Duden Richtiges und gutes Deutsch
Imperativ
Häufig gestellte Fragen zum ImperativFrage Antwort unter
Wird bei der Befehlsform, wenn das Schluss-e weggelassen wird, ein Apostroph gesetzt? dieser Artikel, Punkt (1.1), Apostroph (2.1)
Heißt es helfe oder hilf, vergesse oder vergiss? dieser Artikel, Punkt (1.2)
Wie lautet die Befehlsform, wenn man jemanden siezt? dieser Artikel, Punkt (3)
Die Formen des Imperativs werden in ihrer Grundfunktion dazu verwendet, eine Aufforderung, einen Befehl, eine Bitte, eine Mahnung oder Warnung o. Ä. auszudrücken. Der Imperativ ist dann unmittelbar an eine Person (Imperativ Singular) oder an mehrere gemeinsam angesprochene Personen (Imperativ Plural) gerichtet und wird mithilfe des Präsensstamms des Verbs gebildet: grüße!, gehe!, grüßt!, geht! Mit sei bzw. seid und dem Partizip II kann eine Bedeutung ausgedrückt werden, die einem passivischen Imperativ nahekommt: sei gegrüßt!, seid gewarnt! Der Gebrauch aller dieser Formen setzt im Allgemeinen voraus, dass man die angesprochenen Personen duzt. Zur Höflichkeitsform (Schweigen Sie! Nehmen Sie Platz!) vgl. Punkt 3.
1 Imperativ Singular
1.
1 trink(e)! · hand(e)le! · binde! · atme!
Abgesehen von der gehobenen Sprache (Reiche mir das Glas! Ziehe dich an!) wird das Endungs-e wie in der 1. Person Singular Präsens (ich geh - ich gehe) bei unterschiedlichen Verben unterschiedlich realisiert. Bei den meisten Verben wird die Form ohne Endungs-e bevorzugt. Sie wird ohne Apostroph geschrieben (Apostroph (2.1)):
Wasch deine Hände! Steig ein! Sag die Wahrheit!
Geh, ich bitte dich, gehe und quäle mich nicht länger! (Raabe)
Bei den Verben auf -ern und -eln sind jedoch die Formen mit -e verbindlich (wobei das e der Bildungssilbe - besonders bei -eln- auch wegfallen kann):
förd(e)re!, hand(e)le!, samm(e)le!, trau(e)re nicht!
Formen wie handel! förder! kommen in der Alltagssprache häufig vor, gelten aber nicht als standardsprachlich. Zu handl'!, förder'! Indikativ (3).
Auch Verben, deren Stamm auf -d oder -t endet, haben im Allgemeinen das Endungs-e:
Achte sie! Binde die Schnur! Biete / (auch:) Biet nicht zu viel!
Schließlich stehen auch Verben mit einem Stamm auf Konsonant + m oder n im Allgemeinen mit dem Imperativ-e:
Atme langsam! Widme ihm das Buch! Rechne sorgfältig!
Ausnahmen sind hier diejenigen Verben, bei denen dem m oder n ein m, n, r, l oder h vorausgeht:
Kämm(e) dich! Qualm(e) nicht so! Lern(e) fleißig! Rühm(e) dich nicht selbst!
1.
2 lies! / lese!
Starke Verben mit e / i-Wechsel bilden den Imperativ Singular, indem sie das e (ä, ö) des Präsensstamms gegen i (ie) auswechseln; ein -e wird nicht angehängt (die Ausnahme siehe findet sich nur als Ausruf oder als Verweis in Büchern: siehe S. 50):
lies!, wirf!, birg!, stirb!, verdirb!, iss!, miss!, sprich!, vergiss!, hilf!, quill!
Mit Ausnahme von werde! (nicht: wird!) und dem Imperativ derjenigen starken Verben, die keinen e / i-Wechsel haben (z. B. scheren - schere!), sind also Formen wie les(e)!, werf(e), sprech(e)! nicht standardsprachlich.
1.
3 Erschrick nicht! / Erschrecke ihn nicht!
Infinitive, zu denen es sowohl starke als auch schwache Formen gibt, haben dementsprechend unterschiedliche Imperativformen, die nicht gegeneinander ausgetauscht werden sollten:
Erschrick nicht! - Erschrecke mich nicht so! Quill empor! - Quelle die Bohnen! Schwill! - Schwelle den Umfang nicht so auf! Lisch aus, mein Licht! (Bürger) - Lösche das Feuer!
2 Imperativ Plural
Der Imperativ Plural stimmt mit der 2. Person Plural Indikativ Präsens Aktiv überein:
ihr trinkt - trinkt!; zeigt!, wascht!, ruft!, bindet!
Das Endungs-e gilt hier als veraltet, außer bei einigen Verben mit einem Stammauslaut, der auch im Singular zu einem Endungs-e führt, z. B. bei schwer aussprechbaren Buchstabenverbindungen (Atmet durch! Wappnet euch!) und -d- oder -t-Stamm (gründet!, rettet!) und bis auf einige österreichische Besonderheiten (Leset das neue Bergland-Buch!).
3 Imperativ in der Höflichkeitsform. Seien Sie / Sind Sie so nett
Einer Person oder mehreren Personen gegenüber, die man siezt, verwendet man die Höflichkeitsform, d. h. die dritte Person Plural des Konjunktivs Präsens:
Schweigen Sie! Nehmen Sie Platz! Seien Sie so nett und helfen Sie mir.
Rechnet sich der Sprecher selbst zu den Aufgeforderten, dann wird die Aufforderung mit wir formuliert:
Gehen wir! Seien wir doch froh!
Da sich die Formen der dritten Person Plural - außer bei sein - nicht von den entsprechenden Formen des Indikativs Präsens unterscheiden, sieht man sie hier nicht mehr unbedingt als Konjunktive an. Dies führt dazu, dass bei dem Verb sein gelegentlich nicht die Form des Konjunktivs (seien), sondern die des Indikativs Präsens (sind) gebraucht wird. Dies gilt jedoch nicht als korrekt. Nicht korrekt: Bitte(,) sind Sie so freundlich und schreiben Sie uns ... Richtig: Bitte(,) seien Sie so freundlich und schreiben Sie uns. Wunschsatz.
4 Ersatzformen des Imperativs
Neben den eigentlichen Imperativformen gibt es zahlreiche andere sprachliche Möglichkeiten, eine Aufforderung auszudrücken. Ob eine Äußerung als Aufforderung verstanden wird, hängt dann in vielen Fällen vom Äußerungskontext ab. Möglich sind z. B.:
(Infinitiv:) Vorsehen! Langsam fahren! Einsteigen! (Partizip II:) Vorgesehen! Stillgestanden! (Indikativ Präsens:) Ich bekomme Rumpsteak mit Salat! Du siehst dich vor! Wir tun das nicht wieder, Hans! (Auch als Frage:) Kommt ihr bald? (Indikativ Futur:) Wirst du still sein! Ihr werdet euch hüten! (Verb des Aufforderns:) Ich wünsche, fordere, verlange, dass das geschieht! (Modalverb:) Ihr müsst sofort aufstehen! Du sollst schweigen! (Konjunktiv:) Man achte auf den links abbiegenden Gegenverkehr!
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