, die ...)
2 Kongruenz in der Person
2.1 Subjektteile mit kopulativen Konjunktionen (... haben mein Vater und ich uns sehr gefreut usw.)
2.2 Subjektteile mit disjunktiven Konjunktionen (Er oder ich habe das getan usw.)
2.3 Relativsatz (Du, die du das erlebt hast ... / Du, die das erlebt hat ...)
3 Kongruenz im Genus
3.1 Sie ist Besitzer / Besitzerin, Minister / Ministerin · Sie ist Herr / Herrin der Lage
3.2 Dieses Mädchen ist eine gute Rechnerin · ein guter Rechner · Das Fräulein, das / die ...
3.3 Lieber / Liebes Hansel!
3.4 Die Autoindustrie, der beste Abnehmer / die beste Abnehmerin ...
3.5 Unser Kunde, die Firma Meier, die / der ...
3.6 der / die Deutsche Milchhof GmbH
4 Kongruenz im Kasus
4.1 Er behandelt ihn wie ein Schurke / wie einen Schurken
4.2 Er klagt sich als der / den Mörder an
4.3 Sie lässt Gott ein guter / einen guten Mann sein
4.4 bei einer Frau wie Sie / wie Ihnen
1 Kongruenz im Numerus
Das Subjekt und das Verb (Finitum) eines Satzes sind im Allgemeinen hinsichtlich des Numerus aufeinander abgestimmt. Singular: Die Rose blüht. Plural: Die Rosen blühen. Schwierigkeiten entstehen dann, wenn mehrere Subjektteile etwa mit verschiedenem Numerus vorkommen, wenn das Subjekt formal im Singular steht, damit jedoch eine pluralische Bedeutung verbunden ist usw. Zu unterscheiden sind dabei Fälle mit einem Subjekt im Singular (1.1) oder im Plural (1.2) und Fälle mit mehreren Subjektteilen (1.3).
1.
1 Subjekt im Singular
1.
1.1 Ein Kilogramm Linsen reicht / reichen aus:
Folgt einer singularischen Maßangabe wie etwa 1 Pfund / Gramm / Kilo(gramm) die Stoffbezeichnung im Singular, dann steht das Verb ebenfalls im Singular:
Ein Pfund Speck wurde angebraten. Ein Kilogramm Fleisch wurde abgewogen.
Ein Gramm Pfeffer reicht für dieses Gericht aus.
Auch bei einer Stoffbezeichnung im Plural steht das Verb in der Regel im Singular; doch findet sich in diesen Fällen gelegentlich auch der Plural, und zwar besonders dann, wenn die Stoffbezeichnung als Apposition im gleichen Kasus wie das Bezugswort steht:
Ein Pfund Bohnen wurde / wurden gekocht. Ein Kilogramm Linsen reicht / reichen nicht aus. Ein Kilogramm dieser Linsen kostet / (selten:) kosten 1,50 Euro.
Hier entscheidet der Sprecher mehr nach der Bedeutung. Der Plural der Stoffbezeichnung kann so verstanden werden, dass eine Mehrheit bezeichnet ist, etwa so, als stünde dort: Bohnen in der Menge von einem Kilogramm wurden gekocht.
1.
1.2 Ein Drittel der Mitglieder stimmte / stimmten ab:
Folgt einer singularischen Prozent- oder Bruchzahl ein Nominalausdruck im Genitiv, so steht das finite Verb im Singular, wenn auch das Subjekt im Singular steht:
Ein Drittel der Mannschaft war krank. Nur ein Prozent der Belegschaft war anwesend.
Handelt es sich beim Genitiv dagegen um einen Nominalausdruck im Plural, so kann das Verb auch im Plural stehen:
Ein Drittel der Mitglieder stimmte / stimmten ab. Weniger als ein Prozent der Angestellten war / waren anwesend.
1.
1.3 Eine Menge faule Äpfel lag / lagen unter dem Baum:
Wenn einer singularischen Mengenangabe wie
Anzahl, Bande, Dutzend, Gruppe, Hälfte, Handvoll, Haufen, Heer, Herde, Kreis, Masse, Mehrzahl, Menge, Paar, Reigen, Reihe, Schar, Schock, Teil, Trupp, Unmasse, Volk, Zahl
das Gezählte im Plural folgt (Äpfel), dann steht das finite Verb überwiegend im Singular:
Eine Menge faule Äpfel / fauler Äpfel / von faulen Äpfeln lag unter dem Baum.
Es war wie immer eine Menge Leute da. Eine Handvoll Fehler muss noch korrigiert werden. Über dem See schwirrte eine Unmasse von Mücken.
Daneben kommt aber auch der Plural des Verbs vor, besonders dann, wenn das Gezählte als Apposition im gleichen Kasus wie die Mengenangabe steht. Der Sprecher entscheidet hier häufig nach der Bedeutung:
Eine Menge faule Äpfel lagen unter dem Baum. Es waren eine Menge Leute da.
... wo eine Menge sonderbare Sachen herumliegen (Th. Mann). ... schreiten eine Anzahl Pilger ... (Nigg). Die Hälfte meiner Gedanken waren immer bei ihr (Grass).
Eine Reihe von edlen und nüchternen Geistern haben den Rauchtabak verabscheut (Th. Mann).
Bei Mengenangaben, mit denen eine genaue Zahl genannt wird, wie Dutzend, Paar, Schock, steht häufig der Singular:
Ein Dutzend Eier (= 12 Stück) kostet 2,40 . Dieses Paar (Stiefel) kostet 100 .
Ähnlich wie die Mengenangaben kann auch das Substantiv Art in folgendem Satz behandelt werden:
Welche Art Übungen wurde im Unterricht absolviert? / Welche Art Übungen wurden im Unterricht absolviert?
Zu Mehr als die Hälfte der Eltern hat / haben 1.1.7.
1.
1.4 Es wird / werden acht Stunden dazu benötigt:
Ein es am Anfang des Satzes kann als Pronomen für einen anderen Nominalausdruck stehen: Das Kind weinte. Es (= das Kind) hatte sein Eis fallen lassen. Übt dieses es eine andere Funktion aus, so ist manchmal schwer zu entscheiden, ob es Subjekt des Satzes ist und also einen Einfluss auf den Numerus des Verbs ausübt oder nicht. Als Subjekt bleibt es auch dann erhalten, wenn ein anderes Satzglied an den Anfang gestellt wird. Das Verb steht dann entsprechend im Singular:
Es nagt wie tausend Skorpione an ihm (H. Kurz) / Wie tausend Skorpione nagt es an ihm.
Wenn das es aber bei dieser Umstellung wegfällt, dann ist es nicht Subjekt und übt keinen Einfluss auf den Numerus des Verbs aus:
Es werden acht Stunden dazu benötigt. (= Acht Stunden werden dazu benötigt.)
