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Gleichstellung von Frauen und Männern in der Sprache
Häufig gestellte Fragen zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der SpracheFrage Antwort unter
Welche sprachlichen Möglichkeiten gibt es, Frauen in einem Text explizit zu nennen bzw. anzusprechen, anstatt sie nur mitzumeinen? dieser Artikel, Punkte (1), (2)
Wie bewertet die Dudenredaktion Schreibungen wie KollegInnen, KundInnen? dieser Artikel, Punkt (2.3)
Mit der Forderung nach Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Gesellschaft stellt sich für viele Menschen die Frage, wie viel Gleichstellung auch in der Sprache möglich ist. Als wichtigste Grundsätze zum Erreichen dieser Gleichstellung gelten das sprachliche Sichtbarmachen des natürlichen Geschlechts - da, wo Frauen beteiligt sind, sollen sie auch genannt werden - und die Symmetrie - wo Frauen und Männer genannt sind, sollen beide sprachlich gleich behandelt werden. Hauptansatzpunkt ist dabei die Ablehnung des generischen Maskulinums, also der Verwendung maskuliner Personenbezeichnungen für beide Geschlechter. Bei Bezeichnungen wie Antragsteller, Diplomkaufmann, Kollegen müssten Frauen sich jeweils fragen, ob sie mitgemeint seien oder nicht. Im öffentlichen Sprachgebrauch, etwa im institutionellen Schriftverkehr, in Prüfungsordnungen, bei Stellenausschreibungen und allgemein der Gestaltung von Formularen ist die sprachliche Gleichstellung weitgehend verwirklicht oder es ist zumindest das Bemühen erkennbar, den Forderungen nach sprachlicher Gleichstellung gerecht zu werden. Auf der anderen Seite gibt es Bereiche, in denen die sprachliche Gleichstellung noch nicht vollzogen wird, wie z. B. bei der Bundeswehr, die keine weiblichen Dienstgrade zulässt (nur: Frau Major, nicht: Frau Majorin).
Möglichkeiten und Schwierigkeiten der Produktion von geschlechtergerechten Texten sollen im Folgenden an besonders häufig vorkommenden Fällen dargestellt werden. Das dabei gelegentlich verwendete Wort »Splitting« hat sich vor allem in der wissenschaftlichen Literatur als Terminus für die explizite (ausführliche oder abgekürzte) Nennung beider Geschlechter eingebürgert.
1 Doppelnennung
2 Kurzformen
2.1 Schrägstrich
2.2 Klammern
2.3 Großes I
2.4 Kurzformen im Singular
2.5 Kurzformen im Plural
3 Ableitungen und Komposita
4 Ersatzformen
5 Verweise
1 Doppelnennung
Die Doppelnennung femininer und maskuliner Formen (Kolleginnen und Kollegen, Schülerinnen und Schüler, Assistentin oder Assistent, eine oder einer, jede und jeder) ist die höflichste und eindeutigste Variante der sprachlichen Gleichstellung. Sie sollte vor allem in der persönlichen Anrede verwendet werden. Frauen sollen in gleicher Weise wie Männer mit Titel, Vor- und Zunamen, Berufsbezeichnung u. Ä. benannt werden. Also nicht: Frau Winkler hat mit Oberstudiendirektor Dr. Meißner gesprochen. Sondern: Studienrätin Dr. Winkler hat mit Oberstudiendirektor Dr. Meißner gesprochen.
