Duden Richtiges und gutes Deutsch
indirekte Rede
Häufig gestellte Fragen zur indirekten RedeFrage Antwort unter
Welche Verbformen verwendet man für die indirekte Rede? dieser Artikel, Punkt (2.1)
In welchen Fällen verwendet man Konjunktiv II? dieser Artikel, Punkte (2.1), (2.2)
Wie bildet man den Konjunktiv? dieser Artikel, Punkt (3)
Wann verwendet man würde + Infinitiv? dieser Artikel, Punkt (3.1), Konjunktiv (2.3)
1 Was ist indirekte Rede?
In der indirekten oder abhängigen Rede wird im Unterschied zur direkten Rede eine sprachliche Einheit (inhaltlich eine Aussage, Aufforderung, Frage; ein Gedanke, eine Überlegung o. Ä.) nicht so angeführt, wie sie tatsächlich geäußert oder gedacht wurde, sondern sie wird mittelbar durch einen Berichter wiedergegeben. Dem Berichter (Sprecher) muss es dabei vor allem darauf ankommen, den Inhalt richtig wiederzugeben. Durch die sprachliche Form der indirekten Rede macht er aber deutlich, dass es sich nicht um eine wörtliche Wiedergabe handelt:
(direkte Rede; Kai sagt:) »Rebecca, ich bin krank.«
(indirekte Rede; Rebecca berichtet:) Kai sagte zu mir, er sei krank.
Die indirekte Rede ist in der Regel von einem Verb des Sagens und Denkens (Verbum Dicendi et Sentiendi) oder einem entsprechenden Substantiv abhängig. Die wichtigsten Formen der indirekten Rede sind der indirekte Aussage-, der indirekte Frage- und der indirekte Aufforderungssatz. Der indirekte Aussagesatz ist entweder ein dass-Satz oder ein Verbzweitsatz ohne Einleitewort:
Kai sagte, dass er krank sei. Kai sagte, er sei krank.
Der indirekte Fragesatz ist mit ob oder mit einem Fragewort eingeleitet:
Anton fragt Maria, ob sie mit auf die Reise komme. Hanna fragt Sophie, wem sie den Wagen geliehen habe.
Als indirekte Aufforderungssätze bezeichnet man abhängige Sätze, die mit sollen / mögen oder haben / sein + Infinitiv gebildet sind:
Mein Freund schrieb mir, ich soll(t)e / möchte nicht vergessen ... Plötzlich rief jemand, dass wir zurückzutreten hätten.
Zu beachten ist, dass in der indirekten Rede die Pronomen auf den Standpunkt des Berichters bezogen werden:
(direkte Rede; Rebecca sagt:) »Kai, ich will dich mit meinen Eltern besuchen.«
(indirekte Rede; Kai berichtet:) Rebecca sagte zu mir, dass sie mich mit ihren Eltern besuchen wolle.
Die wichtigsten Zweifelsfälle bei der indirekten Rede betreffen den Gebrauch des Konjunktivs in den abhängigen Sätzen. Bei den Verben, von denen solche Sätze abhängig sind, hat man dabei drei Klassen zu unterscheiden. Die erste Verbklasse verlangt nur Sätze im Indikativ, z. B. Sie weiß, dass sie verliert (nicht: verliere). Er vergisst, wo der Schlüssel liegt (nicht: liege). Bei der zweiten Klasse von Verben kann sowohl der Indikativ als auch der Konjunktiv verwendet werden, z. B. Sie behauptete, dass es regnet / regne. Er glaubt, dass sie bleiben will / wolle. Bei der dritten Klasse von Verben drückt der Sprecher mit dem Indikativ aus, dass er die indirekte Rede (den abhängigen Satz) als wahr ansieht: Sie berichtet, dass es geregnet hat. Er teilt mit, dass Italien gewonnen hat. Mit Verwendung des Konjunktivs lässt der Sprecher offen, ob er die indirekte Rede für wahr hält oder nicht: Sie berichtet, dass es geregnet habe. Er teilt mit, dass Italien gewonnen habe.
Da die Formen des Konjunktivs im gegenwärtigen Deutsch teilweise von denen des Indikativs nicht zu unterscheiden und von einigen Verben schwer zu bilden sind, haben Regeln zum Gebrauch des Konjunktivs ihren guten Sinn. Sie betreffen in erster Linie die Frage, welche Konjunktivformen verwendet werden - gesetzt den Fall, es wird überhaupt ein Konjunktiv verwendet.
2 Regeln zum Gebrauch des Konjunktivs
2.
1 Grundregel
In der indirekten Rede wird der Konjunktiv I verwendet, wenn dessen Formen eindeutig sind. Sonst steht im Allgemeinen der Konjunktiv II.