Es ist Brot zu kaufen und es sind Schuhe zu kaufen. (= Brot ist zu kaufen und Schuhe sind zu kaufen.)
Vgl. auch Es ist / sind zwei Jahre (her), es (4).
1.
1.5 Niemand, weder sie noch er, hatte / hatten es gehört:
Enthält ein Subjekt im Singular eine Apposition im Plural oder aus aneinandergereihten Teilen, dann kann das Verb in Abstimmung mit dem Subjekt im Singular stehen oder in Abstimmung mit der Apposition im Plural:
Die dritte Stufe, die Stilratschläge, ist besonders gut (Lebende Sprachen).
Die moderne Literatur, Erzählung wie Drama, sind durch eine seltsame Abwendung von der Figur des Helden gekennzeichnet (Lüthi).
1.
1.6 Frau Müller mit ihrer Tochter kam / kamen auch:
Enthält ein singularisches Subjekt ein substantivisches Attribut, das mit einer Präposition, einem Partizip o. Ä. angeschlossen ist, dann steht das Verb im Singular; das Attribut übt keinen Einfluss auf den Numerus aus:
Viele Grüße sendet (nicht: senden) dir Karl nebst Familie.
Trotz dieser Grundregel finden sich im Sprachgebrauch auch Beispiele für den grammatisch nicht korrekten Plural des Verbs:
Frau Kater mit ihrer ... Tochter Susi brachten (richtig: brachte) beim Matzerath ihr Beileid an (Grass). Pflege der Pflanzenwelt, gepaart mit Schädlingsbekämpfung, machen (richtig: macht) ... (Quick).
1.
1.7 Mehr als die Hälfte der Bewohner hat / haben gewählt:
Bei der Verbindung von anderes, mehr, nichts, weniger + als oder außer und einem pluralischen Attribut kann das finite Verb im Singular oder im Plural stehen. Maßgebend ist, ob mehr usw. oder das Attribut betont ist:
Anderes als leere Kartons fand / fanden sich nicht in dem Verschlag. Mehr als Lumpen war / waren da nicht zu finden. In der Mappe war / waren nichts als / außer ein paar leere Bogen.
Im Allgemeinen wird jedoch das Verb in den Plural gesetzt:
... an dem Ort, wo 1928 nicht weniger als hundert Tageszeitungen ... gemacht wurden (Der Spiegel). Mehr als 50 Angestellte arbeiten im Kassenraum (Der Spiegel).
Der Singular scheint vor allem dann möglich zu sein, wenn mit dem attributiven Nominalausdruck etwas Unbelebtes bezeichnet wird; üblich ist er, wenn nichts usw. von dem mit als angeschlossenen Nominalausdruck getrennt ist:
... hinter denen nichts steckt als gute Absichten (Die Zeit). Es war nichts in ihr als ein paar Bogen und Umschläge (Fallada).
Wenn das Attribut im Singular steht, wird das Verb gewöhnlich in den Singular gesetzt:
... in dem nichts als ein Tisch stand (Bloch). ... mehr als ein Jüngling beschritt die Priesterlaufbahn (Nigg).
Wenn das Attribut eine singularische Mengenangabe wie Hälfte, Dutzend ist, der im Allgemeinen das Gezählte im Plural folgt, sind Singular und Plural des Verbs in gleicher Weise möglich und üblich:
Mehr als die Hälfte aller Frauen hat Haarprobleme (Petra). Mehr als die Hälfte aller betroffenen Eltern ... haben schon jetzt bis zu 10 000 DM ... aufwenden müssen (Der Spiegel). Mehr als ein Dutzend weiterer Eheschließungen ... wurde der Polizei allein in Hamburg bekannt (Der Spiegel). (Aber nur:) Mehr als die Hälfte der Bevölkerung (Gezähltes im Singular!) ist unter 30 Jahre alt.
1.
1.8 Wenig war / waren dort versammelt:
Ist wenig oder genug Subjekt, dann steht das Verb im Plural, wenn ein pluralisches Wort wie etwa Menschen / Leute ergänzt werden kann oder wenn ein pluralisches Genitivattribut hinzugefügt ist:
Wenig / Genug (Menschen) waren dort versammelt.
Der Worte sind genug gewechselt.
Kann kein Plural ergänzt werden, dann steht auch das Verb im Singular:
Genug ist nicht genug. Wenig gehört zum Glück.
1.
1.9 Je ein Exemplar dieser Bücher wurde / wurden verschickt:
Hier ist nur der Singular korrekt. je (3).
1.
2 Subjekt im Plural
Von der unter 1 genannten Regel, dass dem Plural des Subjekts der Plural im Prädikat entspricht, gibt es zahlreiche Abweichungen.
1.
2.1 2 Cent ist / sind zu viel:
Bildet eine Maß- oder Mengenangabe mit Euro, Cent, Pfund usw. das Subjekt des Satzes, dann besteht heute besonders in der Alltags- und Umgangssprache die Neigung, das finite Verb in die Singularform zu setzen, auch wenn das Zahlwort nicht eins ist. Zahl und Gezähltes (die endungslose Form Euro, Cent, Pfund usw.) werden dann als Einheit verstanden. Standardsprachlich korrekt ist hier im Allgemeinen nur der Plural:
Achtzig Cent reichen (ugs. auch: reicht) aber nicht aus dafür. Daher werden pro Stück 150 verlangt. Als Preis wurden EUR 58,- vereinbart.
Bei einem Kopulaverb wie sein und einem Prädikativ im Singular sind allerdings beide Möglichkeiten standardsprachlich korrekt:
Zwei Euro sind (oder: ist) doch ziemlich viel Geld für ein solches Heftchen.
Drei Pfund sind (oder: ist) zu wenig für acht Personen.
Auch falls einer solchen Maß- oder Mengenangabe ein singularisches Substantiv wie Gewicht, Beteiligung, Zuwachs folgt, ist der Singular ebenso korrekt wie der Plural:
20 Pfund Gewicht wurden (oder: wurde) gewogen.
Zu Es herrschte / herrschten 30 Grad (Wärme) Grad.
1.
2.2 2 kg Fleisch reichen / reicht nicht aus:
Folgt einer Maßangabe mit Kilo(gramm), Gramm, Pfund, Meter, Liter usw., die eine Mehrheit bezeichnet, die Stoffbezeichnung im Singular, dann steht im Allgemeinen das Verb im Plural:
2 kg Fleisch reichen / (selten:) reicht aus. 100 g Speck werden in feine Würfel geschnitten. 2 Pfund Kalbsleber werden gebraten. 3 m Seide reichen für dieses Kleid aus.
2 l Milch sind zu wenig für uns.
Folgt einer solchen Angabe die Stoffbezeichnung im Plural, dann ist nur der Plural des Verbs zulässig:
300 g Bohnen reichen aus. 4 kg Wurzeln werden gekocht.