2 Kurzformen
Aus sprachökonomischen Gründen verwendet man z. B. in Formularen und in Texten mit vielen Wiederholungen verschiedene Varianten der sogenannten Sparschreibung:
2.1
1 Schrägstrich
Der Schrägstrich dient der Angabe mehrerer gleichberechtigter Möglichkeiten: Frau / Herrn, Arzt / Ärztin, Patientinnen / Patienten, jede / jeder. Beim Splitting von Wörtern, die sich nur durch die Endung unterscheiden und bei denen sich kein Vokal ändert, kann mithilfe des Schrägstrichs verkürzt geschrieben werden; der Ergänzungsbindestrich vor der Endung ist notwendig: Mitarbeiter / -innen als Kurzform von Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, Assistent / -in als Kurzform von Assistent und Assistentin, jede / -r als Kurzform von jede und jeder. Wortpaare wie Arzt / Ärztin, Bauer / Bäuerin oder Bischof / Bischöfin können also nicht verkürzt geschrieben werden. Darüber hinaus soll sich ein grammatisch korrektes und leicht lesbares Wort ergeben, wenn der Schrägstrich weggelassen wird. Wortpaare, bei denen auch die maskuline Form eine Endung aufweist (Kolleg-en und Kolleg-innen), sollten deshalb nicht mit dem Schrägstrich verkürzt werden (nicht: Kollegen / -innen). Auch von der Verwendung zweier Schrägstriche in solchen Fällen ist abzuraten (nicht: Kolleg / -inn / -en). Bei unterschiedlichen Endungen innerhalb einer Wortgruppe sollte man ebenfalls alle Formen ausschreiben: Wir suchen eine erfahrene Bilanzbuchhalterin / einen erfahrenen Bilanzbuchhalter. (Vgl. 2.4).
2.2
2 Klammern
Buchstaben oder Wortteile können zur Kennzeichnung einer Kurzform in Klammern eingeschlossen werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Klammer am Wortende steht wie in Schüler(in), Friseur(in), Fahrer(innen), eine(r), jede(r) oder ob sie einen Einschub innerhalb des Wortes kennzeichnet: Kolleg(inn)en, Student(inn)en. Die Einklammerung der femininen Endung wird jedoch vielfach nicht empfohlen, weil sie den Eindruck erwecke, die feminine Form sei zweitrangig und weniger wichtig.
2.3
3 Großes I
Die Schreibung mit dem großen I im Wortinnern (auch: Binnen-I, Binnenmajuskel) wie z. B. bei KollegInnen, MitarbeiterInnen ist seit Anfang der 1980er-Jahre belegt. Sie tritt häufig auf, wird aber ebenso häufig auch abgelehnt. Diese Kurzformen entsprechen nicht den gültigen Rechtschreibregeln, da diese die Großschreibung im Wortinnern nicht vorsehen.
2.4
4 Kurzformen im Singular
Geschlechtergerechte Formulierungen im Singular sind besonders schwierig, da bei den femininen und maskulinen Formen Artikel, Adjektive und Pronomen nicht übereinstimmen: Jede Mitarbeiterin, die zu spät kommt, muss ihre Verspätung entschuldigen. Jeder Mitarbeiter, der zu spät kommt, muss seine Verspätung entschuldigen. In solchen Fällen würde jeder Verkürzungsversuch zu stilistisch nicht vertretbaren Ergebnissen führen. Es sollte deshalb immer geprüft werden, ob ein Ausweichen auf den Plural möglich ist: Alle Mitarbeiter / -innen, die zu spät kommen, müssen ihre Verspätung entschuldigen. Ausweichen auf die Pluralform mit alle bietet sich auch als Strategie zur Vermeidung des Pronomens jedermann an, das häufig als besonders geschlechtsspezifisch betrachtet wird. Gesundheitsvorsorge für jedermann wird zu: Gesundheitsvorsorge für alle. Gibt es keine passenden Pluralformen, bleibt nur die ungekürzte Doppelnennung: Diese Schreibung soll die Aufmerksamkeit des Lesers / der Leserin (nicht: des / -r Lesers / -in) wecken. Durchschrift für die Kundin / den Kunden (nicht: die / den Kundin / -en). Nebenwirkungen teilen Sie bitte Ihrer Ärztin / Ihrem Arzt (nicht: Ihrer / -m Ärztin / Arzt) mit.