Eindeutig sind von den gebräuchlichen Formen des Konjunktivs I nur die 3. Person Singular aller Verben (er liebe gegenüber er liebt), die Formen von sein sowie die Singularformen von dürfen, können, mögen, müssen, sollen, wollen und wissen:
Marie sagt, sie komme morgen und bringe das Buch mit. Trotz seines Alters habe er noch etwas von einem Jungen an sich und freue sich immer, wenn er der Polizei entwischen könne. Sie haben uns wissen lassen, dass Anton krank sei.
Aber:
(Stephan berichtet:) Peter sagte, seine Eltern seien gestern nicht zu Hause gewesen. Sie hätten (= Konjunktiv II) den Abend bei Freunden verbracht.
Wenn hier statt hätten die Form haben stünde, die Konjunktiv I und Präsens Indikativ sein kann, würde nicht klar, ob der betreffende Satz noch zur indirekten Rede, d. h. zur Aussage Peters, gehört oder ob er eine erklärende Bemerkung des Berichters Stephan ist. Auch in dem folgenden Beispiel wird nur durch die Konjunktiv-II-Formen wüssten und würfen anstelle der uneindeutigen Konjunktiv-I- und Präsens-Indikativ-Formen wissen und werfen sofort deutlich, dass indirekte Rede vorliegt:
Bernard Shaw hat einmal gesagt, die Menschen wüssten einfach nicht, was dies Wort Kommunismus bedeute; sie würfen es ihrem Gegner an den Kopf, wie streitsüchtige Vorstädtler einander tote Katzen übern Zaun würfen.
Die genannte Grundregel gilt innerhalb der indirekten Rede für alle Arten und Grade von Nebensätzen: Man verwendet den Konjunktiv I, wenn die Form eindeutig ist.
Ich sagte, er könne einen guten Eindruck hinterlassen, indem er sich in seinen Forderungen bescheide. Man sagte, Behrens, der sie vergöttert habe, sei durch den Schlag so schwer getroffen, dass er in Wunderlichkeit verfallen sei und sich durch Selbstgespräche auffällig gemacht habe. Dann meinte Thekla, sie arbeite nun schon jahrelang an diesem Buch, ohne dass sie damit fertig werde.
2.
2 Ergänzungen zur Grundregel
In bestimmten Fällen ist es notwendig oder von Nutzen, die Grundregel nicht mechanisch anzuwenden. Dazu gehören die folgenden.
2.
2.1
Eigene erklärende Bemerkungen des Berichters innerhalb der indirekten Rede stehen im Indikativ. Dadurch bleiben sie als nicht berichtete Einschübe erkennbar:
(Stephan berichtet:) Peter sagte, seine Eltern seien gestern in der Stadt gewesen. Sie hätten dort ein Fahrrad für ihn gekauft. Das hat er sich nämlich schon lange gewünscht.
Hier wird durch die Form hat (= Präsens Indikativ) deutlich, dass der letzte Satz eine Bemerkung des Berichters Stephan ist. Stünde der Konjunktiv I (habe), würde damit zum Ausdruck gebracht, dass auch dieser Satz zur Aussage Peters gehört.
2.
2.2
Vor allem ist darauf zu achten, dass die genannte Grundregel nur auf die indirekte Rede anzuwenden ist. Außerhalb der indirekten Rede und auch bei der in der Mediensprache beliebten Redewiedergabe nach laut, nach, zufolge o. Ä. ist es oft falsch oder unnötig, eine Indikativform oder eine Konjunktiv-II-Form durch den Konjunktiv I zu ersetzen:
Laut Innenministerium besteht (unter Umständen missverständlich: bestehe) keine Gefahr. Berichten zufolge herrscht (unter Umständen missverständlich: herrsche) in dieser Region immer noch Bürgerkrieg.
Ich gäbe (nicht: gebe) Ihnen gern heute schon Bescheid, aber leider fehlen mir noch die notwendigen Informationen. Er tat, als interessierte (ebenfalls korrekt, aber nicht besser: interessiere) ihn das nicht.
2.
2.3
Besonders in der Alltags- und Umgangssprache und in einigen Dialekten werden Formen des Konjunktivs II auch dann gebraucht, wenn die eindeutigen Konjunktiv-I-Formen zur Kennzeichnung der indirekten Rede zwar genügten, aber als gewählt oder geziert angesehen werden:
Sie sagte, dass sie die Chefin wäre (statt: sei) und darüber zu befinden hätte (statt: habe), wer hier eingestellt würde (statt: werde).
Zum Konjunktiv II in einem Fall wie gebe / gäbe (3.3.)
2.