Folgt einer Angabe mit Stunde, Tag, Monat, Jahr usw., die eine Mehrheit bezeichnet, eine Tätigkeitsbeschreibung im Singular, so kann das Verb sowohl im Singular als auch im Plural stehen:
Drei Monate Schuften hat / haben sich gelohnt. Zwei Stunden Warten war / waren umsonst.
1.
2.3 Zwei Drittel der Mannschaft wurden / wurde gerettet · 20 % des Materials wurden / wurde beschlagnahmt:
Bei Prozentzahlen (außer 1 %), Bruchzahlen (außer die Hälfte und ein (halbes ..., Drittel, Viertel, Fünftel)) und Dezimalzahlen wird das Verb in der Alltags- und Umgangssprache oft in den Singular gesetzt. Standardsprachlich korrekt ist bei einem nachfolgenden Genitivattribut nur der Plural:
1,5 ml des Serums wurden (ugs.: wurde) vernichtet. 20 % des Materials wurden (ugs.: wurde) beschlagnahmt. Sechs Siebentel des Buches werden von einem Wörterverzeichnis eingenommen (Jellinek). Drei Viertel des Weges sind (ugs.: ist) zurückgelegt. 40 % der demokratischen Wähler plädierten ... für ... Kennedy (Der Spiegel).
Folgt aber der Mengenangabe ein Nominalausdruck im Nominativ Singular, dann ist der Singular des Verbs standardsprachlich korrekt:
70 % Kohle stammt (neben: stammen) aus dem Ruhrgebiet. 1,5 ml Serum wurde (neben: wurden) vernichtet. Zwei Fünftel Kernenergie deckt (neben: decken) den Bedarf. Nicht nur Fachleute wissen, dass in der Welt etwa 20 % mehr Erdöl gefördert als laufend verbraucht wird (Die Zeit).
Zum Plural der Maßeinheit nach 0,1 (0,1 Sekunden) Dezimalzahlen.
1.
2.4 Drei und drei ist / sind sechs:
Bei Rechenaufgaben steht das Verb in der Regel im Singular; doch kommt bei Zahlen außer eins mit sein als Prädikat auch der Plural vor:
Drei und drei ist / sind (macht / gibt) sechs. Fünf weniger drei macht zwei.
Zwei mal zwei gibt vier. Zehn geteilt durch fünf ist / sind zwei.
1.
2.5 »Die Räuber« haben / hat mir gefallen:
Ist der pluralische Titel eines Buches, einer Zeitung, eines Theaterstückes usw. Subjekt, dann steht im Allgemeinen das Verb ebenfalls im Plural, wenn der bestimmte Artikel o. Ä. mit zum Titel gehört:
»Die Räuber« haben immer eine starke Wirkung auf die Jugend ausgeübt. Die Berliner Nachrichten berichteten über dieses Ereignis. (Aber ohne Artikel:) »Gespenster« erregte großes Interesse bei den Zuschauern.
Bei vorangestellter Gattungsbezeichnung steht der Singular:
Das Drama »Die Räuber« hat zu allen Zeiten eine starke Wirkung auf die Jugend ausgeübt.
Titel fremder Zeitungen (Times) usw., die von der Form her Plural sind, werden in der Regel mit dem Singular des Verbs verbunden:
... die New York Times ermittelte sechs Millionen Klampfe spielende Amerikaner (Der Spiegel). Die Iswestija (im Russischen Plural!) bestätigt in einem Leitartikel, dass ...
Vgl. auch 1.3.6 und 1.4.2.
1.
2.6 Die Leute hier, die Landbevölkerung, sind / ist ...:
Enthält ein Subjekt im Plural eine Apposition im Singular, dann kann das Verb in Übereinstimmung mit dem Subjekt im Plural oder in Übereinstimmung mit der Apposition im Singular stehen:
Die Einwanderer, der Konjunkturpuffer, spielen eine ganz wichtige Rolle.
Die Leute hier, vor allem die Landbevölkerung, ist nie nationalsozialistisch gewesen (Der Spiegel). Sehr viele Menschen, vor allem die intellektuelle Elite, hat sich in den dunklen Jahren dem Regime verweigert.
1.
2.7 Schmidt & Partner hat / haben den Auftrag erhalten:
Bei Firmennamen wie »Müller & Meier« oder »Schmidt, Müller & Partner« als Subjekt kann das Verb sowohl im Plural als auch im Singular stehen:
(Die Rechtsanwälte) Müller & Meier suchen eine Sekretärin. (Die Immobilienmakler) Schmidt, Müller & Co haben den Auftrag erhalten.
(Die Anwaltskanzlei) Schmidt, Müller & Partner vertritt den Beklagten. (Die PR-Agentur) Schmidt & Müller hat den Auftrag erhalten.
Vgl. auch Firmennamen (2).
1.
2.8 Die Flottmann-Werke GmbH sucht / suchen Arbeiter:
Enthält ein pluralischer Firmenname eine Abkürzung wie AG, GmbH als Apposition, dann richtet sich das Verb im Numerus nach dem Firmennamen und steht im Plural:
Die Flottmann-Werke GmbH suchen Arbeiter. Die Vereinigten Elektrizitäts-Werke AG haben ihren Jahresbericht vorgelegt.
Sind Aktiengesellschaft oder Gesellschaft mbH u. Ä. jedoch nicht Apposition, sondern Grundwort des Firmennamens, dann steht das Verb im Singular (Abkürzungen (6.1), Firmennamen (2)):
Die Süddeutsche Zucker-Aktiengesellschaft hat beschlossen, dass ...
1.
2.9 Die Hunde wedelten mit dem Schwanz / mit den Schwänzen:
Auch wenn es unlogisch erscheinen mag, steht die Bezeichnung für eine Sache, die sich auf eine Mehrzahl vor allem von Personen bezieht, gewöhnlich im (sogenannten einteilenden oder distributiven) Singular:
Alle hoben die Hand. Viele haben damals ihr Leben verloren. Dieser Kummer brach ihnen das Herz. Die Hunde wedelten mit dem Schwanz. Sie bekamen einen roten Kopf. Sie schüttelten sich die Hand. Mehrere Illustrierte brachten das Bild auf der Titelseite.
In manchen Fällen ist der Sinn des Satzes zu berücksichtigen: In dem Satz Die Antragsteller werden gebeten, das ausgefüllte Formular rechtzeitig einzureichen geht es um ein Formular, in Die Antragsteller werden gebeten, die ausgefüllten Formulare rechtzeitig einzureichen dagegen um mehrere. Zu einen roten Kopf / rote Köpfe bekommen Kopf.
1.
2.10 Die USA hat / haben ...:
Nach Eigennamen, die nur im Plural auftreten (Pluraletantum), als Subjekt steht das Verb im Plural:
Die USA (= die Vereinigten Staaten von Amerika) haben einen Flugzeugträger ins Krisengebiet geschickt. Die SBB (= die Schweizerischen Bundesbahnen) fördern den Gütertransitverkehr.