Ebenfalls zu vermeiden sind Formen wie eine(n) Lehrer(in), in denen das Genus der nicht eingeklammerten Form des unbestimmten Artikels (eine = Femininum) nicht mit dem Genus der nicht eingeklammerten Form des Substantivs (Lehrer = Maskulinum) übereinstimmt. Man sollte in solchen Fällen nicht auf die Doppelnennung verzichten: Wir suchen eine Lehrerin oder einen Lehrer (nicht: Wir suchen eine(n) Lehrer(in)). Ebenso beim Schrägstrich: Wir suchen eine erfahrene Bilanzbuchhalterin / einen erfahrenen Bilanzbuchhalter (nicht: Wir suchen eine/-n erfahrene/-n Bilanzbuchhalter/-in). Kurzformen im Singular sollten also grundsätzlich vermieden werden.
Gelegentlich wird der bestimmte Artikel abgekürzt (z. B. Unterschrift d. Erziehungsberechtigten für Unterschrift der oder des Erziehungsberechtigten), um das Splitting zu vermeiden. Diese Darstellungsform sollte aber nur dann gewählt werden, wenn das Bezugswort in maskuliner und femininer Form gleich bleibt (nicht: d. Lesers / Leserin).
2.5
5 Kurzformen im Plural
Verkürzte Doppelnennungen kommen üblicherweise im Plural vor, da hier in allen Kasus Artikel, abhängige Adjektive und Pronomen die gleichen Endungen haben und grammatische Probleme kaum auftauchen. Welche Kurzform jeweils gewählt werden kann, hängt davon ab, wie die feminine Form gebildet wird.
- Die feminine Form wird durch Anhängen von -innen gebildet: Mitarbeiter - Mitarbeiterinnen, Lehrer - Lehrerinnen. Hier sind alle Kurzformen möglich.
- Die maskuline Form hat eine Endung, die sich in der femininen wiederholt: Kollegen - Kolleginnen. Hier sollte nicht mit dem Schrägstrich verkürzt werden.
- Maskuline und feminine Formen haben unterschiedliche Endungen: Beamte - Beamtinnen, Ärzte - Ärztinnen. Ob eine Kurzform möglich ist oder nicht, hängt in diesen Fällen von der Flexion ab.
- Die feminine Form hat gegenüber der maskulinen einen Umlaut: Bauern - Bäuerinnen. In diesen seltenen Fällen kann überhaupt nicht verkürzt werden.
Die folgende Tabelle stellt die Möglichkeiten des Splittings durch Kurzformen anhand ausgewählter Beispiele in alphabetischer Reihenfolge dar. Ein Strich im Kästchen »Kurzform mit Schrägstrich« bedeutet, dass diese nicht möglich oder nicht empfehlenswert ist.
Innerhalb eines Textes sollte nur eine der möglichen Kurzformen gebraucht werden.
maskuline Form feminine Form Kurzform mit Schrägstrich Kurzform mit Klammern Bemerkungen
Arbeitnehmer Arbeitnehmerinnen Arbeitnehmer/-innen Arbeitnehmer(innen)
Ärzte Ärztinnen - von Ärzt(inn)en Kurzform mit Klammern nur im Dativ möglich
Autoren Autorinnen - Autor(inn)en
Bauherren Bauherrinnen - Bauherr(inn)en Mögliche Ersatzform: Bauberechtigte (z. T. in Gesetzestexten verwendet)
Beamte Beamtinnen - die Beamt(inn)en; von Beamt(inn)en Kurzform mit Klammern bei Verwendung ohne Artikel nur im Dativ möglich
Bischöfe Bischöfinnen - von Bischöf(inn)en Kurzform mit Klammern nur im Dativ möglich
Dozenten Dozentinnen - Dozent(inn)en
Kollegen Kolleginnen - Kolleg(inn)en
Lehrer Lehrerinnen Lehrer/-innen Lehrer(innen) Mögliche Ersatzform: Lehrkräfte
maskuline Form feminine Form Kurzform mit Schrägstrich Kurzform mit Klammern Bemerkungen
Mandanten Mandantinnen - Mandant(inn)en Mögliche Ersatzform: Mandantschaft
Mieter Mieterinnen Mieter/-innen Mieter(innen) Mögliche Ersatzform: Mietpartei
Mitarbeiter Mitarbeiterinnen Mitarbeiter/-innen Mitarbeiter(innen)
Patienten Patientinnen - Patient(inn)en