2.4
Formen des Konjunktivs II, die in der direkten Rede - etwa in einem irrealen Konditionalsatz - stehen, bleiben auch in der indirekten Rede erhalten:
(direkte Rede; Anne sagt:) »Ich hätte das Fußballspiel noch gesehen, wenn ich eher gekommen wäre.« (Indirekte Rede; Stephan berichtet:) Anne sagte, sie hätte das Fußballspiel noch gesehen, wenn sie eher gekommen wäre.
2.
2.5
Zu würde + Infinitiv anstelle des Konjunktivs in der indirekten Rede 3.1 und Konjunktiv (2.3).
3 Die wichtigsten Konjunktivformen
Rund 90 % aller Personalformen der indirekten Rede stehen in der 3. Person Singular oder Plural; von den restlichen 10 % steht der größte Teil in der 1. Person Singular. Im Folgenden werden diese Personalformen für die besonders häufig gebrauchten Verben sein, haben, werden und können, müssen, sollen, wollen angeführt und erläutert:
3.
1 sein, haben, werden
Konjunktiv I Konjunktiv II
ich sei/habe*/werde* wäre/hätte/würde
du sei(e)st/habest/werdest wär(e)st/hättest/würdest
er/sie/es sei/habe/werde wäre/hätte/würde
wir seien/haben*/werden* wären/hätten/würden
ihr seiet/habet/werdet* wär(e)t/hättet/würdet
sie seien/haben*/werden* wären/hätten/würden
Für die uneindeutigen Konjunktiv-I-Formen (*) werden häufig die entsprechenden Formen des Konjunktivs II gebraucht (2.1):
Ich teilte ihr mit, ich hätte (für: habe) keine Zeit, weil ich zu beschäftigt sei, und würde (für: werde) deshalb morgen nicht mitfahren.
Bei den meisten Verben sind allerdings die Formen des Konjunktivs II selbst nicht vom Indikativ Präteritum zu unterscheiden. Das gilt für die schwachen Verben und für manche Formen einiger starker Verben:
sie lernten, wir blätterten, sie leiteten, sie lachten; sie riefen, wir blieben, sie strichen.
Die wenigen eindeutigen Formen des Konjunktivs II werden dagegen sehr häufig gebraucht. Außerhalb von Nachrichten und wissenschaftlichen Texten geschieht das auch dort, wo nach der Grundregel eindeutige Formen des Konjunktivs I zu erwarten gewesen wären (vgl. 2.2.3):
Sie hat gesagt, sie hätte (besser: habe) keine Zeit, weil sie zu beschäftigt wäre (besser: sei), und sie könnte (besser: könne) deshalb morgen nicht mitfahren.
Wenn der Konjunktiv II schon in der entsprechenden direkten Rede steht, muss er auch in der indirekten Rede verwendet werden (2.2.5):
(direkte Rede; Anne sagt:) »Wenn ich Zeit hätte und nicht so beschäftigt wäre, würde ich morgen mitfahren.« (Indirekte Rede; Stephan berichtet:) Anne sagt, wenn sie Zeit hätte und nicht so beschäftigt wäre, würde sie morgen mitfahren.
Mit den Formen von werden + reinem Infinitiv wird ausdrücklich auf Zukünftiges verwiesen. Ausreichend ist meist auch der einfache Konjunktiv:
Er sagte, er werde / sie würden (für uneindeutiges werden) morgen kommen. (Ausreichend:) Er sagte, er komme / sie kämen (für uneindeutiges kommen) morgen.
Wenn etwas nur als indirekte Rede zu kennzeichnen ist, sollte man würde + Infinitiv vor allem bei Zukunftsbezug gebrauchen, weil die Form sonst manchmal als Irrealis oder Potenzialis verstanden werden kann (Konjunktiv 2.3, Irrealis, Potenzialis):
(Zukunftsbezug:) Sie sagt, ihre Gäste würden bald abreisen. (Gleichzeitigkeit:) Als sie das Geschenk erhielten, sagten sie, sie freuten sich (nicht: sie würden sich freuen).
Außerdem werden regelmäßig die allzu ungebräuchlichen Formen des Konjunktivs II auch im geschriebenen Standarddeutsch durch würde + Infinitiv ersetzt.
Sie sagten, sie würden ihn schon lange kennen (ungebräuchlich: sie kennten). Er behauptete, die Scheune würde schon seit Stunden brennen (ungebräuchlich: sie brennte).
Der Ersatz lediglich uneindeutiger Formen des Konjunktivs II durch würde + Infinitiv ist selten zwingend, weil die Einleitung der indirekten Rede hinreichend deutlich macht, dass eine fremde Aussage wiedergegeben wird.
Die Lehrer berichteten, dass die Schüler gern anhand praktischer Beispiele lernten. Die Studenten behaupteten, ihre Lehrer blätterten nur in den Hausarbeiten.