1.
3 Mehrere Subjektteile
1.
3.1 Links und rechts finden / findet doch nicht zusammen:
Wenn das Subjekt aus nebengeordneten Teilen besteht, die mit und verbunden sind oder ohne verbindende Teile stehen, dann wird im Allgemeinen das finite Verb in den Plural gesetzt. Dies gilt insbesondere dann, wenn beide Subjektteile oder ein Subjektteil im Plural steht:
... mein Hals, meine Brust, mein Kopf waren entzündet (Weiss). Eine unfehlbare Sicherheit des Geschmacks, eine lächelnde, gleitende Überlegenheit machen uns vibrieren (Tucholsky). Links und rechts finden doch nicht zusammen (Der Spiegel). Sie und er hätten ... hervorragende Freunde ... Roms werden können (Wilder). Bund, Länder und Gemeinden dürfen ihre Anlagen ... selbstständig gestalten (Der Spiegel).
Das Verb steht auch dann im Plural, wenn es dem Subjekt vorausgeht. Nur bei singularischen Subjektteilen ist auch der Bezug auf einen Subjektteil und damit der Singular des Verbs möglich, wenn auch seltener als der Plural:
(Üblich:) Zwanzig Minuten danach kamen er und der andere. Bei keinem anderen Teilproblem ... wirkten sich Mangel an Sachkunde und technische Naivität der Bonner Plänemacher so katastrophal aus (Der Spiegel).
(Seltener:) ... wetteiferte Bürgerschaft und ein Teil irregeleiteter Sozialisten (Tucholsky). Zwischen die drei Deutschen hatte sich nur der Schwede Kjell Sjöberg und der Russe Iwannikow geschoben (Olympische Spiele 1964). Der Hass, die Gewalttätigkeit nützte nichts mehr (Weiss). Die Korruption und die Verkennung der Lage fraß nach unten weiter (Tucholsky).
Eine Bevorzugung des Singulars bei vorangestelltem Verb findet sich:
- bei Subjektteilen ohne Konjunktion:
... denn ohne sie wäre die Frau, das Kind vielleicht verhungert (Der Spiegel).
- wenn die Subjektteile durch Teile des Verbs voneinander getrennt sind. Dies gilt auch, wenn die Subjektteile durch andere nebenordnende Konjunktionen als durch und verbunden sind:
Hermine Kleefeld gehörte dazu sowie Herr Albin ...; ferner der ... Jüngling ... (Th. Mann). Dort kann sowohl die Menge der Loden eines Baumstumpfes gemeint sein als auch die Gesamtheit aller Loden im Ausschlagswald (Kehr).
- wenn die Subjektteile dem Verb in Form einer tabellarischen Übersicht folgen:
Als Härtematerial wird empfohlen:
Tapio
Holzzement
Duran
Vorausgesetzt, dass uns ein entsprechender Antrag der Versicherungsnehmerin eingereicht wird, beträgt
die prämienfreie Versicherungssumme 6 398,40 EUR
der Rückkaufswert 2 119,80 EUR
das Dividendenguthaben 5 210,35 EUR
1.
3.2 Die Mitschüler und jedermann gab / gaben zu:
Es ist korrekt, das Verb auf einen singularischen Subjektteil (jedermann) zu beziehen und in den Singular zu setzen, wenn dieser einen anderen Subjektteil (Mitschüler) inhaltlich mit umfasst:
Er und alle Welt redete (nicht: redeten) darüber schon seit Wochen.
Die Mitschüler und jedermann gab (nicht: gaben) zu ... (Hesse).
Gelegentlich wird durch ein dem verbindenden und angefügtes damit, somit, mithin u. Ä. verdeutlicht, dass der zweite Subjektteil inhaltlich mit dem ersten eng verbunden ist. In diesen Fällen sind Singular und Plural des Verbs möglich:
Die Arbeit in der EU und damit / somit auch die Vertretung der Interessen der deutschen Wirtschaft stellen (neben: stellt) hohe Ansprüche an die deutsche Delegation. Da sich zudem durch höhere Umdrehungszahl ... die Luft-Anströmungsgeschwindigkeit an den Rotor-Paddeln und mithin der Auftrieb noch beträchtlich steigern lässt (auch: lassen), dürften ... (Der Spiegel).
Der Singular im folgenden Beleg ist durch die Hervorhebung des zweiten Subjektteils zu erklären:
Das Blut an H.s Schuhen und vor allem die Freundschaft zwischen H. und D. schien dem Kriminalkommissar zu genügen (Quick).
1.
3.3 Zeit und Geld fehlt / fehlen:
Bei formelhaften Subjekten, die oft aus Teilen ohne Artikel o. Ä. bestehen, steht das Verb im Singular, wenn das Subjekt als Einheit verstanden wird. Anderenfalls steht das Verb im Plural:
Grund und Boden darf nicht zum Objekt wilder Spekulationen werden. Groß und Klein (= jedermann) davon. Zeit und Geld fehlt uns. Krankheit und Müdigkeit macht auch Bauern fein (Kafka). Barsänger und Sportsmann (gleichzeitig, das) verträgt sich nicht.
... die verdrehten Vorstellungen, die Freund und Feind sich von diesem Lande machen (Koeppen). Unaufhaltsam wachsen ... Missmut und Unbehagen (Der Spiegel).
1.
3.4 Die technische und künstlerische Begabung des Kindes ist / sind hervorragend:
Bei mit und verbundenen Subjektteilen können sich adjektivische Attribute auf dasselbe, im zweiten Subjektteil stehende Substantiv beziehen (Ellipse (6)); das Verb steht dann im Plural:
Das alte (Buch) und das neue Buch liegen auf dem Tisch.
In manchen Fällen, vor allem bei Abstrakta, die ohne Artikel stehen, besteht die Möglichkeit, die Subjektteile als Einheit zu verstehen und das Verb in den Singular zu setzen. Kann das Subjekt so verstanden werden, dass eine Mehrheit bezeichnet ist, dann ist auch die Pluralform des Finitums möglich:
Die technische (Begabung) und künstlerische Begabung des Kindes ist (neben: sind) hervorragend. Das ist ein Beruf, für den berufliche (Qualifikation) und persönliche Qualifikation erforderlich ist (neben: sind). Das Alte (Testament) und Neue Testament erscheint (neben: erscheinen) hier in einer neuen, zeitgemäßen Übersetzung. Die erste und zweite Mannschaft spielte (neben: spielten) unentschieden.
Dies gilt auch dann,
- wenn die Subjektteile Komposita mit gleichem Zweitglied sind und dies bei dem ersten Subjektteil ausgespart ist:
Die Lohnsteuer- und Einkommensteuerveranlagung wurde (neben: wurden) korrigiert. Die Stahl- und Bauwirtschaft ... gelten ... nicht länger als Wachstumsindustrien (Der Spiegel).