Professoren Professorinnen - Professor(inn)en
Rechtsanwälte Rechtsanwältinnen - von Rechtsanwält(inn)en Kurzform mit Klammern nur im Dativ möglich
Schüler Schülerinnen Schüler/-innen Schüler(innen)
Sprecher Sprecherinnen Sprecher/-innen Sprecher(innen)
Studenten Studentinnen - Student(inn)en Mögliche Ersatzform: Studierende
3 Ableitungen und Komposita
Gelegentlich wird an Ableitungen und Komposita Anstoß genommen, deren Stamm bzw. Erstglied formgleich mit einem generischen Maskulinum ist. Ableitungen wie freund-lich, künstler-isch, jurist-isch, schriftsteller-n lassen sich jedoch aus strukturellen Gründen nicht vermeiden. Die Verwendung abgeleiteter femininer Stämme führt nicht zu möglichen Wörtern (vgl. freundinlich, juristinnenisch usw.). Möglich sind feminine Stämme beispielsweise bei -schaft und -tum (Lehrerinnenschaft, Königinnentum). Prinzipiell möglich sind abgeleitete feminine Stämme als Erstglieder von Komposita. Statt Arztbesuch, Leserbrief, Bürgerbewegung, Bauherrenmodell, Kanzleramt, Studentenvertreter, Einwohnerzahl wurden Ärztinbesuch, Leserinnenbrief, Bürgerinnenbewegung, Kanzlerin(nen)amt usw. vorgeschlagen. Als bessere Lösungen im Vergleich zu solchen teilweise gewollt wirkenden und grammatisch fragwürdigen Bildungen gelten jedoch z. B. das Redepult (für Rednerpult) und das Wahlverzeichnis (für Wählerverzeichnis). Ob solche Bildungen standardsprachlich fest werden, muss die weitere Sprachentwicklung zeigen. Bei Komposita, deren beide Teile aus Personenbezeichnungen bestehen, sollte nach Möglichkeit umformuliert werden. Also nicht: Student(inn)envertreter(in), sondern Studierendenvertreterin, Studierendenvertreter.
4 Ersatzformen
Besonders im Bereich der Pronomina bieten sich Ersatzformen zur Vermeidung von generischen Maskulina an, da hier Formulierungen mit femininen Formen vielfach noch als ungrammatisch anzusehen sind. Beispielsweise kann in dem Satz Wer noch mitfahren möchte, (der) sollte sich sofort melden das stellvertretende der weggelassen werden, um das Angesprochensein von Frauen deutlicher zu machen.
Weitere Ersatzformen zur Vermeidung von Doppelnennungen sind:
- Verwendung von substantivierten Partizipien und Adjektiven im Plural: Studierende, Lernende, Lehrende; Gewählte, Verwitwete, Abgeordnete; Gesunde, Große, Ältere, Jugendliche;
- Sachbezeichnung und insbesondere Abstraktum statt Personenbezeichnung: Leitung statt Leiterin oder Leiter; Professur statt Professorin oder Professor;
- Verwendung von Adjektiven, z. B. ärztlicher Rat statt Rat der Ärztin / des Arztes;
- Bildung von Relativsätzen, z. B.: Wer einen Mord begeht, wird bestraft statt Mörderinnen und Mörder werden bestraft; Personen, die einen Antrag stellen statt Antragsteller und Antragstellerinnen.
Die Verwendung solcher Ersatzformen ist abhängig vom jeweiligen Verwendungskontext und von der Kreativität der Formulierenden. Eindeutige Regeln lassen sich nicht aufstellen.
5 Verweise
Zu Buchhändler(in) gesucht Anzeigen (3). Zu Sie ist Besitzer / Besitzerin Kongruenz (3.1). Zu Sie ist Herr / Herrin der Lage Kongruenz (3.1.5). Zu Dieses Mädchen ist eine gute Schwimmerin / ein guter Schwimmer Kongruenz (3.2.2). Zu man / frau man (2). Zu Kaufmann / Kauffrau -mann / -frau. Zu Professor / Professorin, Minister / Ministerin, Doktor / Doktorin Titel und Berufsbezeichnungen (3).
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