Wo ein einleitendes Verb fehlt oder nicht wiederholt wird, ist ein solcher Ersatz jedoch sinnvoll.
Die Entwicklungshelfer berichteten, sie leiteten derzeit ein Bewässerungsprojekt. Die Beamten in den zuständigen Behören würden sie noch belächeln, aber sie ließen sich nicht beirren (oder ebenfalls um der Deutlichkeit willen: sie würden sich nicht beirren lassen.)
3.
2 können, müssen, sollen, wollen
Konjunktiv I Konjunktiv II
ich könne/müsse/solle/wolle könnte/müsste/sollte*/wollte*
du könnest/müssest/sollest/wollest könntest/müsstest/solltest*/wolltest*
er/sie/es könne/müsse/solle/wolle könnte/müsste/sollte*/wollte*
wir können*/müssen*/sollen*/wollen* könnten/müssten/sollten*/wollten*
ihr könnet/müsset/sollet/wollet könntet/müsstet/solltet*/wolltet*
sie können*/müssen*/sollen*/wollen* könnten/müssten/sollten*/wollten*
Zum Gebrauch der eindeutigen und uneindeutigen (*) Konjunktiv-I- und Konjunktiv-II-Formen 2. Zu sollte usw. / wollte usw. 3.3.
3.
3 Andere Verben
Schwache Konjugation
Konjunktiv I Konjunktiv II
ich liebe* liebte*
du liebest liebtest*
er/sie/es liebe liebte*
wir lieben* liebten*
ihr liebet liebtet*
sie lieben* liebten*
Starke und unregelmäßige Konjugation
Konjunktiv I Konjunktiv II
ich trage*/gehe*/wisse trüge/ginge/wüsste
du tragest/gehest/wissest trüg(e)st/gingest/wüsstest
er/sie/es trage/gehe/wisse trüge/ginge/wüsste
wir tragen*/gehen*/wissen* trügen/gingen*/wüssten
ihr traget/gehet/wisset trüg(e)t/ginget/wüsstet
sie tragen*/gehen*/wissen* trügen/gingen*/wüssten
Zum Gebrauch der eindeutigen und uneindeutigen (*) Konjunktiv-I- und Konjunktiv-II-Formen vgl. 2. Zu weniger gebräuchlichen Konjunktivformen wie hülfe, schwömme usw. Konjunktiv (1.3).
Bei starken Verben, die im Konjunktiv I ein e (gebe) und im Konjunktiv II ein ä (gäbe) haben, wird wegen dieser Lautähnlichkeit oft der deutlicher erkennbare Konjunktiv II mit offenem (e) gewählt. Zur Kennzeichnung der indirekten Rede wird jedoch auch hier der Konjunktiv I verwendet, sofern er eindeutig ist:
Sie sagten, sie lese (nicht: läse) gerade ein Buch. Sie hat gesagt, sie nehme (nicht: nähme) das Menü. Sie hat beteuert, dass sie nicht nachgebe (nicht: nachgäbe). Aber: Sie sagten, sie nähmen (für uneindeutiges nehmen) sehr gern an dem Fest teil.
Obwohl Konjunktiv-II-Formen wie gingen, bauten, sollte und wollte mit den Formen des Präteritums Indikativ übereinstimmen, geht meist aus dem Zusammenhang hervor, ob im konkreten Fall eine Konjunktiv- oder Indikativform vorliegt:
Wir sollten (= Präteritum Indikativ) das Auto zurückbringen, weil wir die Leihfrist überschritten hatten. Sie sagt, wir sollten (= Konjunktiv II) das Auto zurückbringen ... Sie gingen (= Präteritum Indikativ) erst am späteren Abend nach Hause. Sie sagten uns, sie gingen (= Konjunktiv II) erst ...
Starke und unregelmäßige Verben, die im Präteritum ein (a) oder (a:) als Stammvokal haben, bilden den Konjunktiv II in der Regel mit einem langen (e:), z. B. nähme, spräche). Endet der Stamm des Präteritums mit mehreren Konsonanten, dann kann im Konjunktiv II nur ein kurzes (e) vorausgehen, kein langes (e:). Dadurch entstehen Schwierigkeiten bei Bildung der Konjunktivformen. So hört man bei es berste - es bärste keinen Unterschied zwischen und Konjunktiv I und II. Statt es gälte wird manchmal die Form es gölte gewählt und bei den sogenannten Rückumlautverben tritt im Geschriebenen ein e statt eines ä ein: es brannte - es brennte, sie nannte - sie nennte. In solchen und ähnlichen Fällen wird besonders häufig auch auf würde + Infinitiv ausgewichen.
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