- wenn die Zusammengehörigkeit verschiedener Subjektteile durch ein gemeinsames Artikelwort oder Attribut betont wird:
Alle Zerstörungswut und Herrschsucht in uns durfte sich entfalten (Weiss). ... war die Spannung und Erregung ... abzulesen (Olympische Spiele 1964). ... oft geriet ihr Aussehen und Name schon in Vergessenheit (Kafka). ... dass Ihnen viel Glück, Freude und Gesundheit beschieden sei (neben: seien).
Von diesen Konstruktionen mit mehreren Subjektteilen sind zusammengefasste Sätze zu unterscheiden, in denen gleichlautende Verben oder Verbteile nicht noch einmal wiederholt werden (Ellipse (9)):
Bei dem Unfall wurde der Fahrer getötet und (wurde) der Beifahrer verletzt.
Links lag ein Stoß Papier, rechts (lag) ein Taschenmesser, dahinter (lag) ein Mäppchen. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 1/3, der Beklagte (trägt) 2/3.
Im Übrigen wird die Klage ab-, die Berufung (wird) zurückgewiesen.
1.
3.5 Schmidt und Co., Buchdruckerei, drucken / druckt:
Folgt den Subjektteilen eine Apposition im Singular, dann steht das Verb im Plural, wenn es auf die Subjektteile bezogen ist. Es steht im Singular, wenn es auf die zusammenfassende Apposition bezogen wird. Beide Konstruktionen sind korrekt:
Schmidt u. Co., Buchdruckerei, drucken (neben: druckt) für Behörden und Privatunternehmen schnell und billig. Turm und Brücke - das Hoechster Firmenzeichen - ist (neben: sind) in allen Erdteilen zu Hause.
1.
3.6 »Hermann und Dorothea« wird / werden gelesen:
Ist das Subjekt der Titel eines Theaterstückes u. Ä., dessen Teile durch und verbunden sind, dann wird das Verb in den Singular gesetzt, weil das Subjekt als Einheit anzusehen ist:
»Hermann und Dorothea« wird (nicht: werden) heute nur noch selten in den Schulen gelesen. »Romeo und Julia« wurde (nicht: wurden) in drei Theatern gleichzeitig aufgeführt. »Schneewittchen und die sieben Zwerge« wird (nicht: werden) auch heute noch oft gelesen.
Vgl. auch 1.2.5 und 1.4.2.
1.
3.7 Schimpfen und Lachen drang / drangen:
Sind die aneinandergereihten Subjektteile Infinitive, dann wird das Verb im Allgemeinen in den Singular gesetzt, weil nicht ohne Weiteres klar ist, ob die Infinitive als verbal oder als substantiviert anzusehen sind:
Zu Hause sitzen und nichts tun können und auf die Bomben ... warten ist grauenvoll (Feuchtwanger). Schimpfen, Lachen und Schwatzen drang durch mehrere Türen ... (Th. Mann). Die Vereinigten Staaten zu verlassen und mit Bhakaroff nach Europa zu gehen, brachte immer den gleichen Aufruhr mit sich (V. Baum).
Wenn beide Infinitive einen Artikel haben oder wenn statt eines Infinitivs ein Verbalabstraktum steht, so sind die Infinitive als substantiviert anzusehen. Das Verb steht dann meist im Plural:
Das Wandern und das Schwimmen hatten seinen Körper gestärkt. Schlafen und Doping waren verboten (Die Zeit). Aber auch: Ein Murren des Unwillens, ein empörtes Zischen brandete im Saal auf (V. Baum).
1.
3.8 Jeder Kunde und jeder Mitarbeiter macht / machen sich klar:
Wenn den singularischen Subjektteilen kein, jeder oder mancher vorangestellt ist, dann steht das Verb gewöhnlich im Singular, weil diese Wörter auf das einzelne Lebewesen oder Ding bezogen sind; der Plural ist jedoch auch möglich:
Jeder Kunde und jeder Mitarbeiter macht sich klar, dass ... Jeder Ehemann und jede Ehefrau dürften selbst entscheiden, ob ... (Mannheimer Morgen). Keine Ärzteorganisation, kein Offizierskorps hat Kollegen und Kameraden öffentlich zur Verantwortung gezogen (Tucholsky). Es sollte kein Audi, kein Opel und kein Mercedes geliefert werden. Manche Dozentin und mancher Bibliothekar steht (auch: stehen) dem skeptisch gegenüber.
Wenn die genannten oder ähnliche Pronomen selbst als Subjektteile gebraucht werden, dann steht das Verb in der Regel im Singular:
Jeder und jede fühlte sich untadelig tugendhaft (Wilder). Nichts und niemand kann den Sperrgürtel ... durchqueren (Der Spiegel).
1.
3.9 Nicht nur der Vater, sondern auch die Mutter war / waren da:
Wenn singularische Subjektteile mit nicht nur - (sondern) auch verbunden sind, dann wird das Verb im Allgemeinen in den Singular gesetzt, weil mit dieser Verbindung jeder Subjektteil für sich auf das Verb bezogen wird:
Nicht nur der jüdische Tischler Emanuel Blatt, auch ein Widerstandskämpfer ... hat sich in das Kloster geflüchtet (Bild und Funk). Bisher hat nicht nur der US-Präsident, sondern auch Rotchina gewissenhaft jeden Schritt vermieden, der ... (Der Spiegel).
Das Gleiche gilt für die Verbindung nicht - sondern:
... dass nicht die Tochter, sondern der Sohn auf die Anklagebank gehört.
1.
3.10 Weder Müller noch er wusste / wussten davon:
Werden die Subjektteile mit weder - noch oder mit (so)wie verbunden, dann sind Singular und Plural des Verbs möglich. Der Plural ist häufiger, wenn das Subjekt dem Verb vorausgeht, der Singular dagegen, wenn es ihm folgt:
Weder Pippig noch ein anderer wusste davon (Apitz). Weder er noch ein Mitarbeiter ... hatten unterschrieben (Der Spiegel). ... wobei seine würdige Erscheinung sowie die wache Präzision seiner Aussage allgemeine Anerkennung erntete (Habe). Die tatsächliche sowjetische Kräfteverteilung sowie die Präsenz der Atomwaffen in Ost und West führen uns zu einem Lagebild ... (Der Spiegel).
... hat sich weder die westliche Arbeitsgruppe noch die Außenministerkonferenz ... mit der Frage ... befasst (Der Spiegel). In seinem ... Gesicht waren weder Scheu noch Neugier (Strittmatter). Für jeden Etat ist ein Kundenberater ... sowie eine »kreative Gruppe« von Textern und Grafikern zuständig (Der Spiegel).
Wenn ein Subjektteil im Plural steht, dann wird das Verb in der Regel ebenfalls in den Plural gesetzt.
1.
3.11 Sowohl Vater als auch Mutter hat / haben es gewusst:
Wenn die Subjektteile mit sowohl - als / wie (auch) verbunden sind, dann steht das Verb meist im selben Numerus wie der Subjektteil, der ihm am nächsten steht. Der Plural anstelle des Singulars ist aber ebenfalls korrekt:
... dass offenbar sowohl die Kommunistische Partei als auch die ... Gewerkschaft ... überrollt wurde (Die Zeit). ... muss ich darauf hinweisen, dass es sowohl Gewissenhaftigkeit wie Integrität des Forschers gebieten ... (Jens). Sowohl die Konzeption seines Werkes als auch der Film selbst bestanden zu diesem Zeitpunkt nur in Fragmenten (Bild und Funk).
1.
3.12 Der Vater oder die Mutter hat / haben es gewusst:
Wenn singularische Subjektteile mit der Konjunktion oder verbunden sind, dann ist zu unterscheiden, ob es sich um ein ausschließendes oder (nur eine von zwei Möglichkeiten kommt in Betracht) oder um ein einschließendes oder (von zwei Möglichkeiten kommt nicht nur die eine oder die andere in Betracht, sondern auch beide zugleich können in Betracht kommen) handelt. Wenn die Subjektteile mit ausschließendem oder oder den Konjunktionen entweder - oder, beziehungsweise verbunden sind, dann wird das Verb im Allgemeinen in den Singular gesetzt:
Ich weiß nicht, ob Karl oder Fritz es getan hat. Entweder mein Vater oder meine Mutter hat das gesagt. Die Firma Meier beziehungsweise die Firma Müller wird Stellung nehmen.
Sind die singularischen Subjektteile mit dem einschließenden oder verbunden, dann wird das Verb im Allgemeinen in den Plural gesetzt:
Ich nehme an, dass dein Pfarrer oder dein Lehrer dir helfen können. Kopfschmerzen oder Bauchkrämpfe sind die Folge vom Genuss verdorbener Lebensmittel.
Außerdem steht das Verb relativ häufig im Plural, wenn ihm das Subjekt vorangeht:
Untätigkeit oder eine schwache Aktion können einen schweren Rückschlag ... zur Folge haben (Der Spiegel). Aber Sie oder ein Vertreter müssen bei der nächsten Sitzung ...
Wenn einer der Subjektteile im Plural steht, dann hat das Verb den Numerus, den der ihm am nächsten stehende Subjektteil hat:
Der Vater oder alle müssen / Alle oder der Vater muss die Verantwortung dafür übernehmen. Dann würden ... zwei Prozent ... oder knapp eine halbe Million arbeitslos sein (Der Spiegel). Ein (Teil) oder zwei Teile können fehlen.
1.
4 Kopulasatz (Gleichsetzungssatz) und verwandte Konstruktionen
In Kopulasätzen (Sätzen mit den Kopulaverben sein, werden und bleiben) entspricht der Numerus des Prädikativs (des sogenannten Gleichsetzungsglieds) im Allgemeinen dem des Subjekts (vgl. aber 1.4.5 ff.). Stehen beide im Singular, dann steht auch das finite Verb im Singular; stehen beide oder nur eines von ihnen im Plural, dann steht auch das Verb im Plural:
Die Lärche ist ein Nadelbaum. Beide Frauen werden Angestellte. Besonders Rechtschreibfehler blieben ihm ein Gräuel. ... der Zorn und die Ungeduld sind schlechte Begleiter für einen Slalomfahrer (Olympische Spiele 1964).
Besteht das Subjekt aus mit Komma oder mit und aneinandergereihten singularischen Nominalausdrücken, dann ist nur das Prädikat im Plural korrekt. Das gilt auch dann, wenn zuerst das Prädikativ im Singular genannt wird und das mehrteilige Subjekt folgt:
Untersuchungsgegenstand sind die Weiterbildung und Forschung.
Zur Frage, was Subjekt ist und was Prädikativ, vgl. Prädikativ.
Im Einzelnen sind jedoch folgende Fälle zu beachten:
1.
4.1 »Häuser« ist / sind der Plural von »Haus«:
Wird beim Reden über Sprache ein pluralischer Nominalausdruck als solcher (d. h. als objektsprachlicher Ausdruck) thematisiert, dann steht das finite Verb im Singular:
»Häuser« ist / heißt (nicht: sind / heißen) der Plural von »Haus«.
1.
4.2 »Die Verdammten« ist / sind ein Roman:
Der Singular des Verbs tritt auch dann ein, wenn mit einem pluralischen oder mehrteiligen Subjekt ein einzelnes Objekt (z. B. ein Theaterstück) bezeichnet wird. Dies gilt besonders dann, wenn die Bezeichnung des einen Objekts durch ein singularisches Prädikativ gestützt wird (1.2.5, 1.3.6):
»Die Räuber« heißt ein Drama von Schiller. »Die Verdammten« ist ein Roman, der viel Aufsehen erregt hat. »Hermann und Dorothea« ist unsere nächste Lektüre.
Dasselbe gilt auch für angeführte Wendungen, Zitate u. Ä.:
»Träume sind Schäume« ist ein altes Sprichwort.
1.
4.3 Tausend Kilogramm ist / sind ein großes Gewicht:
Ist eines der Prädikative eine pluralische Maß- oder Mengenangabe, dann sind Singular und Plural des Verbs möglich, je nachdem, ob das Gesamtobjekt aus Zahl und Gezähltem oder die Vielheit bezeichnet werden soll:
Tausend Kilogramm ist (neben: sind) ein großes Gewicht. Tausend Euro ist (neben: sind) viel Geld. Ein Euro ist (neben: sind) hundert Cent(s). Fünfhundert Franken sind (neben: ist) eine Menge Geld.
1.
4.4 Eine Reihe Studenten war / waren bereits Mitglied:
Folgt einer Angabe wie Reihe, Menge, Gruppe ein Nominalausdruck im Plural, dann stehen Verb und Prädikativ in Übereinstimmung mit dem Subjekt (Reihe usw.) gewöhnlich im Singular. Daneben aber findet sich auch der Plural; der Sprecher entscheidet dann nach der Bedeutung:
... eine Reihe von Studenten waren (neben: war) bereits Parteimitglieder (Leonhard). ... eine ganze Gruppe von Lautungen sind (neben: ist) Träger eines Inhalts (Porzig).
1.
4.5 Der Schrank und der Tisch bleiben mein Eigentum:
Ein pluralisches oder mehrgliedriges Subjekt kann mit einem singularischen Kollektivum gleichgesetzt werden, aber nicht umgekehrt:
Die Römer waren das tapferste Volk des Altertums. Dieser Schrank und dieser Tisch bleiben mein Eigentum. (Bei Endstellung des Subjekts:) Das gebildetste Volk des Altertums waren die Griechen. (Aber nicht: Meine Familie sind Frühaufsteher.)
1.
4.6 Meine beiden Töchter sind Lehrerinnen / Lehrerin · Alle drei sind Arzt / Ärzte geworden:
Wenn das Prädikativ eine Berufsbezeichnung nennt, kann es trotz eines pluralischen Subjekts gelegentlich im Singular stehen. Dadurch wird der Blick von den Einzelpersonen stärker auf die Berufsbezeichnung gerichtet:
Alle drei wollten Arzt (seltener: Ärzte) werden. Meine beiden Töchter sind Lehrerinnen (seltener: Lehrerin). Die beiden Frauen, die dort stehen, sind Rechtsanwältinnen (nicht: Rechtsanwältin). Beide Männer sind Angestellte (nicht: Angestellter).
1.
4.7 Wir waren alle Zeuge / Zeugen:
Das Prädikativ muss trotz eines pluralischen Subjekts in einigen festen Verbindungen oder Wendungen im Singular stehen, z. B. bei zu Gast sein oder Herr der Lage sein:
Nur Wachsfiguren waren Zeuge (Romantitel). ... unter Umständen können wir alle Modell sein (Hauptmann). Es werden Tausende zu Gast sein. Wir waren nicht mehr Herr der Lage.
1.
4.8 Dieses Aquarell und diese Skulptur nenne ich mein Eigentum:
Die bisher unter 1.4 dargestellten Regeln gelten auch für vergleichbare Sätze ohne Kopulaverb (sein, werden, bleiben), aber mit Prädikativ:
Frau Müller und Herr Meier wurden zu Vorsitzenden gewählt. Sie machte sich ihre beiden jüngsten Enkel zu Vertrauten. Dieses Aquarell und diese Skulptur nenne ich mein Eigentum. Dieses Aquarell und diese Skulptur erkläre / mache ich zu meinem Eigentum.
1.
5 Pronomen
1.
5.1 ein Gewand, wie es üblich ist / wie sie üblich sind:
Ein Pronomen mit singularischem Bezugswort kann dann im Plural stehen, wenn eine Verallgemeinerung ausgedrückt werden soll oder wenn das Bezugswort kollektive (zusammenfassende) Bedeutung hat. Der Singular ist natürlich auch möglich:
Der Fremde trug ein Gewand, wie sie (neben: es) bei Zirkusleuten üblich sind (neben: ist). ... einen blanken, niedrigen Hut, wie ich solche (neben: einen solchen) an unseren Droschkenkutschern zu sehen gewohnt war (R. Huch). Die Polizei war ... da, die wollten (neben: die wollte) den Laden schon schließen (Fichte). Seine Hand zerdrückte den Stängel einer Minze, die hier in Mengen wucherten (neben: wucherte).
1.
5.2 Martin und Tanja waren vergnügt, weil sie ...:
Durch nebenordnende Konjunktionen (z. B. und, sowohl - als auch) verbundene singularische Nominalausdrücke werden durch ein pluralisches Pronomen wieder aufgenommen:
Martin und Tanja waren vergnügt, weil sie nicht in die Schule zu gehen brauchten. Ein Heller und ein Batzen, die waren beide mein.
Der Singular des Pronomens ist nur dann möglich und korrekt, wenn die Wortgruppe Substantive des gleichen Genus enthält und als Einheit aufgefasst werden kann:
Er zeigte sich loyal gegenüber seinem Präsidenten und von einer menschlichen Wärme und Herzlichkeit, die überraschend wirkte (Der Spiegel).
1.
5.3 Das Buch oder die Schrift, die ...:
Wenn zwei singularische Bezugsausdrücke durch eine Konjunktion wie ausschließendes oder (bzw. entweder - oder) verbunden sind, dann richtet sich das Pronomen nach dem ihm zunächst stehenden Substantiv. Es steht im Singular und hat das entsprechende Genus:
Wir suchen die Kollegin oder den Kollegen, der diese Kundin betreut. Entweder ein einzelnes Wort oder die ganze Wendung, die ihr zu Ohren kam, hatte sie verletzt.
Früher wurde häufig das dem ersten Substantiv der Wortgruppe entsprechende Pronomen in Klammern mit genannt: Das Buch oder die Schrift, die (das) ... Dies ist heute nicht mehr üblich.
2 Kongruenz in der Person
Subjekt und finites Verb eines Satzes sind in der grammatischen Person aufeinander abgestimmt, ebenso das Reflexivum und das Possessivum, sofern sie sich auf das Subjekt beziehen:
1. Pers. Sing.: Ich habe mich über meine Geschenke gefreut.
2. Pers. Sing.: Du hast dich über deine Geschenke gefreut.
3. Pers. Sing.: Er / Sie / Es hat sich über seine / ihre / seine Geschenke gefreut.
1. Pers. Plur.: Wir haben uns über unsere Geschenke gefreut.
2. Pers. Plur.: Ihr habt euch über eure Geschenke gefreut.
3. Pers. Plur.: Sie haben sich über ihre Geschenke gefreut.
Schwierigkeiten ergeben sich, wenn das Subjekt aus Teilen besteht, in denen - grammatisch gesehen - verschiedene Personen genannt werden.
2.
1 Subjektteile mit nebenordnenden Konjunktionen
Das Subjekt kann aus mehreren, mit nebenordnenden Konjunktionen (z. B. und, weder - noch, sowohl - als auch, wie) verbundenen Teilen bestehen, die - grammatisch gesehen - in der Person nicht übereinstimmen (z. B. er und ich). Hier gilt folgende Grundregel:
Wenn mit einem der Subjektteile eine 1. Person genannt wird (ich oder wir), dann ist das Gesamtsubjekt austauschbar mit wir; Verb und Pronomen werden entsprechend in die 1. Person Plural gesetzt.
1.
Person + 3. Person 1. Person Plural (= wir) haben uns über unsere Geschenke gefreut
ich / wir + er / sie (Plural)
1.
Person + 2. Person
ich / wir + du / ihr
Bei der Verbindung von Subjektteilen in der 2. (du / ihr) und 3. Person (er / sie) ist das Gesamtsubjekt austauschbar mit ihr; Verb und Pronomen werden entsprechend in die 2. Person Plural gesetzt.
2.
Person + 3. Person 2. Person Plural
(= ihr) habt euch über eure Geschenke gefreut
du / ihr + er / sie (Plural)
Beispiele:
Mein Mann und ich hatten uns schon seit einiger Zeit auseinandergelebt (Raap). Clodia Pulcher, an die du und ich zu unserer Zeit Gedichte geschrieben haben (Wilder). ... als versichert zu sein, dass du und Porcia sie in eure Liebe einschließt (nicht: einschließen) (Wilder). ... über ihren Brief haben mein Vater und ich uns (nicht: sich) sehr gefreut. Darin haben du und ich immer unsere größten Fehler gemacht (Wilder).
Häufig wird zur Verdeutlichung der Person das pluralische Pronomen wir oder ihr eingefügt. Man spricht dann auch von einer Herausstellung des Subjekts nach links:
Meine Frau und ich, wir haben uns auseinandergelebt (Jaeger). Du und Lucretius allein, ihr habt Rom zu einem neuen Griechenland gemacht (Wilder).
Besonderheit beim Reflexivpronomen: Wenn das Reflexivpronomen dem Subjekt vorausgeht und im ersten Subjektteil eine 3. Person genannt wird, wird sich gebraucht:
Fernab vom Verkehr sonnten sich meine Frau und ich. (Aber bei Nachstellung des Pronomens:) ... begaben meine Frau und ich uns im Flugzeug nach Gagra (Der Spiegel).
2.
2 Subjektteile mit disjunktiven Konjunktionen
Besteht das Subjekt aus mehreren, mit den Konjunktionen oder, entweder - oder usw. verbundenen Teilen, die - grammatisch gesehen - in der Person nicht übereinstimmen, dann richtet sich das Verb nach der Person des ihm zunächst stehenden Subjektteils:
Er oder ich habe das getan. Glaub ja nicht, dass du oder die Richter die Aufgabe hätten, eine Untat zu sühnen (Tucholsky).
Häufig wirken diese Konstruktionen unbeholfen und gezwungen. Man kann sie oft durch Einfügung eines unbestimmten Pronomens umgehen:
Einer von uns beiden - wir oder die Reeder - wird kaputtgehen, wenn der Streik länger als zwölf Monate dauert (Der Spiegel). Er oder ich - einer war geliefert (Tucholsky).
In jedem Falle muss doch einer Haare lassen, entweder die FDP oder wir (Der Spiegel).
Wenn ein Subjektteil verneint ist, dann richtet sich das Verb nach dem ihm zunächst stehenden Subjektteil:
Nicht ich, sondern du hast das gesagt.
2.
3 Relativsatz
Wird ein Relativpronomen auf ein Bezugswort in der 1. (ich / wir) oder 2. Person (du / ihr) bezogen, dann wird das entsprechende Personalpronomen im Nominativ im Relativsatz zumeist wiederholt, wenn der Relativsatz dem Bezugswort unmittelbar folgt. Das Verb und das Reflexivpronomen richten sich in der Person nach dem Personalpronomen:
... ich, der ich in jenem Jahr Consul war, ... (Wilder). ... dann wirkt er auf uns, die wir keinen Durst haben, eine ganze Kleinigkeit albern (Tucholsky). Wir, die wir uns so gefreut haben, ...
Die Auslassung des Personalpronomens ist in diesen Fällen zwar möglich, aber selten. Das Verb und das Reflexivpronomen stehen dann in der 3. Person:
Du, die du das erlebt hast ... (Aber:) Du, die das erlebt hat. Ich, der ich mir das eingebildet habe ... (Aber:) Ich, der sich das eingebildet hat ...
Wenn der Relativsatz ausgeklammert ist, d. h., wenn er im Nachfeld steht, dann kann das Personalpronomen wieder aufgenommen werden oder nicht:
Was kann ich tun, der ich selber hilflos bin? Was kann ich tun, der selber hilflos ist? (Schiller).
Ist der übergeordnete Satz ein Kopulasatz, dann entsteht ein sogenannter Spaltsatz. Das Personalpronomen wird nicht wieder aufgenommen:
Wir sind diejenigen, die das getan haben. (Nicht: ..., die wir das getan haben.)
3 Kongruenz im Genus
3.
1 Sie ist Besitzer / Besitzerin, Minister / Ministerin · Sie ist Herr / Herrin der Lage
Bei Bezeichnungen für eine Person ist Kongruenz im Genus die Regel. Ausnahmen kommen jedoch vor, wenn mit einem Maskulinum (vor allem im Plural) sowohl Männer als auch Frauen bezeichnet werden sollen. Vgl. generisches Maskulinum, aber auch Gleichstellung von Frauen und Männern in der Sprache:
Petra ist Besitzerin, Karl ist Besitzer eines Hauses. Auftraggeberin ist die Stadt München. Auftraggeber ist der hiesige Sportverband. Sie gilt als beste Kundin dieses Ladens, er als bester Kunde. Karl nennt Peter seinen Freund, Petra seine Freundin. (Abweichend:) ... das Lebenswerk der 61-Jährigen, die zum vierten Mal unter den Anwärtern ... war (Die Welt).
3.
1.1 Sie ist Lehrer / Lehrerin:
Bei Titeln und Berufsbezeichnungen (3), die sich auf eine weibliche Person beziehen, kann auch eine maskuline Form stehen, meist dann, wenn eine Rolle oder Funktion hervorgehoben werden soll. Heute wird jedoch, auch aus Gründen der (sprachlichen) Gleichstellung, eindeutig die Kongruenz im Genus bevorzugt:
Sie ist Lehrerin, Ärztin, Busfahrerin, Abteilungsleiterin. Frau Heller arbeitet als Laborantin, Typografin, Redakteurin. Ulla Krause macht eine Ausbildung zur Zeichnerin, Journalistin, Kauffrau. Ich glaube, sie ist Rechtsanwältin, Ministerin. (Bei der Apposition:) Gudrun Weber, die Lehrerin meiner Söhne; Dr. Ulrike Bauer, Staatssekretärin (seltener: Staatssekretär) im Familienministerium; Gabriele W., Professorin für Geschichte.
3.
1.2 Sie ist die erste Ärztin, die ... / Sie ist die erste unter den Ärzten und Ärztinnen, die ...:
Um Missverständnisse zu vermeiden, ist es gelegentlich notwendig, Doppelformen oder andere Formulierungen zu wählen:
(Missverständlich:) Gudrun Weber ist die erste Ärztin, die diese Operation gewagt hat. (Man könnte fälschlicherweise annehmen, dass männliche Kollegen diese Operation schon vor ihr gewagt hätten. Eindeutig:) Gudrun Weber ist die erste unter den Ärzten und Ärztinnen, die diese Operation gewagt hat.
Auch folgender Satz kann missverständlich sein:
Maria Schneider ist die bekannteste Bundestagsabgeordnete. (Man könnte fälschlicherweise annehmen, sie sei die bekannteste aller weiblichen Bundestagsabgeordneten. Eindeutig:) Sie ist das bekannteste Mitglied des Bundestages.
3.
1.3 Jede Teilnehmerin / jeder Teilnehmer verpflichtet sich mit ihrer / seiner Unterschrift:
Das Bemühen um sprachliche Gleichstellung führt bei der Verwendung von Paarformen im Singu
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